Fusion der Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland verzögert sich
Die Fusion der Provinzial Nordwest und der Provinzial Rheinland soll laut einem Zeitungsbericht auf einem guten Weg sein. Ein Grund ist, dass sich die Gesellschafter mit den Mitarbeitern auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt haben. Dennoch dauert die angestrebte Zweckheirat beider Sparkassen-Versicherer bereits deutlich länger als ursprünglich vorgesehen.
Die Fusion der beiden Sparkassen-Versicherer Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland soll auf einem guten Weg sein. Grund sei, dass die Vorstände und Arbeitnehmer-Vertreter des erstgenannten Anbieters einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen hätten, nachdem es von Seiten der Mitarbeiter Widerstand gegeben hätte. Das berichtet das „Handelsblatt“ am Montag und beruft sich auf Insider, die mit dem Vorgang vertraut seien. Die Versicherer wollten dies nicht kommentieren. Veröffentlicht ist der Tarifvertrag bisher nicht.
Anzeige
Laut dem Bericht konnten sich Management und Arbeitnehmer bereits im Dezember auf den Tarifvertrag einigen. Er soll umfangreiche Zugeständnisse für rund 3.000 Beschäftigten der Provinzial NordWest beinhalten. So wolle die Provinzial im Zuge der Fusion auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten und eine Standortgarantie für die Orte Münster, Kiel und Hamburg aussprechen. Allerdings habe sich der designierte Vorstand des neu entstehenden Versicherers, Wolfgang Breuer, für den Fall der Fusion ein Sonderkündigungsrecht zusichern lassen, das er erstmals 2022 nutzen könnte.
Langes Hin und Her
Im September 2018 verkündeten die Provinzial Rheinland und Provinzial NordWest erstmals in einer gemeinsamen Presseerklärung, dass sie fusionieren wollen. Formal soll die Provinzial Rheinland ihre Anteile auf die Provinzial NordWest übertragen. Die neue Gesellschaft soll die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) haben, wie es in einem gemeinsamen Fusionspapier heißt.
Doch 2018 war nicht der erste Versuch einer Fusion. Bereits viermal versuchten zuvor die Westfälischen Sparkassen, die beiden Versicherer zu vermählen, wenn auch ohne Erfolg. Zwischenzeitlich war auch über einen Verkauf an die Allianz spekuliert worden - und damit eine Privatisierung des öffentlichen Anbieters. Nach Recherchen der inzwischen eingestellten Financial Times Deutschland hat es 2012 mehrere geheime Treffen des damaligen Allianz-Chefs Michael Diekmann mit Mitgliedern der Eignerverbände gegeben. Infolge des Medienberichts demonstrierten mehr als 1.000 Mitarbeiter an den Standorten, um sich gegen eine Privatisierung zu stemmen (der Versicherungsbote berichtete).
Bei den jüngsten Plänen stand einer Fusion eigentlich nichts mehr im Wege. Alle sieben Anteilseigner der beiden Versicherer haben den Plänen zugestimmt: zuletzt der einflußreiche Landschaftsverband Rheinland (RLV) Ende Oktober 2018 (der Versicherungsbote berichtete).
Aber auch Politik und Gewerkschaften reden mit: sie fürchten um Arbeitsplätze. Mindestens 500 der rund 5.000 Mitarbeiter beider Versicherer könnten ihren Job verlieren, gibt ver.di zu bedenken. So haben die Kieler Landtagsfraktionen im November 2019 den Erhalt der Arbeitsplätze und des Standorts Kiel der Provinzial Nordwest gefordert. Die Furcht ist, dass letztendlich weit mehr Arbeitsplätze wegfallen könnten, als von den Verantwortlichen kommuniziert.
Verzögerung im Wertermittlungs-Verfahren
Mit der Zustimmung der Eigner war es noch nicht getan. In einem nächsten Schritt musste das sogenannte Due Diligence angeschoben werden: beide Versicherer werden nach ihren wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnissen analysiert, um die Details der Fusion zu klären.
Aufgrund der Negativzinsen auf den Kapitalmärkten sei es beim Wertermittlungsverfahren zu Verzögerungen gekommen, berichtet das "Handelsblatt". Eigentlich bereits für Anfang 2019 vorgesehen, soll die betriebswirtschaftliche Bewertung der Unternehmen nun im Laufe des Jahres 2020 erfolgen.
Anzeige
Mehr Geld für Digitalprojekte
Hintergrund der aktuellen Fusionspläne ist, dass sich die Eigner der Versicherer, die Sparkassen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, in Zeiten niedriger Zinsen eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit versprechen. Kosten sollen eingespart werden — aber darüber hinaus soll auch mehr Geld für teure Digitalprojekte freigeschaufelt werden, wie das „Handelsblatt“ schreibt. Den vielen regionalen Unternehmen im Sparkassen-Verband, oft eigenständig agierend, sei es demnach kaum möglich, teure Milliardenprojekte für Digitalstrategien anzuschieben. Das würde sich durch die Fusion ändern.