Manche Vorstände sollten an ihrer Visionsvermittlung arbeiten
Der klassische Maklervertrieb wird nicht aussterben, glaubt Felix Anthonj. Im Interview erklärt uns der Geschäftsführer von Flexperto welche Probleme die Versicherer beim Thema Digitalisierung haben, wie Vermittler die Beratung digitalisieren können und wie die Zusammenarbeit mit dem Finanzvertrieb MLP läuft. Zudem erklärt der Flexperto-Gründer was Besucher von der Digisurance 2020 erwarten können. Das "größte Familientreffen der Branche mit den Gestaltern von morgen" findet am 19. März 2020 in Berlin statt.
- Manche Vorstände sollten an ihrer Visionsvermittlung arbeiten
- Bei manchem Unternehmen geht es beim Thema Digitalisierung zu wie im Taubenstall
Können Sie Flexperto kurz vorstellen? Seit wann gibt es Ihr Unternehmen und was ist Ihr Geschäftsmodell?
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Flexperto wurde 2012 gegründet und fokussiert sich seit dem Jahr 2015 auf das Angebot von Software zur digitalen Kommunikation zwischen Versicherern und Finanzdienstleistern mit ihren Kunden. Mittlerweile arbeiten wir mit über 30 Versicherungsgesellschaften, Banken und Finanzvertrieben im Bereich der digitalen Beratung in Deutschland zusammen.
Unsere Lösung zeichnet aus, dass wir alle wichtigen digitalen Kanäle und Kollaborationswerkzeuge in einer, vor allem für den Vertriebsarbeitsplatz im Versicherungsmarkt, perfektionierten Oberfläche bündeln. Besonderen Wert legen wir darüber hinaus auch darauf, dass die Lösung datenschutzkonform und integrierbar in die bestehende Systemlandschaft des Unternehmens ist.
Liest man in den Referenzen auf Ihrer Homepage, findet man diverse Versicherer und auch den Finanzvertrieb MLP. Wie kommen Sie - mit Verlaub - in recht jungen Jahren zu diesen prominenten Kunden?
Flexperto gibt es ja nun schon seit mehr als 7 Jahren als Unternehmen. Wir sind also nicht mehr das typische Startup, sondern haben mehrfach bewiesen, dass wir ein verlässlicher und langfristig orientierter Technologiepartner sind, der auch Kunden mit mehreren tausend Beraterarbeitsplätzen optimal betreuen kann. Natürlich haben wir uns aber immer die Dynamik und die Herangehensweise der Startup Kultur bewahrt, sodass wir neben der professionellen Betreuung, die ein Großkunde erwartet, immer auch neuartige Umsetzungskonzepte bieten, die motivieren und mitreißen. Das kommt gut an und spricht sich vielleicht auch herum.
Außerdem haben wir uns sehr früh auf die Versicherungs- und Finanzbranche fokussiert, sodass wir auch die Sprache unserer Kunden sprechen, ihre Herausforderungen verstehen und dadurch als spannender Ansprechpartner zur Verfügung stehen, selbst wenn es mal nicht zu einer Kundenbeziehung kommt.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen aus?
Wir haben im März 2019 einen gemeinsamen Workshop von MLP und flexperto organisiert und dabei in vier Tagen die aktuellen Prozesse und Herausforderungen des Unternehmens analysiert, Einsatzmöglichkeiten von flexperto skizziert und auch ein zukünftiges Integrationsszenario hinsichtlich der bestehenden Infrastruktur entwickelt. Ebenfalls wurden bereits ein Prototyp aufgesetzt und MLP Berater, also die Nutzer des Tools, aktiv in den Prozess einbezogen. Die Resultate haben MLP überzeugt, deshalb hat das Unternehmen sich kurz darauf entschieden, die digitale Kundenberatung auf Basis unserer Software für alle rund 2.000 Berater einzuführen. Dafür haben wir unsere Konzepte, die wir aus jahrelanger Erfahrung erarbeitet haben, zusammen mit MLP auf deren Organisation angepasst. Eine Herausforderung war dabei sicherlich die komplexe, aber eben auch hochsichere IT-Infrastruktur von MLP.
Nach dem Rollout ist die Zahl der monatlich aktiven Nutzer in kürzester Zeit auf knapp 1.000 angewachsen – Tendenz steigend. Wir sind sehr stolz auf diese Resultate. Das wäre ohne den Support, die Offenheit und die Begeisterung für den digitalen Wandel auf Seiten von MLP nie möglich gewesen.
MLP-Vorstandsmitglied Manfred Bauer hatte vor einigen Jahren gemahnt, dass klassische Makler digital nachrüsten müssten und den Ausspruch „In Zukunft werden wir alle ein bisschen Fintech sein müssen“ geprägt. Welche Werkzeuge können Sie Vermittlern an die Hand geben, um auch ein bisschen Fintech zu sein?
Wir sind auch der Meinung, dass der klassische Maklervertrieb nicht aussterben wird. Die Lösung liegt in der Befähigung der Berater, noch digitaler, kundenfreundlicher und effizienter zu arbeiten. Wir geben Vermittlern die Möglichkeit, die persönliche Betreuung, die sie Kunden vor Ort bieten, auch digital anzubieten: Kundentermine vereinbaren, sich im Videochat persönlich kennenlernen, Dokumente im Screen-Sharing gemeinsam betrachten und Formulare ausfüllen, Verträge über die Distanz zu unterschreiben oder per datenschutzkonformen WhatsApp „Hallo“ sagen.
