Allianz-Studie: Betriebsunterbrechungen Unternehmens-Risiko Nummer eins in Deutschland
Kein Unternehmensrisiko wird unter deutschen Experten derart gefürchtet wie Betriebsunterbrechungen. Das geht aus dem nun veröffentlichten „Allianz Risk Barometer 2020“ hervor, einer Befragung von Kunden verschiedener Allianzgesellschaften sowie von Maklern, Risikoberatern und Schadenmanagern. Weltweit hingegen sind Cybervorfälle das meist-gefürchtete Risiko für das eigene Unternehmen. Der Versicherungsbote hat sich die neunte Ausgabe der Studie angesehen.
- Allianz-Studie: Betriebsunterbrechungen Unternehmens-Risiko Nummer eins in Deutschland
- Handelsstreite und Brexit: Gefahr auch für deutsche Wirtschaft
Bei deutschen Unternehmen meistgefürchtet: „Betriebsunterbrechungen“
Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, doch plötzlich geht nichts mehr: Die Produktion muss unterbrochen werden – etwa aufgrund eines technischen Störfalls, eines Streiks oder fehlender Bauteile durch Probleme des Zulieferers. Dann können Waren nicht rechtzeitig geliefert, die Kunden nicht bedient werden. Schadensersatz wird fällig, die Reputation des Unternehmens leidet. Löhne, Nebenkosten, Mieten aber sind weiter zu zahlen. Ein von Unternehmen gefürchtetes Szenarium, hinter dem oft ganz reale Zahlen stehen: Als aufgrund eines Zulieferstreiks die Produktion in zwei VW-Werken für eine Woche still stand, entstand ein Schaden, den der Konzern auf 100 Millionen Euro schätzt. Und obwohl das Thema in den Medien kaum präsent ist, dominieren Betriebsunterbrechungen die Sorge der Unternehmen in Deutschland mehr als je zuvor.
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Das zeigt die neunte Ausgabe des „Allianz Risk Barometers“ aus dem Hause des Allianz-eigenen Industrieversicherers Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS). Denn zwar betrug schon beim achten Barometer im Vorjahr das Verhältnis der Nennungen von Business interruption zur Gesamtzahl aller Antworten für Deutschland 48 Prozent – schon letztjährig wurde kein Risiko häufiger genannt. Nun aber ist die Prozentzahl der Nennungen auf 55 Prozent angewachsen. Erneut also und mit zunehmender Zahl an Nennungen dominiert die „Betriebsunterbrechung“ die Liste der Top-Risiken für hiesige Firmen – und das mit zunehmender Intensität.
Cyber-Risiken: Bedrohungsszenario wird alltäglich
Beim deutschen Sorgen-Siegertreppchen bleiben für die folgenden Ränge die Überraschungen gegenüber dem Vorjahr aus. Denn auf Rang zwei befindet sich – erneut wie schon im Vorjahr – mit 44 Prozent Nennungen das Risiko Cyber incidents. Cybervorfälle sind mittlerweile im Risikobewusstsein der Unternehmen fest verankert. Das verwundert kaum – verursachten doch Angriffe durch Schadsoftware wie Petya oder WannaCry im Jahr 2017 laut den Studienmachern einen weltweiten Gesamtschaden von geschätzt 8 Milliarden US-Dollar.
Aktuell warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auch vor einer neuen Schadsoftware: Das Schadprogramm Emotet infiziert über Spam-Kampagnen Systeme, spioniert Daten aus und kann sogar weitere Schadprogramme wie den Banking-Trojaner Trickbot nachladen. Laut Bundesamt stellt Emotet „eine akute Bedrohung für Unternehmen, Behörden und Privatanwender“ dar. Zumal Kriminelle bei gelungenem Angriff sogar die vollständige Kontrolle über ein System erlangen können.
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Und schon jetzt ist außerdem der Schaden durch den neuen Schädling groß: Infizierte Netzwerke deutscher Unternehmen mussten bereits jetzt gänzlich neu aufgebaut werden und verursachten just jene gefürchteten Betriebsunterbrechungen, die von den Experten meist-gefürchtet sind. Das Beispiel zeigt: In einer digitalisierten Wirtschaft sind Risiken durch Cyberkriminalität allgegenwärtig.
