Personalberatung: "Viele potentielle Führungskräfte reagieren nicht mehr auf schriftliche Anfragen"
Die VFS Personalberatung aus Frankfurt am Main hat sich darauf spezialisiert, Führungs- und Fachkräfte in der Versicherungs- und Finanzbranche zu vermitteln. Mit Geschäftsführerin Stefanie Symmank sprach der Versicherungsbote darüber, wo und wie man in Zeiten des Fachkräftemangels noch qualifiziertes Personal findet und weshalb die Headhunter lieber zum Telefonhörer greifen, als via Social Media den Kontakt zu suchen.
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- ...die Führungskraft auf der Dauerbaustelle Assekuranz
Versicherungsbote: Sie vermitteln Führungs- und spezialisierte Fachkräfte anhand eines sehr detaillierten Prüf- und Auswahlverfahrens. Warum ist das notwendig? Finden die Unternehmen das Personal nicht im eigenen Hause — und weshalb?
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Stefanie Symmank: Wir kommen immer erst dann ins Spiel, wenn ein Unternehmen selbst intern oder auch mit externen Maßnahmen wie zum Beispiel Stellenanzeigen nicht mehr weiterweiß und eine Vakanz entsprechend nicht besetzt bekommt. Dies kann verschiedende Gründe haben, etwa ein sehr spezielles Anforderungsprofil oder ein sehr enger Markt.
Die dann an uns gestellten Anforderungen, den richtigen Mitarbeiter/Kandidaten zu finden, sind von der Erwartungsseite aus enorm hoch, entsprechend legen wir ein sehr detailliertes Prüf- und Auswahlverfahren an den Tag, um den hohen an uns gestellten Anforderungen gerecht zu werden und die Stelle entsprechend gut und passend zu besetzen.
Welche Kanäle nutzen Sie für das Recruiting? Wo finden Sie Ihr Personal?
In erster Linie betreiben wir klassisches Executive Search, das heißt wir telefonieren tatsächlich noch in die Unternehmen rein und sprechen die Kandidaten direkt an. Vorteil hierbei ist, dass wir den „Überraschungseffekt“ des unerwarteten Anrufs auf unserer Seite haben.
Weiter verfügen wir nach 20 Jahren Tätigkeit für die Branche natürlich auch über ein sehr gutes und vielseitiges Netzwerk, welches wir regelmäßig nutzen.
Welche Rolle spielen Social Media-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn für Ihr Recruiting? Erleichtern sie die Suche? Oder erschweren diese Portale das Finden von Fach- und Führungspersonal sogar, weil auch die Konkurrenz um gute Köpfe größer wird?
Soziale Netzwerke wie Xing und LinkedIn werden von uns selbstverständlich auch genutzt, spielen aber immer noch eine untergeordnete Rolle gegenüber unserem direkten Vorgehen. Ein Vorteil, die Sozialen Netzwerke mit hinzuzuziehen, ist der „Vorab-Blick“ auf einen potenziellen Kandidaten und in welcher Weise er sich im Netz präsentiert.
Da mittlerweile sehr viele Recruiter und Headhunter im Netz unterwegs sind und sich auch der direkten Kontaktaufnahme über Xing und LinkedIn bedienen, reagieren viele Kandidaten gar nicht mehr auf eine schriftliche Headhunter-Anfrage: Vor allem die Kandidaten nicht, die gar nicht aktiv auf der Suche sind, möglicher Weise durch eine geschickte Ansprache aber „geöffnet“ werden. Dies bekommen wir regelmäßig zurückgemeldet, wenn wir die Kandidaten direkt telefonisch ansprechen.
Viele Branchen beklagen einen Fachkräftemangel. Auch die Versicherungsbranche hat ein Nachwuchsproblem. Haben Sie auch Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden?
Es gibt verschiedene Ebenen, auf welchen es sehr schwierig ist geeignetes Personal zu finden, zum Beispiel in der gehobenen Sachbearbeitung. Hier haben es die Gesellschaften oft versäumt, intern entsprechend Nachwuchs aufzubauen und versuchen diese „rar gesäten“ Menschen dann über Anzeigen vom Wettbewerb abzuwerben. Für potenzielle Kandidaten stellt es aber oft keinen Mehrwert dar, wenn sie dann auf gleicher Ebene tätig sein sollen und im Tarifvertrag vergütet werden. Auf diesen Ebenen werden allerdings in der Regel keine externen Personalberater eingeschaltet.
