Ich könnte jetzt gemein sein und sagen, dass es doch schön ist, dass wenigstens in der Versicherungsbranche den älteren Semestern noch ein Arbeitsplatz angeboten wird. Demografisch betrachtet liegen wir damit ja auch nur ein paar Jahre über dem Durchschnittsalter aller Personen in Deutschland.

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Die Versicherungsbranche hat aber in den letzten Jahrzehnten einfach verpasst, das Image, welches von wenigen zum Negativen hin geprägt wurde, wieder ins rechte Licht zu rücken. Und welcher junge Mensch möchte dann schon in einem Job arbeiten, wo die Gesellschaft bei der bloßen Erwähnung von "Versicherung" die Nase rümpft und man als Klinkenputzer abgestempelt wird?

…wieso hast Du Dich entschlossen, diesen Beruf zu ergreifen? Vielleicht liegt darin ja schon ein Geheimnis, wie es gelingen könnte, mehr Nachwuchskräfte anzuwerben.

Während meines Ingenieurstudiums habe ich gemerkt, dass Maschinenbauer nicht der Beruf ist, den ich für den Rest meines Lebens machen möchte. Darum war es die logische Konsequenz, nach meinem Vordiplom eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann zu machen. Nichts liegt da näher. (lacht)

Nein, Spaß beiseite. Da mein Vater und auch meine große Schwester in der Versicherung tätig sind, hatte ich schon immer als Kind und Jugendlicher ein positives Bild von unserer Branche. Ich helfe gerne, bin kommunikativ und setze mich ebenso gern für andere ein. Und da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, entschied ich mich 2005 für diesen Weg.

…was kann die Versicherungs- und Vorsorgebranche tun, um mehr Menschen für die wichtige Maklertätigkeit zu gewinnen?

Das über Jahrzehnte kaputtgemachte Image unserer Branche wird sich nicht von jetzt auf gleich ins Positive verändern lassen. Ich finde es bedenklich, dass noch immer viel zu häufig bei der Anwerbung von Nachwuchs mit einer vermeintlich hohen Vergütung, teuren Uhren und schnellen Autos geworben wird.

Ich begreife meine Tätigkeit als eine extrem wichtige sozialpolitische Aufgabe, ohne die unser gesamtes Wirtschafts- und Sozialsystem nicht funktionieren würde. Wenn diese Werte mehr in den Vordergrund gerückt werden würden, könnte es auch klappen, dass sich die richtigen Personen für unseren Job interessieren.

Du hast Dich als Versicherungsmakler selbstständig gemacht. Warum diese Entscheidung? Worin liegen die Vorteile der Selbstständigkeit?

Unabhängigkeit und Freiheit. Mit diesen zwei Worten kann ich beide Fragen beantworten. Als Versicherungsmakler bin ich frei in der Wahl der Produkte und kann ungebunden beraten. Und darin sehe ich auch die Vorteile, sowohl für meine Kunden als auch für mich selbst.

In der Selbstständigkeit kann ich ebenso frei und unabhängig entscheiden, wo, wie und wann ich arbeite. Die größte Freiheit dabei ist: Ich muss niemanden um Erlaubnis fragen, wenn ich meinen Urlaub plane.

…hast Du auch Widerstände auf dem Weg in die Selbstständigkeit erfahren? Welche Hürden gab und gibt es?

Wirkliche Widerstände habe ich bisher keine erfahren. Beruflich bin ich immer lösungsorientiert unterwegs. Und wenn es Hürden geben sollte, muss ich eben wie ein Unternehmer denken und handeln, sprich: Einen Weg finden, um über die Hürde zu springen. Wobei ich den Begriff "Hürde" nicht gerne verwende. Lieber ist mir da das Wort Herausforderung. Und ohne Herausforderungen wäre es doch auch langweilig. Eine meiner größeren Herausforderungen momentan ist es, dass die Versicherer digitale Unterschriften anerkennen.

Du scheinst viel in der Welt unterwegs zu sein, wenn man Deine Social-Media-Aktivitäten verfolgt. Wie berätst Du und wie sieht Dein Arbeitsalltag aus? Bist Du eine Art „Persönlicher Digitalmakler“?

Der Begriff „persönlicher Digitalmakler“ trifft es ziemlich gut. Einen sehr großen Teil meiner Beratungen führe ich mit meinen Kunden online im Videochat durch. Viele Kollegen behaupten, dass das nicht ginge und nicht persönlich genug sei, dass man keine Kundenbindung aufbauen könne. Aber der einzige Unterschied – wie ich finde – zur klassischen Offline-Beratung ist, dass man sich zur Begrüßung nicht die Hand geben kann. Ansonsten sitzt man sich dennoch – wenn auch nur virtuell – gegenüber, sieht Gestik und Mimik des anderen und unterhält sich ganz normal. Die Kundenbindung war bei mir noch nie so hoch, wie aktuell. Ich bin über Social Media, Messenger und Chat ständig mit meinen Kunden in Kontakt. Die kurzen und unkomplizierten Wege wissen meine Kunden sehr zu schätzen.

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Mein Arbeitsalltag unterscheidet sich wahrscheinlich auch nicht groß vom herkömmlichen Makler. Morgens geht´s ins Büro, Kaffee trinken, Newsletter lesen, mindestens 30 Minuten Weiterbildung, Papierkram (bei mir jedoch komplett digital) erledigen und ab 9 Uhr die Beratungen wahrnehmen. Ob mein Büro dabei mein „richtiges Büro“ in Würzburg ist oder ein Hotelzimmer, ist mir egal. Ich brauche nur meinen Laptop und Internet, um arbeiten zu können. Und Ruhe. Ich telefoniere nämlich äußerst ungerne in der Öffentlichkeit. Das ist aus Datenschutzgründen wahrscheinlich auch sinnvoller. Ansonsten ist mein Laptop-Blickschutzfilter mein bester Freund und hilft vor neugierigen Blicken.

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