Bund der Versicherten trommelt für die BU-Versicherung
Der verbrauchernahe Bund der Versicherten (BdV) startet gerade eine Informationsoffensive für Studierende: Als „existenziell“ wird darin der Schutz bei Berufsunfähigkeit bezeichnet – und zu dem zeitigen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung geraten.
Ganz uneingeschränkt freilich wird die Branche bei dieser Offensive der Verbraucherschützer nicht applaudieren. Denn auch die Kritik des Verbands gegenüber Versicherungsprodukten zur Altersvorsorge findet in der Kampagne ihren Widerhall.
Anzeige
„Frag keine Versicherung, frag uns“
Derzeit findet mit der DKM nicht nur die wichtige Leitmesse der Branche in Dortmund statt. Zugleich werden an den Universitäten viele neue Studierende begrüßt und starten in die erste Zeit ihres Studiums. Am 14. Oktober zum Beispiel begann an der Universität Hamburg die Vorlesungszeit.
Mit dem Semesterstart aber gehen häufig auch Veranstaltungen einher, um Studierenden einen Weg durch den Alltagsdschungel zu weisen. Der verbrauchernahe Bund der Versicherten (BdV) nutzt eine solche Veranstaltung der Universität Hamburg heute für den Start einer Kampagne.
Und hierbei erscheint der Verbraucherverband in einer ungewohnten Rolle: Sie werben für den Abschluss einer Versicherung. Freilich: Auf einem zweiten Blick ist dieses Werben konsequent. Setzen sich die Verbraucherschützer doch zum Ziel, zwischen sinnvollen und aus Verbraucherperspektive sinnlosen Versicherungsprodukten zu scheiden. Berufsunfähigkeitsversicherungen gehören in die erste Kategorie notwendiger Versicherungsprodukte auch aus Verbrauchersicht. Deswegen räumen die Verbraucherschützer auf ihrer Webseite mit Mythen auf, die Studierende vom Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung abhalten könnten.
Keineswegs aber geschieht dieses Bewerben ohne Eigeninteresse des BdV. Denn als Motto ist der Kampagne beigestellt: „Frag keine Versicherung, frag uns."
Es gilt: Studierende sind jung, die Policen darum günstig
Ein wichtiger Hintergrund der Kampagne, die sich konkret an Studierende richtet: Der so wichtige BU-Schutz ist für Studierende besonders günstig zu erlangen. Denn Eintrittsalter und der Gesundheitszustand entscheiden wesentlich über die Höhe des Versicherungsbeitrages, wie der BdV auf seiner Seite informiert. Studierende sind jung, die Policen damit noch günstig.
Zudem steigt mit zunehmenden Lebensjahren die Wahrscheinlichkeit für all jene Erkrankungen, die den Abschluss einer BU-Police erschweren. Treten die Erkrankungen auf, werden Policen teurer oder die Anbieter schließen bestimmte Vorerkrankungen vom Versicherungsschutz ganz aus. Schon diese Tatsache spricht für einen zeitigen Abschluss der BU-Police auch aus Verbrauchersicht.
Mythen verhindern den BU-Schutz
Jedoch zeigen Studien immer wieder: Vorurteile und Wissenslücken halten potenzielle Versicherungsnehmer vom Abschluss einer BU-Police ab (der Versicherungsbote berichtete). Eine der wichtigsten Verhinderungs-Mythen: Im Schadenfall leistet eine BU-Versicherung eh nicht. Das glaubt laut einer Studie des Versicherers Continentale jeder zweite Verbraucher (der Versicherungsbote berichtete).
Jedoch: Zahlen der Versicherer und Studien von Experten widerlegen diese Behauptung recht gründlich. So errechnete das Analysehaus Franke und Bornberg: In knapp 83 Prozent der eingereichten Fälle werden Leistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung problemlos bewilligt (der Versicherungsbote berichtete).
