Ralf Kapschack: Jeder, der kann, sollte zusätzlich für das Alter vorsorgen. Für uns ist jedoch die betriebliche Altersversorgung die beste Ergänzung zur gesetzlichen Rente, allerdings kein Ersatz!

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Ich glaube, dass die private Altersvorsorge nur über ein staatlich bzw. öffentlich-rechtliches Standard-Produkt wieder an Schwung gewinnt. Die Versicherungswirtschaft befürchtet das und kommt jetzt allmählich mit eigenen Vorschlägen. Vielleicht etwas spät.

Das Vertrauen in Riester ist ramponiert, nicht zuletzt wegen der hohen Kosten, Provision und der Unübersichtlichkeit der Produkte. Aber auch wegen der Kapitalmarktentwicklung.

Wie positionieren Sie sich zu der Idee, einen Kapitalstock bei der Deutschen Rentenversicherung aufzubauen, ähnlich dem schwedischen Staatsfonds? Dort zahlen die Bürger 2,5 Prozent ihres Gehalts in bis zu fünf Fonds ein, über 800 stehen zu Auswahl. Sie müssen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Die Verwaltungskosten: 0,1 Prozent. Ein Modell auch für Deutschland?

Ich halte diese Idee für sehr interessant. Es gab ja in den vergangenen Monaten neue Vorschläge in eine ähnliche Richtung, zum Beispiel von den Verbraucherzentralen und anderen. Die Deutsche Rentenversicherung steht für Kontinuität und ist bekannt. Hier zusätzlich anzusetzen und eine Art Standardprodukt, das einfach, transparent und kostengünstig ist, anzubieten, finde ich genau richtig.

Das könnte ein Angebot für private Vorsorge sein, aber auch eins für betriebliche Vorsorge, in Branchen und Betrieben, die keine anderen tarifvertraglichen Regelungen hinbekommen.

Dank Niedrigzins-Politik werden viele populäre Geldanlagen der Deutschen vakant: Lebens- und Rentenversicherungen rentieren sich immer seltener. Müssen die Bürger umlernen und ihr Geld in andere Vorsorgeformen stecken?

Diese langanhaltende Niedrigzinsphase zeigt deutlich, dass eine rein kapitalgedeckte Altersversorgung nicht sinnvoll und durchaus aus schwierig ist. Die gesetzliche Rente bietet eine Rendite von derzeit 3 Prozent. Wo bekommt man das sonst noch?

Wir können jedoch an verschiedenen Stellschrauben drehen. Ich denke da z.B. an starke Betriebsrenten, an denen sich die Arbeitgeber beteiligen, Förderinstrumente und ein Standardprodukt für die private Vorsorge.

Wird der Niedrigzins aus Ihrer Sicht in den kommenden Jahren anhalten — und mit welchen Konsequenzen für deutsche Sparer?

Das kann wahrscheinlich keiner seriös sagen. Es spricht aber wenig dafür, dass sich die Zinsentwicklung schnell ändert.

Wichtig ist es, dass die Sparerinnen und Sparer langfristig anlegen, wenn möglich sich nicht auf eine Vorsorgeform konzentrieren und auch ein Stück weit akzeptieren, dass sich Rahmenbedingungen ändern, die wir heute für die Zeit in 40 Jahren noch nicht voraussehen können.

Unser Wohlfahrtssystem beruht auf der Idee, dass Wirtschaftswachstum zu mehr Wohlstand führt: dies wird auch wirtschaftspolitisch angestrebt. Nicht erst seit den „Fridays for Future“-Demonstrationen gibt es Bedenken, ob das Wachstumsideal dem Menschen auch schadet: es bedroht die Umwelt, führt zu Stress und Burnout etc. Gibt es eine Alternative zu einer Wirtschaft, die Wachstum anpeilt — wie könnte sie aussehen?

Es sollte dabei vor allem um die Frage gehen, welche Bereiche wachsen und wie wir einen vernünftigen Ausgleich hinbekommen zwischen den Anforderungen an Mobilität, Energie, Wohnen, Arbeiten und dem Schutz von Umwelt und Natur. Und nicht zuletzt geht es darum, wie der Wohlstand gerechter verteilt wird. Das wäre beispielsweise durch eine höhere Besteuerung von Reichtum möglich und mehr Investitionen in die Infrastruktur, die allen zu Gute kommen.

Die Digitalisierung bedroht Arbeitsplätze, gerade einfache Tätigkeiten könnten wegfallen. Zugleich böte sie die Chance, Arbeit neu zu organisieren: zum Beispiel durch kürzere Arbeitszeiten. Eine Prognose: Wie arbeiten wir in 30 Jahren?

Wir arbeiten in 30 Jahren vermutlich kürzer, ortsunabhängiger, aber trotzdem hoffentlich mit klaren rechtlichen Schutzregelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um einer Entgrenzung von Arbeit und Freizeit entgegenzuwirken. Lebenslanges Lernen gehört zur Normalität.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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