Unfallversicherung: Allianz und R+V schreiben 2018 erneut Verluste
Man könnte die Unfallversicherung als Branche bezeichnen, die gute Gewinne ermöglicht: eine durchschnittliche Schadenquote von 48,49 Prozent über 50 analysierte Versicherer hinweg sowie eine durchschnittliche Combined Ratio von 83,41 Prozent sprechen im aktuellen Branchenmonitor für 2018 für sich. Einige Versicherer gleichen sogar durch Gewinne in der Unfallversicherung die Verluste in anderen Zweigen aus. Aber es gibt auch branchenspezifische Probleme, wie die Studie zeigt.
- Unfallversicherung: Allianz und R+V schreiben 2018 erneut Verluste
- Ergo: Der Kampf mit einer abnehmenden Nachfrage
- Exemplarisch für eine dankbare Branche: Debeka Allgemeine
Alles super in der Unfallversicherung? Jein. So befeuert die Digitalisierung, welche aktuell wegen teurer Umbauprogramme eher Geld verschlingt, und befeuern zusätzlich Vergleichsportale – ähnlich wie in der Kfz-Versicherung – zunehmend den Wettbewerb zwischen den Anbietern. Einige Anbieter können auch hier in die Verlustzone rutschen. Und tatsächlich: Ausgerechnet zwei führende Anbieter der Branche landen regelmäßig in den roten Zahlen. Der Versicherungsbote stellt ausgewählte Daten des aktuellen „Branchenmonitors Unfallversicherung 2013-2018“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH vor.
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Unfallversicherung: Trotz Nachfrage-Rückgang das profitable Geschäft
Erneut zeigt die aktuelle Studie, wie bereits im Vorjahr: Das Unfallgeschäft ist und bleibt profitabel. Und keineswegs klein: 6.545 Mio. Euro an Prämien konnte der Gesamtmarkt in 2018 brutto verbuchen. Durchschnittlich gebuchte Bruttoprämien stiegen für die 50 untersuchten Versicherer des Monitors zudem von 120,08 Mio. Euro in 2017 auf 121,68 Mio. Euro in 2018 an. Die dankbare Schadenquote über alle Unternehmen hinweg lag in 2018 bei durchschnittlich 48,49 Prozent. Das Unfallgeschäft ist für die meisten Versicherer demnach eine dankbare Einnahmequelle und bleibt laut Clemens Wilde, Autor des Branchenmonitors, „unter den Spitzenplätzen der privaten Kompositzweige“.
Jedoch gilt ebenfalls: Die Unfallversicherung hat Schwierigkeiten, die Nachfrage auf hohem Niveau zu halten. Denn die durchschnittliche Anzahl der Versicherungsverträge über alle 50 Versicherer hinweg sank in 2018 gegenüber dem Vorjahr um 10.268 Stück.
Noch 564.489 Verträge hielt ein Unfallversicherer in 2017 durchschnittlich. In 2018 hingegen waren es nur noch 554.221 Stück – der niedrigste Wert der Jahre 2013 bis 2018. In 2013 hielt ein Versicherer hingegen durchschnittlich 566.583 Verträge. Die schwindende Nachfrage zeigt: Die Anbieter haben Probleme, neue Kunden zu gewinnen.
Allianz: Marktführer hat schlechteste Schaden-Kosten-Quote aller Versicherer...
Wie aber schlagen sich die Branchenführer im Unfallgeschäft? Vorauszusetzen ist, wie stets für die Studie der V.E.R.S. Leipzig GmbH (dieses Mal in Kooperation mit der Sirius Campus GmbH): Tochtergesellschaften unter dem Dach eines Versicherers werden nach Rechtsform getrennt ausgewiesen. So werden zum Beispiel die Ergo und die Ergo Direkt getrennt betrachtet, was sich im Ranking nach Marktanteilen widerspiegelt. Geschäftsergebnisse der Ergo enthalten im Folgenden nicht die Ergebnisse von Ergo Direkt.
Laut Branchenmonitor beherrscht die Allianz, Deutschlands größter Erstversicherer, auch den Markt der Unfallversicherungen und konnte 2018 immerhin 19,76 Prozent des Gesamtmarktes für sich in Anspruch nehmen. Das Unfallgeschäft freilich gestaltet sich für die Münchener noch immer schwierig. Zwar: Anders als in 2017 nahmen in 2018 sowohl die gebuchten Bruttoprämien als auch die Zahl er Versicherungsverträge wieder zu – von 1.282,78 Mio. Euro auf 1.293,59 Mio. Euro kletterten die verbuchten Prämien in 2018; die Zahl der Versicherungsverträge stieg außerdem von 3.924.714 auf 3.937.498 Verträge.