Auch der Bund der Versicherten sieht sich folglich in der Pflicht, gegen diesen Mythos ins Feld zu ziehen, wenngleich mit auffallend verhaltener Rhetorik. Denn „so pauschal“ könne man nicht sagen, dass die Versicherung „sowieso nicht zahle“, wenn es „drauf ankommt“. Damit es aber „später keine Probleme“ gibt, solle man sich „anbieterunabhängig und neutral“ beraten lassen, wie der BdV formuliert. Freilich folgt der Hinweis nicht ohne Eigeninteresse, denn geraten wird im Nachsatz: „Komm doch am besten zu uns!“
Studierende: Oft noch kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente
Ein weiterer Irrtum, der von einer Beschäftigung mit dem notwendigen BU-Schutz abhalten könnte: Der gesetzliche Schutz reiche ja aus. Für Studierende ist dieser Irrglauben ein doppeltes Problem. Denn zum einen erbringt die Rentenkasse infolge einer Rentenreform im Jahr 2001 nur noch Leistungen bei Erwerbsminderung – diese sind wesentlich schwerer zu erhalten und greifen erst bei wesentlich größeren Einschränkungen als die Berufsunfähigkeit. Bedingungen sind folglich für die Erwerbsminderungsrente wesentlich ungünstiger (der Versicherungsbote berichtete). Erschwerend kommt für Studierende aber hinzu: Anspruch auf diese Erwerbsminderungsrente besteht meist noch gar nicht.
So informiert der BdV die Studierenden aufgrund einer Vorgabe des Sechsten Sozialgesetzbuchs (Paragraph 43 SGB VI): „Du bekommst in der Regel keine Erwerbsminderungsrente! Du erhältst allenfalls dann eine Rente, wenn du in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hast.“
Kampagne vermittelt bekanntes Branchen-Wissen
Im Ganzen setzt sich die Kampagne des Bunds der Versicherten zum Ziel, viele in der Branche lang bekannte Fakten an die Studierenden zu übermitteln. So wird darüber informiert, dass psychische Erkrankungen mittlerweile Hauptgrund für die Berufsunfähigkeit sind und dass jede*r vierte berufsunfähig wird, weswegen das Risiko der Berufsunfähigkeit nicht unterschätzt werden darf. Auch gibt der BdV den wichtigen Hinweis: Ein BU-Schutz wäre zwar „nicht günstig“, aber „existenziell“. Deswegen führe an einer Berufsunfähigkeitsversicherung "kein Weg vorbei“.
Insgesamt werden derartige Fakten gegen zwölf Mythen ins Feld geführt, um zu zeigen: Auch aus Verbraucherperspektive lohnt sich der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Zudem informiert der BdV über sechs Punkte, die für den BU-Schutz „unbedingt zu beachten“ sind. Hierzu zählt die vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung aller Gesundheitsfragen sowie die Entscheidung für ein Produkt auf Basis mehrerer Angebote.
Versicherungen: Nicht zur Altersvorsorge geeignet?
Freilich: ganz uneingeschränkt wird die lobenswerte Informationsoffensive der Verbraucherschützer nicht den Beifall der Branche finden. Denn die skeptische Sichtweise des verbrauchernahen Verbands mit seinem Vorstandssprecher Axel Kleinlein findet in dem Ratschlag an die Studierenden ihren Widerhall, „Geld für deine Altersvorsorge“ nicht „in Versicherungsprodukte“ zu stecken.
Anzeige
So wird als einer der Prämissen an die Studierenden vorgegeben: "Ich will nur eine BU, fürs Alter sorge ich anders vor!“ – wobei ganz konkret von Produkten abgeraten wird, die einen BU-Schutz an die Altersvorsorge koppeln. Dieser Vorschlag der Kampagnen-Webseite dürfte sich insbesondere gegen viele Produkte der Lebensversicherung richten. Ist BdV-Vorstand Axel Kleinlein doch wiederholt mit scharfer Polemik aufgetreten, die er im Sprachbild eines „Nachrufs auf die Lebensversicherung“ für das Handelsblatt pointierte.