Erben sehr hoher Vermögen zahlen nur geringe Steuern
Wer in Deutschland sehr große Vermögen erbt, zahlt darauf nur geringe Steuern. Das zeigen aktuelle Zahlen der Bundesregierung. Wer 100 Millionen Euro und mehr im Jahr 2018 bekam, zahlte demnach im Schnitt nur eine Steuer von 0,2 Prozent auf dieses Erbe.
Auf Erbschaften und Schenkungen von mehr als zehn Millionen Euro mussten die Begünstigten im Jahr 2018 kaum Steuern zahlen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung und beruft sich auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag. Die Zahlen stammen aus Auswertungen des Statistischen Bundesamtes.
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Eine Summe, so hoch wie die Investitionen des Bundes
Laut SZ erbten im Jahr 2018 rund 600 Deutsche mehr als 10 Millionen Euro: in Summe ein Vermögen in Höhe von 31 Milliarden Euro. Diese Summe entspreche in etwa den gesamten Investitionen des Bundes im selben Jahr bzw. dem Kindergeld von zehn Millionen Eltern. Doch auf diese Milliardenvermögen hätten die Erben im Schnitt nur rund fünf Prozent Steuern abführen müssen.
Noch drastischer sind die Zahlen, wenn man auf die sehr hohen Vermögen schaut. Wer 100 Millionen Euro und mehr geschenkt bekam, musste demnach nur eine Steuer von 0,2 Prozent auf dieses Großerbe zahlen.
Zum Vergleich: Wer keine Freibeträge nutzt oder von entfernten Verwandten erbt, wird oft mit Erbschaftssteuern von 30 bis 50 Prozent zur Kasse gebeten. Arbeitnehmer ab etwa 5000 Euro brutto monatlich zahlen gar den Spitzensteuersatz von 42 Prozent.
Zahlreiche Begünstigungen bei großen Firmenvermögen
Ermöglicht werden diese sehr niedrigen Steuersätze bei großen Vermögen durch zahlreiche Sonder- und Ausnahmeregeln, von denen speziell die Erben von Firmenvermögen profitieren. "Wird eine Firma vererbt oder verschenkt, muss meist weit weniger versteuert werden als etwa bei Wertpapieren oder Immobilien", zitiert die „Süddeutsche“ Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Topvermögen würden zum Großteil als Firma vererbt.
Wirtschaftsverbände verteidigen diese Ausnahmeregeln: Sie würden dazu beitragen, dass Unternehmen in Familienhand bleiben und damit Arbeitsplätze erhalten. Anders sieht das erwartungsgemäß die Linke. Es sei "extrem ungerecht, dass Kinder in Armut leben müssen, Rentner immer mehr zur Kasse gebeten werden, die Mitte keine spürbare Entlastung erfährt und superreiche Erben und Beschenkte auf astronomische Summen kaum Steuern zahlen", sagt Fraktionschef Dietmar Bartsch der „Süddeutschen“.
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Bereits die OECD hat mehrfach in Studien kritisiert, dass in Deutschland – anteilig zum Einkommen – Geringverdiener und mittlere Einkommen besonders stark mit Steuern und Sozialabgaben belastet werden. Die meisten Abgaben fallen demnach bei einem Single mit einem Bruttojahresgehalt von 63.000 Euro an: Er müsse 53,7 Prozent Abzüge durch Steuern und Sozialabgaben akzeptieren. Wer hingegen 36.000 Euro im Jahr verdiene, müsse bereits die Hälfte seines Bruttoeinkommens für Steuern und Sozialabgaben abgeben.