Riester-Rente: CDU will Versicherer in die Pflicht nehmen
Sollen die Deutschen zu einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge verpflichtet werden? Über diese Frage hatte am Samstag der CDU-Parteitag in Leipzig abzustimmen. Der Antrag wurde zwar abgelehnt — aber nun muss die Versicherungswirtschaft liefern. Drei Jahre hat sie Zeit, um Riester und Co. zu stärken.
Am Wochenende traf sich die CDU zum Bundesparteitag in Leipzig. Ein Antrag ließ dabei aufhorchen, weil er die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland wesentlich beeinflussen könnte. Der Arbeitnehmerflügel und mehrere Landesverbände wollte alle Bundesbürger zu einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge verpflichten: wahlweise privat organisiert oder über ein staatliches Produkt, das noch zu schaffen wäre. Bei einem positiven Ergebnis hätte das Vorhaben sehr wahrscheinlich in das Programm der Partei Einzug gehalten: wenn nicht für diese, dann für die nächste Legislaturperiode.
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Vorweg: Der Antrag wurde nicht angenommen. Es wird vorerst keine staatliche Vorsorgepflicht nach dem Willen der CDU geben, wie das Handelsblatt am Freitag berichtet. Und doch blieb der Vorstoß nicht gänzlich ohne Wirkung. Ein Kompromiss wurde ausgehandelt — er nimmt auch die Versicherungswirtschaft in die Pflicht.
Drei Jahre Zeit für Reformen
Laut „Handelsblatt“ will die CDU zunächst versuchen, die Riester-Rente in ihrer bisherigen Form zu reformieren. Zum einen soll hierfür die Förderung deutlich vereinfacht werden, so dass Zulagen und Steuervorteile mit weniger Aufwand und Brimborium zu beantragen sind. Hierfür wären gesetzliche Reformen erforderlich: etwa eine eine Korrektur des Altersvermögensgesetzes (AVmG).
Auch einfachere und weniger beratungsintensive Tarife stehen zur Debatte: etwa ein leicht vergleichbares Standardprodukt. Ein solches hatte der Versicherer-Dachverband GDV erst diese Woche selbst in einem Fünf-Punkte-Plan gefordert (der Versicherungsbote berichtete).
Damit aber nicht genug. Die Versicherungswirtschaft soll drei Jahre Zeit bekommen, um nachzuweisen, dass sie mit den neuen Tarifen auch tatsächlich die private und betriebliche Altersvorsorge stärken kann. Gelinge dies nicht, solle eine staatlich organisierte Zusatzrente geschaffen werden, die obligatorisch ist. Man könnte von einer Schonfrist für die privaten Versicherer sprechen — und von einer zweiten Chance.
Versicherer feiern sich selbst
In der Versicherungswirtschaft wird man die Botschaft aus Leipzig aufmerksam verfolgen. Zuletzt hatte es auch in der CDU vermehrt Kritik an den Riester-Anbietern gegeben. So hatte Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, im Interview mit dem Versicherungsboten das „Gebaren mancher Anbieter“ bemängelt.
“Oft rentieren sich die Verträge nur noch über die staatliche Förderung“, sagte Weiß vor wenigen Wochen in dem Interview. Und weiter: „Die mit Abschluss und Durchführung der Riester-Verträge verbundenen Kosten stehen seit jeher in der besonderen Kritik, denn nicht selten schmälern sie die Rendite erheblich. Einige Anbieter verschleiern die anfallenden Kosten in nicht immer transparent formulierten Vertragsbedingungen“.
Dem entgegen steht eine Branche, die aktuell wenig Selbstkritik erkennen lässt: zumindest öffentlich. „Darum ist Riester ein Erfolg“, schrieb der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erst vergangenen Donnerstag auf seiner Webseite. Allein bei den Lebensversicherern seien 73,5 Milliarden Euro in Riester-Verträgen angespart worden. Zudem würde Riester den männlichen Sparern ein Plus zur gesetzlichen Rente von durchschnittlich 20 Prozent bringen, den Frauen von 15 Prozent, wie eine Studie der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Bestand zeige. Das Fazit des Verbandes: Riester funktioniert!
Was der Branchenverband in seiner Hymne auf die Versicherer nicht erwähnt: Allein im Jahr 2016 flossen nach vorläufigen Zahlen des Bundesfinanzministeriums knapp 3,82 Milliarden Euro an Steuergeldern in die Riester-Förderung: viel Geld. Aber nach Schätzungen der Bundesregierung ist jeder fünfte Vertrag ruhend gestellt, wird also nicht mehr mit Beiträgen bedient. Und selbst die zitierte DRV-Studie stellt indirekt fest, dass Riester in den untersuchten Alterskohorten nicht wie gewünscht verbreitet ist. Bei den Jahrgängen 1957-1976 haben weniger als vier von zehn Arbeitnehmern einen solchen Vertrag.
SPD: immer mehr Zweifel an Riester
Ob Riester eine Zukunft hat, könnte aber auch von heutigen und zukünftigen Regierungspartnern der CDU abhängen. Wenig Beruhigendes kommt hierbei aus dem Willi-Brandt-Haus. Laut Deutscher Presseagentur (dpa) hat die SPD den Zwischenbericht einer Parteikommission vorgelegt, die sich mit der Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland beschäftigen soll.
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Die Genossen hadern zunehmend mit dem Erbe Gerhard Schröders, wie dpa meldet. So werde in dem Bericht ein Ende der Steuerförderung für Riester erwogen bzw. solle „geprüft werden, ob und wie die Subventionierung von Steuermitteln sinnvoll ist“: wenn auch mit einem Bestandsschutz für bestehende Verträge. Neue Policen könnten dann aber ungefördert bleiben. Alternativ wird vorgeschlagen, die gesetzliche Rente zu stärken: indem künftig auch Beamte einzahlen.
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