In wenigen Wochen soll eine Expertengruppe der Bundesregierung Reformvorschläge unterbreiten, wie die Rente auch langfristig sattelfest und zukunftsfähig gemacht werden kann: trotz einer alternden Gesellschaft. Eine Arbeitsgruppe der CDU und CSU im Bundestag wollte sich offenbar nicht derart lang gedulden und hat nun in einem Arbeitspapier eigene Reformvorschläge ausgearbeitet. Über das Dokument berichtet am Montag die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

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Menschen sollen länger arbeiten

Die Pläne: für viele kommende Rentner wohl schmerzhaft. So schlägt die AG vor, ab 2029 das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Bis dahin steigt die sogenannte Regelaltersgrenze stufenweise auf 67 Jahre an. Wer zeitiger in Rente geht, muss teils deutliche Abschläge bei der Bruttomonatsrente in Kauf nehmen: pro Jahr des vorzeitigen Rentenbezugs eine Minderung von 3,6 Prozent, wenn diese nicht z.B. durch freiwillige Beitragszahlungen ausgeglichen werden.

Doch 67 Rentenjahre: Das reicht der Arbeitsgruppe der Unionsfraktion nicht. Sofern die Lebenserwartung weiter steigt. Das Plus an Lebenszeit soll sich künftig auch in einem späteren Renteneintrittsalter niederschlagen: zur Hälfte zwischen Arbeits- und Rentenzeit aufgeteilt. "Erhöht sich also die Lebenserwartung um ein Jahr, erhöht sich die Regelaltersgrenze der Rente um sechs Monate“, zitiert dpa aus dem Dokument.

Höherer Arbeitgeber-Rentenbeitrag statt deutlich höherem Mindestlohn

Ein weiterer Reformvorschlag speist sich aus der Erkenntnis, dass selbst lange Beitragsjahre zur Rentenkasse noch keine auskömmliche Rente garantieren, wenn das Einkommen der Beschäftigten entsprechend niedrig ist. So garantiere aktuell auch der Mindestlohn von 9,35 Euro nach 40 Beitragsjahren keine Rente über Grundsicherungs-Niveau.

Bereits 2018 hatte das Bundesarbeitsministerium einräumen müssen, dass ein Mindestlohn von 12,63 Euro notwendig wäre, um selbst nach den vollen 45 Beitragsjahren zur Rentenkasse eine Rente über dem Grundsicherungsniveau von damals 814 Euro im Monat zu erhalten. Nun wollen CDU und CSU laut dpa aber vermeiden, einen entsprechend hohen Mindestlohn zu definieren: auch, um Arbeitgeber vermeintlich nicht zu stark zu belasten.

Deshalb behilft sich die Arbeitsgruppe in ihrem Papier mit einem Trick, um gegen Altersarmut vorzugehen. Arbeitgeber sollen für Niedriglöhner mehr Beitrag in die Rentenkasse einzahlen, als sie tatsächlich an Lohn überweisen. Stellschraube hierfür ist die sogenannte Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Auch der Rentenbeitrag für Niedriglöhner wird demnach von einem höheren Wert berechnet, der 2020 bei rund 14,70 Euro liegen würde. Auf den Differenzbetrag zwischen tatsächlichem Lohn und Mindestwert sollten die Arbeitgeber den vollen Rentenbeitrag zahlen.

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Auf diese Weise werden über den Rentenbeitrag auch die Renten von Niedriglöhnern gehebelt - derart, dass ein Mindestlohnempfänger nach 40 Beitragsjahren eine Rente von rund 1.000 Euro erwarten kann, so rechnet die CDU laut dpa vor. Die Arbeitgeber könnten dadurch sparen, weil ein höherer Rentenbeitrag sie immer noch weniger koste als ein deutlich höherer Mindestlohn. Und auch die Mindestlöhner würden profitieren.

Grundrente nur befristet, Riester-Förderung ohne Antrag

Weil die Unionsfraktion ihren Rentenhebel aber bereits als wirksames Instrument betrachtet, um Altersarmut zu bekämpfen, stellt sie auch die Grundrente zur Debatte. Das von der SPD angestoßene Projekt solle auslaufen, wenn der Hebel über die Beitragsbemessungsgrundlage greift.

Zudem will die AG auch die private und betriebliche Altersvorsorge stärken: mit freiwilligen und verpflichtenden Elementen. Die schwächelnde Riester-Rente solle in eine „Zulagen-Rente“ übersetzt werden. Die staatlichen Zulagen sollen nicht wie heute beantragt werden müssen - die Förderung soll je nach eingegangenen Beiträgen automatisch berechnet werden. Eine Reform, die zumindest das Antragsprozedere deutlich entbürokratisieren würde. Außerdem sollen Selbstständige künftig eine verpflichtende Altersvorsorge vorweisen müssen.

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Scharfe Kritik am Modell

Beim Regierungspartner stößt das Rentenkonzept der Unions-Arbeitsgruppe auf wenig Gegenliebe. "Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters wird es mit uns nicht geben“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kerstin Tack, gegenüber dpa.

Die SPD-Politikerin verwies darauf, dass Menschen mit niedrigem Einkommen und oft körperlich schwerer Arbeit eine deutlich geringere Lebenserwartung haben als Gutverdiener. Gerade für diese Menschen würde das Konzept aber eine Rentenkürzung bedeuten: obwohl viele selbst mit Reha und anderen Maßnahmen nicht über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten können.

RKI-Studie: Gutverdiener mit deutlich längerer Lebenserwartung

Die These von Kerstin Tack wird durch eine Studie des Robert-Koch-Institutes (RKI) gestützt. Demnach sterben Männer, die mindestens zehn Jahre unterhalb der Armutsgrenze leben, im Schnitt 10,8 Jahre früher als wohlhabende Männer. Bei Frauen beträgt die Differenz immerhin noch acht Jahre.

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Als „arm“ wurde laut Studie gewertet, wer mindestens zehn Jahre lang unterhalb der offiziellen Armutsschwelle lebte. Oder genauer: weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hatte beziehungsweise weniger als 943 Euro netto im Monat. Als reich gilt hingegen laut Statistik, wer mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens verdient.

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