Gerade im Bereich Instant-Messaging möchten wir unser Angebot stark erweitern. Durch unsere Technologie haben Versicherungskunden die Möglichkeit, mit ihrem Vermittler auf allen Kanälen wie WhatsApp, Telegram, SMS etc. zu interagieren. Der Vermittler erhält alle Nachrichten in einem zentralen flexperto Messenger. Jetzt arbeiten wir gezielt mit einigen Unternehmen daran, die Konversationen auch in Bestandsführungssysteme übernehmen zu können, um die entsprechend regulatorische Dokumentation zu garantieren.
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Der Vermittler kann darüber auch Schadensmeldungen aufnehmen, automatisiert den Terminvorschlag für das Jahresgespräch senden oder den Abschluss per Textnachricht annehmen.
Bei manchem Unternehmen geht es beim Thema Digitalisierung zu wie im Taubenstall
Der Versicherungsbranche haftet ein wenig das Vorurteil an, in Sachen Digitalisierung etwas träge zu sein. Wie sehen Sie den Status quo der Branche?
Es hat sich aus unserer Sicht in den letzten Jahren sehr viel getan. Die Kapitalzuflüsse von Investoren in digitale Versicherer oder Makler sind aktuell immens und ich bin davon überzeugt, dass diese sich auf Sicht bei den weniger komplexen Produkten signifikante Marktanteile sichern werden. Dies hat aber auch dazu geführt, dass die Versicherer selbst Digitaleinheiten aufgebaut haben, Unternehmen akquirieren oder sich beteiligen und kluge Partnerschaften eingehen. Oft sind die Digitalisierungsaktivitäten aber nicht gut in die Gesamtorganisation eingebettet. Dann geht es in manchem Unternehmen beim Thema Digitalisierung zu wie im Taubenstall. Das ist tatsächlich ein Problem.
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Welche digitalen Ansätze und ggf. welche Unternehmen haben Sie zuletzt besonders beeindruckt?
Für mich sind es oftmals einzelne Projektmanager, Vorstände, Vermittler, welche sich für ihr Unternehmen einsetzen, vorausdenken und sich nicht auf ihren Beständen und guten Zahlen ausruhen. Es begeistert mich, wenn Unternehmen vom Vorstand bis zum Berater eine gemeinsame Vision vorantreiben. Das ist aber leider sehr selten und vielleicht sollten daher manche Vorstände an ihrer Visionsvermittlung arbeiten.
Sie veranstalten seit einigen Jahren die Digisurance. Welcher Antrieb steht dahinter?
Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung in der Branche vor allem dadurch vorgetrieben wird, wenn Versicherer mit Startups konkrete Projekte umsetzen und zusammenarbeiten. Darüber möchten wir sprechen und veranschaulichen, was möglich ist. Es geht uns dabei um Inhalte, die allen Teilnehmern helfen zu wissen wie genau man eine solche Partnerschaft angeht. Welche Resultate sind zu erwarten und welche Hürden muss man nehmen. Dazu streben wir an, dass Vorträge so häufig wie möglich im Tandem zwischen Versicherer und InsurTech gehalten werden. Damit bieten wir ein alternatives Format zu anderen Konferenzen und eine Lücke, die wie wir finden, sehr viel Mehrwert für alle Teilnehmer schafft.Besonders toll zu hören ist natürlich, wenn die Teilnehmer auf unserer Konferenz direkt konkrete Entscheidungen treffen und wir nach 3 Monaten hören, dass InsurTech X mit Versicherer Y erfolgreich ein Projekt initiiert hat.
Die Agenda ist mit einigen Versicherungsvorständen aber auch mit der jungen Garde der Insurtechs gespickt. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Vorträge und welche Erwartungen haben Sie grundlegend an die Veranstaltung?
Für uns ist immer entscheidend, dass das Motto der Veranstaltung „Fakten statt Fiktion“ umgesetzt wird. Das bedeutet, wir erwarten und überprüfen auch im Vorhinein, dass auf der Bühne keine Werbeveranstaltungen für einzelne Unternehmen durchgeführt werden. Im Übrigen gilt das für die Startups genauso wie für die Versicherer. Letztendlich sollen Zahlen und Fakten über den Projekterfolg wie z. B. erreichte Kosteneinsparungen, Mehrumsatz, erreichte Nutzer oder auch ein prozessuales Vorgehen präsentiert werden und auch offen über Misserfolge und daraus erzielte Erkenntnisse gesprochen werden.
In den Podiumsdiskussionen erhoffen wir uns lebendige, kontroverse Diskussionen, weshalb wir neben Versicherungsvorständen auch die betroffenen Personen, z.B. einen Ausschließlichkeitsvermittler oder Software-Hersteller zu Wort kommen und mitdiskutieren lassen.
Welche Themen und vor allem welche Neuerungen gibt es auf der Digisurance von Flexperto?
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Gemeinsam mit MLP werden wir ein völlig neues und, wie wir finden, ausgesprochen erfolgreiches Konzept zur Einführung von Vertriebstechnologien vorstellen: Dank dieser Vorgehensweise konnten wir unser Projekt zur digitalen Beratung bei MLP innerhalb von nur vier Tagen von allen relevanten Fachbereichen evaluieren lassen und sind nur zwei Monate später in den phasenweisen Rollout für rund 2.000 Berater gegangen. Diese Geschwindigkeit und Effizienz sind wirklich einzigartig und wir freuen uns darauf, andere an diesem Wissen teilhaben zu lassen. Darüber hinaus präsentieren wir einige neue flexperto Funktionen, wie das Mifid-2 konforme Recording sowie die flexperto App.
- Manche Vorstände sollten an ihrer Visionsvermittlung arbeiten
- Bei manchem Unternehmen geht es beim Thema Digitalisierung zu wie im Taubenstall