Dass die Allianz aber im Unfallgeschäft alles andere als ein glückliches Bild abgibt, zeigt die Schaden-Kosten-Quote oder Combined Ratio (CR). 110,26 Prozent muss die Allianz für 2018 ausweisen, verschlechterte sich gegenüber 2017 dadurch noch einmal wesentlich (denn 2017 betrug die CR noch 102,80 Prozent). Schadenaufwendungen und weitere Kosten werden im Unfallgeschäft der Allianz demnach nicht durch Beitragseinnahmen gedeckt, der Versicherer schreibt rote Zahlen. Kein Unfallversicherer weist eine schlechtere Combined Ratio für 2018 aus. Die Allianz rutscht folglich gegenüber dem Vorjahr von Rang 47 auf den 50. (und damit nun letzten) Platz der Tabelle.
… und stärkstes Polster auf der Passivseite der Bilanz
Ein Einwand jedoch sei ebenfalls vorgebracht: Bei der Interpretation der vergleichsweise schlechten CR-Quoten – nur vier Versicherer kommen überhaupt über die kritischen 100 Prozent und damit in die roten Zahlen – erinnere man sich aber an die sehr unterschiedlichen Kunden- und Produktstrukturen in der Unfallversicherung. Zumal erwähnt werden muss: Kein Unfallversicherer hält so viele Rücklagen auf der Passivseite wie die Allianz, die von je her und sogar im internationalen Vergleich als äußerst finanzstark gilt (der Versicherungsbote berichtete). Beträgt doch die gesamte Rückstellungsquote des Unternehmens für das Unfallgeschäft 2018 sagenhafte 786,26 Prozent der gebuchten Bruttoprämien.
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Wie sich die hohe Quote auf der Passivseite im Detail für die Allianz begründet, kann leider nicht aus den vorliegenden Zahlen erschlossen werden. Jedoch sollte man diese Finanzstärke des Versicherers auch für das Unfallgeschäft 2018 nicht übersehen.
Ergo: Der Kampf mit einer abnehmenden Nachfrage
Der Versicherer mit dem zweitgrößten Marktanteil nach gebuchten Bruttoprämien ist die Ergo: 618,64 Mio. Euro Prämieneinnahmen sicherten ihr 2018 einen Marktanteil von 9,45 Prozent. Damit setzt sich der jährliche Rückgang der gebuchten Bruttoprämien seit 2013 fort: 686,46 Mio. Euro verbuchte man noch in 2013. Für 2016 waren dann „nur“ noch 638,30 Mio. Euro. an Prämieneinnahmen drin und für 2017 rund 630,40 Mio. Euro. Schon daran wird ersichtlich: Im Unfallgeschäft kämpft die Ergo mit einer abnehmenden Nachfrage.
So auch bei der Zahl der gehaltenen Versicherungsverträge: 2.354.996 Verträge hielt die Ergo noch in 2013. In 2015 waren es noch 2.097.520 Versicherungsverträge, die sich in 2016 nochmal auf 1.994.562 Versicherungsverträge reduzierten. 2017 ein nochmaliger Schwund auf 1.899.629 Verträge: ein exemplarisches Ergebnis für die Branche.
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1.815.111 Verträge sind nun für 2018 ausgewiesen. Solche Zahlen veranschaulichen das Problem der Branche, neue Kunden zu gewinnen. So schickt mit Clemens Wilde auch der Autor des Branchenmonitors die Empfehlung an die Branche, die „Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um innovative und transparente Produkte gerade für die junge Zielgruppe an den Markt zu bringen.“ Auch sollten Versicherer die „aktuellen Trends und Entwicklungen nicht verschlafen.“
Exemplarisch ist aber auch ein anderer Befund: Anders als die Allianz verdient die Ergo gut am Unfallgeschäft. Das wird an einer Combined Ratio von 77,17 Prozent in 2018 ersichtlich – eine leichte Verbesserung gegenüber 77,20 Prozent in 2017 und zudem ein Wert über dem Branchenschnitt. Trotz Nachfrageschwund also muss gelten: Die Ergo macht in der Unfallversicherung noch immer ihr gutes Geschäft.
