Debatte über Pseudomakler: "Ich teile diese Kritik"
Versicherungsbote: Die Forderung einer einheitlich(er)en Aufsichtspraxis ist verständlich, wenn man auf erste Erfahrungen mit den Weiterbildungspflichten für Makler schaut. Es fehlt an einheitlichen Standards: Makler berichten, dass manche Industrie- und Handelskammer Seminar-Inhalte nicht anerkennt, die andere Kammern wiederum akzeptieren. Was läuft hier schief — und wie kann dafür gesorgt werden, dass einheitlichere Regeln herrschen?
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Matthias Beenken: Das ist in der Tat ein Problem. Hinzu kommt, dass auch BaFin und IHKn nicht immer einig sind. Aber ich habe gehört, es soll wohl inzwischen eine Abstimmung zwischen IHKn und BaFin geben, wichtige Fragen in gleicher Weise auszulegen. Ob das aber auch für die Öffentlichkeit transparent oder wie so oft als Geheimnis der genannten Behörden behandelt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich fände es mehr als fair für die Betroffenen, die Kriterien öffentlich zu machen, nach denen entschieden wird, ob eine Weiterbildung anzuerkennen ist oder nicht.
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Ein Kritikpunkt, der bei der DKM in diesem Jahr auffällig oft debattiert wurde, war die zunehmende Abhängigkeit der Versicherungsmakler von großen Pools und der Rückgriff auf standardisierte Vergleichsprogramme. Dies könne stark vereinfacht dazu führen, dass man sich eher dem Pool als dem Kunden verpflichtet fühle, von „Pseudomaklern“ ist sogar die Rede. Teilen Sie diese Kritik? Könnten diese Tendenzen in den kommenden Jahren noch zunehmen?
Ja, ich teile diese Kritik, und ja, ich fürchte das wird zunehmen. Pools werden ihre Produktangebot und ihre Produktempfehlungen nach übergeordneten, standardisierten Kriterien zusammenstellen, die nicht immer dem individuellen Bedürfnis des Kunden eines Poolmaklers optimal entsprechen. Verlässt sich aber der Poolmakler aus Bequemlichkeit auf die Empfehlung seines Pools, wird er seinen Anforderungen als Makler nicht gerecht. Es wäre dann ehrlicher, wenn sie sich als Handelsvertreter des Pools verpflichten lassen und dies dem Kunden so mitteilen.
In diesem Jahr stellt die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Ergebnisse vor, wie die gesetzliche Rente über das Jahr 2025 hinaus reformiert werden soll. Das kann der Versicherungsbranche und Vermittlerschaft nicht egal sein. Welche Hoffnungen/ Erwartungen haben Sie, wenn nun die Weichen für die Zukunft der Rente gestellt werden?
Eine auskömmliche Rente ist ein überaus wichtiges, gesellschaftspolitisches Anliegen. Das geht einzelwirtschaftlichen Interessen vor. Deshalb halte ich es für richtig, sich Gedanken zu machen, wie eine auskömmliche Rente in Kombination aus einer gesetzlichen, umlagefinanzierten sowie einer privatwirtschaftlichen, kapitalgedeckten Leistung entsteht. Letzteres funktioniert aber meines Erachtens nicht, wenn es ausschließlich freiwillig ist. Das Ergebnis ist eine unzureichende Breite in der Abdeckung, mit anderen Worten muss am Ende die Allgemeinheit aus Steuermitteln für diejenigen aufkommen, die aus welchen Gründen auch immer nicht ausreichend selbst vorgesorgt haben. Daher fände ich eine verpflichtende betriebliche Altersvorsorge sowie eine vergleichbare Lösung für Selbstständige sinnvoll, am besten mit einer Opt-out-Lösung für diejenigen, die auf andere Weise ausreichend vorgesorgt haben.
Verfolgt man den Diskurs zur Reform der Rente, schält sich heimlich ein Favorit heraus: ein Staatsfonds nach dem Vorbild Schwedens oder Norwegens als quasi vierte Säule der Altersvorsorge, der auch am Aktienmarkt investieren darf. Er findet parteiübergreifend Fürsprecher, wenn auch mit verschiedenen Modellen. Wie bewerten Sie einen solchen Staatsfonds — ein mögliches Zukunftsmodell für Deutschland?
Die Vergleiche mit anderen Ländern hinken. Wenn wir ein Modell vergleichbar wie in Norwegen aufbauen wollten, müsste man beispielsweise bereit sein, sämtliche Einnahmen Deutschlands aus erneuerbaren Energien in diesen Fonds zu lenken. Das funktioniert nicht. Ein Fonds ohne ganz erhebliche eigene Mittel wird aber nur wieder ein weiteres Deckmäntelchen werden, die Not zu verwalten. Und dass der Staat oder staatsnahe Institutionen per se besser investieren als der Bürger, das erlebe ich tagtäglich auf deutschen Rüttelpisten, genannt Straßen, oder als häufiger Nutzer der Deutschen Bahn anders.
Der Staatsfonds wird auch als Alternative zur Riester- und Rürup-Rente debattiert. Welche Auswirkungen hätte ein solcher auf das Altersvorsorge-Geschäft der privaten Versicherer? Müssten sie mit einem radikalen Einbruch im Neugeschäft rechnen? Oder ist das auch eine Chance — wenn sie konkurrenzfähige Alternativen bieten?
Unvergleichbare Systeme können nicht fair miteinander konkurrieren. Es gibt Erfahrungen aus dem Ausland, dass kapitalgedeckte Zwangsvorsorge mit Opt-out-Lösung zwar zu einer erheblichen Verbreiterung der Teilnahme führt, aber gleichzeitig auch zu einer sinkenden Nachfrage nach darüberhinausgehender, freiwilliger Vorsorge. Ich bin aber gar nicht so pessimistisch. Wenn die Bundesregierung weiter so vorgeht wie bei der Nahles-Rente und es der SPD nicht einmal gelingt, die Gewerkschaften dabei mitzunehmen, dann brauchen private Altersvorsorge-Anbieter die neue Staatskonkurrenz nicht zu fürchten. Allerdings müssen alle, Versicherer wie Vermittler, dabei mithelfen die mögliche neue Konkurrenz alt aussehen zu lassen. Dafür müssen sie konkurrenzfähige und kostengünstige Angebote machen, die nicht durch veraltete IT, unflexible Prozesse und überzogene Provisionsforderungen beeinträchtigt werden.
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Die Fragen stellte Mirko Wenig
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