Pflegeheimkosten: DAK Gesundheit fordert Deckel für Eigenanteil
Andreas Storm, Vorstandschef der DAK Gesundheit, fordert eine Deckelung des Eigenanteils in der Pflege. Maximal sollen Bürger nur noch 450 Euro zahlen - und notwendige Geld stärker aus Steuermitteln finanziert werden.
Es ist ein ungewöhnlicher Vorstoß: Die DAK Gesundheit will den Eigenanteil in der Pflege deckeln. Dies würde bedeuten, dass auch die Finanzierung der Pflege umgekrempelt werden müsste: Es bräuchte eine umfassende Sozialreform. Stärker zu Lasten der Allgemeinheit — und zugunsten jener Menschen, die nur wenig Geld haben und von Armut bedroht sind.
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Angst vor Pflegearmut
Anlass des Vorstoßes ist die aktuelle Ausgabe des DAK-Pflegereportes 2019. Demnach befürchten fast 80 Prozent der Befragten den Verlust sämtlicher Ersparnisse, wenn sie im Heim gepflegt werden müssen. Vier von zehn Befragten sehen darüber hinaus eine “sehr starke Belastung” durch Pflegekosten.
„Die Pflegeversicherung kann ihr Versprechen, das Armutsrisiko bei Pflegebedürftigkeit zu begrenzen, in der Zukunft nicht mehr einlösen. Die nächste Bundesregierung kann und darf dem Thema nicht ausweichen“, kommentiert Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg als Autor des DAK-Pflegereports. Hier sei eine Reform bei Struktur und Finanzen der Pflegeversicherung notwendig.
steigende Eigenanteile
Die Sorgen sind nicht unbegründet. So ist auch der einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE) in der Pflege in den letzten Jahren gestiegen: auf 662 Euro im Monatsschnitt, wenn Personen vollstationär in einem Pflegeheim betreut werden müssen. Wobei es regional große Unterschiede gibt: Sie lagen im ersten Quartal 2019 zwischen 274 Euro in Thüringen und 925 Euro in Baden-Württemberg.
Hier will die DAK den Pflegeanteil künftig auf 450 Euro deckeln. Wobei der Beitrag dennoch stufenweise angehoben werden müsste: bis er im Jahr 2045 schließlich 589 Euro erreicht.
„Um Pflegebedürftige unabhängig von ihrem Wohnort zu entlasten, schlägt die DAK-Gesundheit zunächst unterschiedlich gedeckelte Eigenanteile je Bundesland vor, um schrittweise bis zum Jahr 2045 einen einheitlichen Wert zu erreichen“, heißt es in einem Pressetext der Kasse.
Langsam steigender Steuerzuschuss
Die Realisierung der Pflegereform ist aus Sicht der DAK-Gesundheit durch eine langsam steigende Steuerfinanzierung möglich. Nach dem Vorschlag der Krankenkasse könnte im Jahr 2021 mit der schrittweisen Einführung eines Steuerzuschusses in Höhe von zunächst einer Milliarde Euro begonnen werden. Bis zum Jahr 2025 soll der Zuschuss schrittweise auf fünf Milliarden Euro steigen, was dann zehn Prozent der Jahresausgaben in der Pflegeversicherung entspräche.
Ab 2025 soll dann in kleinen Schritten der Steuerzuschuss stufenweise erhöht werden, bis er im Jahr 2045 bis zu 25 Prozent der Leistungsausgaben abdeckt. Nach heutigem Stand entspräche dies einer Summe von rund 18,3 Milliarden Euro.
Eigenanteil nur ein Bruchteil der Kosten
Könnte eine Reform nach Vorbild der DAK die Bürger also entlasten? Hier sei darauf verwiesen, dass der Eigenanteil nur einen Bruchteil der Pflegeheim-Kosten für den Patienten abdeckt: eben alle betroffenen Pflegeaufwendungen. Hinzu kommt ein Anteil für die Unterbringung im Heim, das Essen und notwendige Investitionen. Nach einer Statistik des Verbandes der Ersatzkassen betrugen die betrugen die Gesamtkosten für stationäre Pflege im Bundesschnitt 1.891 Euro monatlich. Die Zuschüsse der Pflegekasse sind hier schon eingerechnet.
Ein Deckel für Eigenanteile würde die Betroffenen also nur gering entlasten, zumindest im Blick auf die gesamten Kosten: in manchen Bundesländern, speziell in Ostdeutschland, würde der Eigenanteil sogar steigen.
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Zudem schafft der Vorschlag keinerlei Erleichterung für jene Angehörigen, die Pflegebedürftige in den eigenen vier Wänden betreuen. Das ist aber noch die Mehrheit der Betroffenen. Gut drei Viertel (76 Prozent bzw. 2,59 Millionen) der Pflegebedürftigen wurden zu Hause versorgt, so geht aus dem Pflegereport 2017 des Statistischen Bundesamtes hervor. Pflegende Angehörige sind oft darauf angewiesen, ihren Job zu unterbrechen oder zeitlich einzuschränken: ein Armutsrisiko. Den Staat entlasten sie jährlich um Milliardensummen.