R+V Allgemeine erneut in den roten Zahlen
Auf Platz drei nach Prämienanteilen platziert sich mit der R+V Allgemeine der zweite Marktriese in den roten Zahlen. Prämieneinnahmen in Höhe von 403,70 Mio. Euro in 2018 ergeben für das Unternehmen einen Marktanteil von 6,17 Prozent. Die Entwicklung bei den Prämien stabilisiert sich damit: geringere 398,63 Mio. Euro verbuchte man noch 2017. Jedoch konnte man im Geschäftsjahr 2016 sogar 410,85 Mio. Euro verbuchen. Die Entwicklung weist also nach oben, ohne dass der eigene Prämien-Rekord der letzten Jahre geknackt ist.
Über solche Tendenzen könnte sich die R+V mehr freuen, würde sie im Unfallgeschäft Gewinn erwirtschaften. Das jedoch ist nicht der Fall. Denn eine Combined Ratio von 107,52 Prozent ist für das Geschäftsjahr 2018 ausgewiesen. Damit zählt die R+V Allgemeine zu jenen vier Versicherern, die im Unfallgeschäft Verluste einfahren. Freilich: Der Wert ist eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, denn in 2017 war eine CR von 109,01 Prozent zu beklagen.
Lobt man den hohen Rekord bei den Prämieneinnahmen der R+V in 2016, sollte man nicht übersehen: Anscheinend war dieser Rekord durch Abstriche in der Kalkulation erkauft. Denn nie in den Jahren seit 2013 wies die R+V eine schlechtere CR aus als in 2016 – 131,82 Prozent betrug damals die Schaden-Kosten-Quote des Versicherers.
Auch R+V mit gut gepolsterter Bilanz
Doch auch bei der R+V sollte man das stabile Polster auf der Passivseite der Bilanz nicht übersehen. Denn die durchschnittliche Rückstellungsquote über alle fünfzig Unfallversicherer hinweg beträgt 240,74 Prozent. Die R+V Allgemeine hingegen bringt es auf 664,86 Prozent und sichert sich in der Tabelle für die gesamte Rückstellungsquote im Zweig Unfall damit Rang zwei hinter der Allianz.
Der Versicherer mit dem drittbesten Prozentwert, die Axa, hält mit immer noch guten 476,77 Prozent der gebuchten Bruttoprämien schon auffallender Abstand. Erneut sei aber auch daran erinnert: Unterschiedliche Kunden - und Produktstrukturen der Unfallversicherungen machen derartige Vergleiche nur mit Vorsicht genießbar.
Exemplarisch für eine dankbare Branche: Debeka Allgemeine
Viertgrößter Versicherer nach verbuchten Bruttoprämien: Die Debeka Allgemeine. Aufgrund von 346,74 Mio. Euro Prämieneinnahmen beansprucht das Unternehmen 5,30 Prozent des Marktes für sich. Die zurückliegenden Geschäftsjahre verliefen ganz und gar erfolgreich, wenn man den offensichtlichen Kennzahlen Glauben schenkt: Schrittweise steigerte die Debeka Allgemeine die Prämieneinnahmen von 291,70 Mio. Euro für 2015 auf 306,80 Mio. Euro für 2016 und 329,26 Mio. Euro für 2017. Nun also in 2018 noch einmal ein Prämiensprung.
Anwachsend auch die Zahl der Versicherungsverträge: 1.888.489 Verträge hielt man noch in 2013, steigerte dann schrittweise auf 1.925.138 Verträge in 2015 und auf 1.956.171 Verträge in 2017. Nun sind für 2018 insgesamt 1.965.006 Verträge ausgewiesen.
Die Combined Ratio der Debeka Allgemeine liegt in 2018 bei guten 71,55 Prozent und verbesserte sich demnach sogar gegenüber 2017, als sie bei schon damals guten 77,19 Prozent lag. Dadurch kann der Versicherer exemplarisch für die Mehrzahl jener Unternehmen stehen, die über die Unfallversicherung „ihr gutes und solides Geld“ verdienen, wie Clemens Wilde letztjährig pointierte.
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Hintergrund: Der „Branchenmonitor Unfallversicherung 2013-2018“
Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Unfallversicherung 2013-2018“ BaFin-Berichte der Jahre 2013-2018 sowie die statistischen Jahrbücher des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 93 Prozent des Unfallmarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.
- Unfallversicherung: Allianz und R+V schreiben 2018 erneut Verluste
- Ergo: Der Kampf mit einer abnehmenden Nachfrage
- Exemplarisch für eine dankbare Branche: Debeka Allgemeine