Der Verband Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB) warnt aktuell vor den hohen Pflegekosten — und damit verbundenen Wissenslücken. „Die Erfahrungen aus unserem Beratungsalltag zeigen, dass nur die wenigsten Verbraucher wissen, was an Pflegekosten auf sie zukommen kann“, erläutert Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Netzwerkes. Das bedeutet Haftungsrisiken, die auch Vermittler betreffen: Sie müssen über die hohen Kosten aufklären.

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43 Prozent glauben, die gesetzliche Pflegekasse zahle alles

Wie hoch die Wissenslücken sind, zeigte jüngst eine Umfrage von Emnid im Auftrag der Postbank. Demnach glauben vier von zehn (43 Prozent) repräsentativ Befragten, dass die gesetzliche Pflegeversicherung die Kosten für einen vollstationären Pflegeplatz in voller Höhe übernimmt. Ein Irrtum: die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil davon.

Reicht das Geld des Pflegebedürftigen nicht aus, zahlt zwar zunächst das Sozialamt. Dann aber werden der Ehepartner oder die Kinder zur Kasse gebeten, getreu dem Motto: „Kinder haften für ihre Eltern“. Das ist in Paragraph 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“, heißt es dort.

Vom Zugriff des Sozialamtes geschützt ist immerhin ein Selbstbehalt, wenn auch auf geringem Niveau: für Alleinstehende beträgt er aktuell rund 1.800 Euro einschließlich Warmmiete.

Eigenanteil: durchschnittlich 1.830 Euro

Doch auf ähnlich hohem Niveau können die Pflegekosten selbst liegen. Wenn Menschen vollstationär im Pflegeheim untergebracht werden, müssen sie und ihre Angehörigen im Bundesschnitt monatlich einen Eigenanteil von 1.830 Euro berappen, wie der Verband der Ersatzkassen (VDEK) berechnet hat. In den letzten Jahren ist dieser Betrag stetig angestiegen. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist bei diesem Betrag bereits berücksichtigt.

Das ist aber noch nicht alles, worauf sich die Betroffenen in Sachen Pflegekosten einstellen müssen. Hinzu kämen Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben, etwa Abend-Veranstaltungen. So summieren sich die Kosten schnell auf einen Schnitt von 2.500 Euro monatlich, warnt das FPSB.

Es müsste viel angespart werden

Bei einer durchschnittlichen Pflegezeit von sieben Jahren im Heim müssen die Pflegebedürftigen schon Kosten von insgesamt 210.000 Euro stemmen, warnt das Beraternetzwerk. Um das anzusparen, müssten (bei einer Rendite von drei Prozent nach Kosten, Steuern und Inflation) erhebliche Sparleistungen erbracht werden.

Ein 40-Jähriger zum Beispiel müsse pro Monat 360 Euro ansparen beziehungsweise einmalig 86.500 Euro aufbringen, rechnet das Board vor. Bei einer 50-jährigen Person seien es bereits 640 Euro monatlich beziehungsweise einmalig 116.300 Euro. Die Rechnung berücksichtige nicht, dass die Teuerungsrate im Bereich Pflege und Gesundheit bedeutend höher ausfällt als die ausgewiesene Gesamtinflation: 210.000 Euro seien ein Minimalwert.

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Absichern kann man sich mit einer Pflegezusatzversicherung: die möglichst in jungen Jahren abgeschlossen werden sollte, wenn der Antragsteller noch keine oder wenige Vorerkrankungen hat. Und auch für Vermittler und Berater gehört das Thema auf den Themenplan, handelt es sich doch um ein existentielles Risiko. Hier sei es Aufgabe der Experten, die möglichen Unterhaltspflichten für Kinder und Eltern abzuschätzen und organisatorisch zu begleiten, erläutert Tilmes.„Ein wesentlicher Aspekt der individuellen Finanzplanung ist auch das Durchspielen möglicher Risikoszenarien und deren Auswirkungen auf die Vermögenssituation“, sagt er.