Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sorgt sich weiter um die Stabilität der Pensionskassen. “Pensionskassen sind von der anhaltenden Niedrigzinsphase noch stärker betroffen als Lebensversicherer“, sagte er zum Jahresanfang der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Wir brauchen bei einigen Kassen erhebliche Unterstützung der Arbeitgeber als Träger.

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Viele Träger: oft Streit über Kapitalspritze

Schon jetzt müssten bei vielen Einrichtungen die Arbeitgeber Geld nachschießen, damit die Mitarbeiter keine Einschnitte bei den Betriebsrenten erleiden müssten, erklärte Grund gegenüber dpa. Sorgen würden jedoch vor allem jene Vorsorge-Anbieter bereiten, „bei denen es den Arbeitgeber als Träger nicht mehr gibt“. Probleme gebe es auch bei Kassen, die viele Träger hätten. Hier könnten sich die Arbeitgeber oft nicht auf eine Kapitalspritze einigen.

Neu sind die Sorgen des Chefaufsehers nicht. Aktuell befinden sich 31 von 135 Pensionskassen wegen finanzieller Probleme unter intensivierter Aufsicht der BaFin: Sie müssen unter anderem wirksame Maßnahmen nachweisen, um die finanzielle Situation zu stabilisieren.

Drei Anbieter sind sogar in eine derart existentielle Schieflage geraten, dass ihnen die BaFin das Neugeschäft verbot — auch Bestandsrentner mussten bei diesen Gesellschaften teils existentielle Kürzungen hinnehmen. Es handelt sich um die Pensionskasse der Caritas, die Kölner Pensionskasse und die Deutsche Steuerberater-Versicherung.

Debatte über Rettungsschirm für Versicherungsvereine

Ende 2017 hatten laut Bundesarbeitsministerium 5,03 Millionen aktiv Versicherte Anwartschaften bei einer Pensionskasse. Für weitere 2,24 Millionen wurden zu dem Zeitpunkt keine Beiträge mehr gezahlt.

Chefaufseher Grund rechnet laut dpa damit, dass weitere Pensionskassen bei anhaltendem Niedrigzins in Schieflage geraten. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl bei anhaltender Niedrigzinsphase steigen wird“, zitiert in dpa. Den Finanzdienstleistern fällt es in Zeiten niedriger Zinsen schwerf, die teils hohen Garantiezusagen aus früheren Zeiten zu erwirtschaften.

Damit stellt sich die Frage nach einer Art Rettungsschirm für die Anbieter — zum Schutz der betroffenen Betriebsrentner. Viele Pensionskassen seien als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit organisiert, berichtet Grund. Hier greife die „subsidiäre Haftung des Arbeitgebers“. Mit anderen Worten: Die Firmen müssen ihren Beschäftigten die Renten notfalls aufstocken, wenn die Pensionskasse nicht mehr zahlen kann.

Wenn es diesen Arbeitgeber aber nicht mehr gibt, zum Beispiel als Folge einer Insolvenz, drohen den Betriebsrentnern erhebliche Ausfälle, wie Chefaufseher Grund einräumen muss. Zwar gibt es den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG), der Betriebsrentner vor möglichen Ausfällen bei einer Insolvenz schützt. Arbeitgeber müssen verpflichtend Beitrag einzahlen, um die betriebliche Altersvorsorge abzusichern.

Im Falle einer Insolvenz zahlt der PSVaG die Betriebsrenten weiter, wenn der Arbeitgeber nicht mehr einstehen kann. Das Problem: Pensionskassen mit der Rechtsform VVaG sind hiervon nicht erfasst, somit fallen sie durch das Sicherungsnetz. Das Bundesarbeitsministerium denkt laut einem Bericht des „Handelsblatts“ darüber nach, auch die Versicherungsvereine zu einer Mitgliedschaft zu verpflichten und das Betriebsrentengesetz entsprechend zu reformieren.

Steigender Beitrag zum Betriebsrenten-Rettungsschirm

Darüber hinaus macht sich der Niedrigzins auch beim Betriebsrenten-Rettungsschirm bemerkbar. Musste im Jahr 2016 die Arbeitgeber noch einen Beitragssatz von 0,0 Promille zum PSVaG zahlen, so stieg er 2018 bereits auf 2,1 Promille an und und im Jahr 2019 sogar auf 3,1 Promille.

Der zu zahlende Beitrag bezieht sich im Wesentlichen um die Rückstellungen für Betriebsrenten in den Bilanzen der Mitgliedsunternehmen, die sich laut Sicherungsverein aktuell auf rund 348 Milliarden Euro addieren. In diesem Jahr werden die Mitgliedsunternehmen mit rund. 1,079 Milliarden Euro Beitrag zur Kasse gebeten. Deutlich mehr als im Vorjahr, als sich die Beiträge auf 725 Millionen Euro summierten.

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Positives hat Frank Grund mit Blick auf die deutschen Lebensversicherer zu verkünden. Diese würden im internationalen Vergleich erstaunlich robust dastehen - auch wenn hier ebenfalls 20 von 81 Anbietern aufgrund wackeliger Solvenz unter erweiterter Aufsicht der BaFin stehen. Aufgrund des anhaltenden Niedrigzinses geht die BaFin laut Grund davon aus, dass sie in diesem Jahr deutlich mehr Geld ihrem Sicherungspuffer zuführen müssen: der Zinszusatzreserve. Waren zunächst 6 Milliarden Euro prognostiziert worden, so rechne man jetzt mit 9 Milliarden Euro Rückstellungen.