Beim Lesen Ihrer Webseite muss man den Eindruck gewinnen, die Suche nach einer Führungskraft ist sehr aufwendig. Sie beinhaltet umfangreiche Analysen von Auftraggeber und Zielfirmen, das Zusammenstellen eines Projektteams etc. Bitte kurz erklärt: in welchen Schritten läuft das ab?
Wir verstehen uns als Dienstleister für die Branche und als Problemlöser für unsere Kunden und Kandidaten. Entsprechend schauen wir uns individuell unseren jeweiligen Auftraggeber an, um ihn und sein Problem zu verstehen und in seinem Sinne die beste Lösung für Ihn zu finden. Dies bedeutet auch, mit dem Auftraggeber eine Abstimmung möglicher Quellen bzw. Zielfirmen vorzunehmen. Da bei uns intern jeder Mitarbeiter einen etwas anders gelagerten fachlichen Schwerpunkt hat, stellen wir dann je nach Suchauftrag und Anforderung unsere Projektteams zusammen, um den fachlich bestmöglich passenden Projektleiter auf der Suche zu haben.
Unser Auftraggeber profitiert allerdings bei jedem Projekt von unserer Philosophie „one face to the costumer“, das heißt, er hat trotz komplex zusammengestellter Projektteams immer nur seinen einen betreuenden Berater als Projektansprechpartner.
Ganz banal gefragt: Was muss eine „gute“ Führungskraft mitbringen? Oder lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten?
Eine einfache Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Eine gute Führungskraft muss die Fähigkeit haben, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen und sie entsprechend weiter begleiten können und wollen. Sie muss motivieren und zuhören können-, sowie Konsequenzen walten lassen und gegebenenfalls den Ärger der Mitarbeiter darüber ertragen.
Im Endeffekt lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten, da jede Aufgabe und jedes Unternehmen auch einen anderen Führungsanspruch an den Mitarbeiter hat.
Haben sich die Anforderungen an Führungskräfte in den letzten Jahren geändert?
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Ja. Die gravierendste Veränderung ist meiner Ansicht nach das Thema „weg von“ der klassischen hierarchischen und kennzahlengesteuerten Führung, „hin zu“ einem Empowerment, welches noch in Kombination mit Herausforderungen wie „mobilem Arbeiten“, „Homeoffice“, „Teilzeitarbeit“ und agilen Arbeitsmethoden steht.
...die Führungskraft auf der Dauerbaustelle Assekuranz
Versicherungsbote: Vermitteln Sie auch erfolgreich Quereinsteiger als Führungskraft?
Stefanie Symmank: Eher selten beziehungsweise nur in solchen Fällen, wenn es um eine reine Management-Aufgabe ohne Fachbezug geht. Hier haben wir kürzlich jemanden aus einer anderen Branche besetzen können, da die Person die entsprechende Persönlichkeit und Managementqualität für die Aufgabe mitgebracht hat sowie die Bereitschaft, sich die Fachthemen der Versicherungswirtschaft sehr zügig noch anzueignen. Dies ist aber eher die Ausnahme.
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Begleiten Sie Führungs- und Fachkräfte auch über das Recruiting hinaus, etwa beim Einlernen in die neue Aufgabe?
Ja, auf Wunsch unserer Auftraggeber. Ich selbst habe diverse Coachingausbildungen berufsbegleitend absolviert und biete entsprechende Bausteine grundsätzlich an. Da ich im Falle eines klassischen Search-Auftrages hier aber die Kompetenzen nicht mischen möchte, arbeite ich seit Jahren mit Frau Inge Grahl (siehe auch Kooperationspartner auf unserer Website) zusammen, die für ein sehr professionelles und herzliches Onboarding-Coaching sorgt und gerne auch von unseren Auftraggebern für ein solches oder auch verschiedene Jobcoaching-Elemente mit gebucht wird.
Viele Konzerne in der Branche entpuppen sich als Dauerbaustelle: Digitalstrategien müssen angeschoben werden, neue Produkte infolge des Niedrigzinses und sich ändernder Kundenerwartungen entwickelt, teils sind schmerzhafte Einschnitte vonnöten. Sind das gute oder eher schwierige Zeiten, um Führungsaufgaben in der Branche zu übernehmen? Warum sollte sich eine Führungskraft dieses Umfeld antun?
