Warum sollen ausgerechnet die Betriebsrentner bluten?
Tatsächlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Generali in den letzten Jahren und sogar Jahrzehnten harte Reformen durchdrücken mussten. Bereits die Volksfürsorge-Fusion war ein solch harter Einschnitt. Der Konzern befindet sich im Dauerumbau, hat doppelte Strukturen abgeschafft, Standorte geschlossen, den Vertrieb komplett neu organisiert. Eine traditionsreiche Marke wie die AachenMünchener wird soeben eingestampft, um künftig die Hausmarke „Generali“ global stärken zu können. Für Aufsehen sorgte, dass die Generali Leben an den Bestandsabwickler Viridium verkauft wurde. Rund vier Millionen hochverzinste Altverträge sind davon betroffen: auch viele der früheren Volksfürsorge.
- Generali ist immer noch im Clinch mit früheren Volksfürsorge-Betriebsrentnern
- Warum sollen ausgerechnet die Betriebsrentner bluten?
Aber reicht das aus, um die Kürzungen der Betriebsrentner zu rechtfertigen? Andere große Versicherer haben mit ganz ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Fast überall wird umgebaut, neu organisiert, werden alte Strukturen aufgebrochen, müssen Mitarbeiter des Innendienstes für KI und Digitaltechnik weichen, auch Antworten auf den Niedrigzins gefunden werden. Die gesamte Versicherungsbranche entpuppt sich als Dauerbaustelle. Denkt man das Argument des Generali-Vorstandes weiter, müssten viele Betriebsrentner in anderen Branchen, die sich im Umbruch befinden, nun ebenfalls um ihre Betriebsrente fürchten.
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Generali steht eigentlich gut da
Deshalb stellt sich nun die Frage, weshalb ausgerechnet die früheren Mitarbeiter der Volksfürsorge einen solchen „Beitrag zur Stärkung und Zukunftssicherung des Unternehmens“ leisten sollen, wie der Triester Versicherer fordert. Zumal die Generali in Deutschland gut dasteht. Der Versicherer verkündet stolz in einem Pressetext vom 10. Oktober, dass er In den letzten vier Jahren (…) einen erfolgreichen Turnaround vollzogen und damit die Basis für weiteres nachhaltiges Wachstum gelegt“ habe. Mit anderen Worten: Der Versicherer wächst seit genau dem Jahr, in dem er die Renten kappte, und zwar ordentlich.
Die nackten Zahlen: Allein 2018 erzielte die deutsche Generali ein operatives Ergebnis von 821 Millionen Euro, ein Plus von 9,4 Prozent. An der Börse schüttete er eine Rekorddividende von 608 Millionen Euro aus: ein Plus von deutlich mehr als 50 Prozent. Die Generali Gruppe will ihren Reingewinn bis 2021 gar auf 10,5 Milliarden Euro per annum steigern - das klingt nicht nach Krise, schon gar nicht nach einer existenzbedrohenden Notlage (der Versicherungsbote berichtete).
Aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamburg
Laut Klaus-Peter Kussmann spiegelt sich das auch in den Urteilen der Arbeitsgerichte wieder. Insgesamt 1.500 Ruheständler haben sich bisher entschlossen, die Generali vor den Kadi zu zerren. „In allen abgeschlossenen Verfahren bekamen die Kläger Recht!“, sagte Kussmann der "Frankfurter Rundschau".
Auch bei dem Treffen der "Keine Sorge"-Aktivisten am Freitag im Hofbräuhaus stellte Kussmann erneut ein solches Urteil vor. Das Landesarbeitsgericht in Hamburg hat mit einem Urteil vom 21.06.2019 erneut dem klagenden Betriebsrentner Recht gegeben. Die Generali muss dem Kläger nun monatlich 167,87 nachzahlen, Zinsen kommen extra obendrauf. Eine Revision wird nicht zugelassen, damit ist das Urteil rechtskräftig (7 Sa 92/18). Auch das Bundesarbeitsgericht Erfurt habe laut Kussmann schon Grundsatzurteile gefällt.
Die Hansestädter Richter begründen ihr Urteil damit, dass die Generali die eigene angebliche Notlage nicht habe nachweisen können. Im Urteilstext heißt es: "Die Beklagte [Generali] hat nicht ansatzweise den Status quo ihrer wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt der Anpassung Entscheidungen dargelegt, etwa durch Darstellung wirtschaftlicher Kennzahlen wie Ergebnis, Umsätzen, Liquiditätsreserven, Rentabilitätskennzahlen o.ä. Insoweit kann auch nicht beurteilt werden, inwieweit eine unveränderte Fortführung der Rentenerhöhung entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rente auf die wirtschaftliche Situation der Beklagten solche Auswirkungen hätte, dass diese nicht mehr hinnehmbar wäre."
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Die Generali hält weiterhin an ihrer Interpretation fest, dass die Renteneinschnitte "notwendig und richtig" gewesen seien. Zwar gestand der Versicherer wiederholt "einzelne Niederlagen" ein. Man habe aber ebenfalls einzelne rechtliche Erfolge vorzuweisen und wolle an den niedrigeren Renten festhalten. Damit wird der Rechtsstreit auch weiterhin die Arbeitsgerichte beschäftigen.
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