Handelsstreite und Brexit: Gefahr auch für deutsche Wirtschaft
Wie schon im Vorjahr fürchten deutsche Unternehmen außerdem rechtliche Veränderungen (z.B. Wirtschaftssanktionen, Regierungsveränderungen, Protektionismus, Brexit, Zerfall der Euro-Zone). Das verwundert kaum: So wird laut Handelsblatt auch die deutsche Wirtschaft durch protektionistische Maßnahmen in Folge des Handelsstreits zwischen den USA und China bedroht. Und Folgen des Brexits, wenn Großbritannien am 31. Januar offiziell aus der Europäischen Union austritt, sind bisher noch nicht konkret einzuschätzen: Erst nach dem Austritt folgen wichtige Verhandlungen über zukünftige Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU.
Die Nennungen für Changes in legislation and regulation gehen im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Antworten demnach nur leicht zurück: Letztjährig ergab die Studie 35 Prozent Nennungen, diesjährig 31 Prozent. Im Vergleich zu älteren Risiko-Barometern der Allianz ist die Zahl noch immer hoch. Denn in 2018 lag das Risiko noch bei 25 Prozent Nennungen – und zeigt erst seit dem letztjährigen Risiko-Barometer sein Zwei-Jahres-Hoch im Risikobewusstsein der Experten.
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Auf den nachfolgenden Rängen der Risiko-Charts deutscher Sicherheitsexperten landen dann, schon abgeschlagen bei Prozentzahlen für Nennungen im Verhältnis zu allen Antworten:
- Feuer und Explosionen mit 23 Prozent Nennungen auf Rang vier.
- Risiken, die mit der Marktentwicklung verbunden sind (z. B. Volatilität, verstärkter Wettbewerb/ neue Wettbewerber, M&A, stagnierende Märkte, Marktfluktuation) mit 20 Prozent Nennungen auf Rang fünf.
- Naturkatastrophen (Sturm, Flut, Erdbeben) mit 17 Prozent Nennungen auf Rang sechs der Sorgen-Liste.
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Weltweite Sorgen-Charts der Unternehmen: Cyberkriminalität meist-gefürchtet
Welche Gewerberisiken aber dominieren die weltweiten Sorgencharts, wenn man alle Nennungen von 2.718 Sicherheitsexperten aus 102 Ländern auswertet? Welche Risiken wurden für die Gesamt-Studie demnach meist-genannt im Verhältnis zu allen Antworten? Die Rangliste weicht nur leicht von der Deutschen Rangliste ab:
Denn meist-gefürchtet unter allen Sicherheitsexperten weltweit sind Cybervorfälle – mit 39 Prozent Nennungen führen Cyber incidents (und damit Bedrohungen durch Cyber-Kriminalität und damit verbundene Schäden durch Systemausfälle, Datenverlust etc.) die Liste an. Freilich: Das Verhältnis der Nennungen von Cyber incidents zur Gesamtzahl aller Antworten fällt, trotz internationalem Rang eins, sogar geringer aus als bei der Stichprobe deutscher Experten. Und freilich auch: Betriebsunterbrechungen machen international den Experten mit einer fast gleichen Intensität Sorgen wie Cyber-Vorfälle.
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Business interruption bringt es in der internationalen Liste nur leicht abgeschlagen auf Rang zwei mit 37 Prozent Nennungen. Auf Rang drei der Nennungen mit 27 Prozent (und damit dann doch schon etwas abgeschlagen): Changes in legislation and regulation (z.B. Wirtschaftssanktionen, Regierungsveränderungen, Protektionismus, Brexit, Zerfall der Euro-Zone).
Hintergrund: Das "Allianz Risk Barometer 2020"
Beim „Allianz Risk Barometer 2020“ handelt es sich um das neunte Risiko-Barometer aus dem Haus des Versicherers – um eine Umfrage unter Kunden des Allianz-eigenen Industrieversicherers Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) sowie unter Kunden weiterer Allianzgesellschaften, zudem unter Maklern, Risikoberatern, Schadenmanagern. 2.718 Experten aus 102 Ländern nahmen dieses Mal an der Umfrage teil.
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Die Teilnehmenden wurden nach den größten Risiken für je zwei Industriebereiche oder ihr Unternehmen befragt, je drei Risiken durften aus einer vorgegebenen Liste ausgewählt werden. Prozentzahlen geben an, wie häufig ein Risiko im Verhältnis zu allen Antworten genannt wurde. Die englischsprachige Studie kann auf der Webseite der Allianz-Tochter AGCS abgerufen werden.
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