Die von Ihnen geschilderten Umstände aus unserem Berufsalltag sind sicherlich zusammengefasst eher schwierige Zeiten, um eine Führungsaufgabe in unserer Branche anzunehmen. Aus einer anderen Perspektive ist es aber gerade auch eine Zeit, in welcher innovative und motivierte Führungskräfte benötigt werden, die eine solche Phase professionell begleiten und mitgestalten können und wollen.
Entsprechend hat es eher etwas mit der Einstellung der betreffenden Führungskräfte zu tun, ob Sie diese Herausforderungen als „sich dieses Umfeld antun“ empfinden oder als eine „Mitentwicklung unserer Wirtschaft und Branche in ein neues Zeitalter hinein…“
Hand aufs Herz: Woran kann ein solch anspruchsvolles Recruiting scheitern? Haben Sie auch schon erleben müssen, dass es letztendlich doch nicht gepasst hat?
Es sind am Ende des Tages letztendlich immer die Menschen, die Themen zusammenbringen oder eben auch scheitern lassen. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass bei einem aufwändigen Prüfverfahren vorab für beide Seiten die Wahrscheinlichkeit weitaus höher ist, dass die Besetzung am Ende des Tages passt und beide auch langfristig und nachhaltig zusammenarbeiten können. Unterm Strich gibt es aber leider dauerhaft keine Garantie dafür.
In der Versicherungs- und Finanzbranche gibt es wenige weibliche Führungskräfte: nur 16 Prozent der Vorständinnen sind laut IAB-Studie weiblich. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen hierfür?
Die Rolle der Frau hat sich in den vergangenen Jahren weg von der klassischen Rollenverteilung und hin zu einer gleichberechtigen Rolle entwickelt, zumindest was die Möglichkeit einer gleichen Ausbildung bzw. eines Studiums angeht. Etliche Frauen gehen mittlerweile auch bewusst den Karriereweg, bilden sich entsprechend weiter und wollen auch – trotz möglicherweise parallel dem Wunsch nach einer Familie – gerne Karriere machen und Verantwortung übernehmen.
Bei der Besetzung entsprechender Schlüsselfunktionen, erlebe ich es leider jedoch immer noch, dass für diese Stellen dann doch oft Männer vorgesehen und besetzt werden: Weil es schon immer so war, weil Frauen durch das Familienthema ein größeres „Risiko“ darstellen etc.
Das Umdenken in den Köpfen, auch über mögliche andere Modelle, welche Frauen eine Karriere ermöglichen und trotzdem die Chance auf eine Familie lässt, hat in der Branche noch nicht überall stattgefunden. Erste Schritte werden jedoch langsam getan.
Was kann getan werden, um Frauen in der Branche besser zu fördern? Anscheinend gibt es hier deutliche Defizite.
Insgesamt sollte eine grundsätzliche Offenheit da sein, jede Vakanz mit einem Menschen, welcher die entsprechende Qualifikation mitbringt zu besetzen, losgelöst davon, welches Geschlecht (und Alter) die Person hat.
Weiter sollte das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ mehr in den Fokus gerückt werden, sodass Frauen, die zum Beispiel aus der Elternzeit zurückkehren und nur noch 80 Prozent statt 100 Prozent arbeiten können, die Möglichkeit gegeben wird, Ihre vorherige Führungsposition trotzdem wieder aufzugreifen und zum Beispiel mit einer „guten Stellvertreterlösung“ und ein bisschen mehr Flexibilität wieder arbeiten zu können.
Viele Frauen wollen gerne, trotz Familie, wieder verantwortungsvoll arbeiten. Oft scheitert es aber an den noch zu wenig flexiblen Modellen in den Unternehmen. Grundsätzlich müssen Frauen aber immer noch mehr gestärkt und unterstützt werden, um selbstbewusster und souveräner in den „Kampf um die Führungsposition“ hineinzugehen, bis hin zu der Tatsache, ein dann auch angemessenes Gehalt zu verhandeln und zu erzielen. Auch hier gibt es leider immer noch Unterschiede in unserer Branche.
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Der Bundesverband der Assekuranzführungskräfte (VGA) hat vor zwei Jahren hierzu einen Arbeitskreis gegründet, der sich genau mit dieser Fragestellung beschäftigt, regelmäßig mit interessierten Frauen dazu im Austausch steht und diverse Netzwerkveranstaltungen zum Thema „Frauen und Führung“ anbietet.
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