Bislang ist die Disruption in der Assekuranz ausgeblieben
Die V.E.R.S. Leipzig GmbH hat im Rahmen ihres Start-Up-Radars Interviews mit InsurTechs geführt. Die Gespräche werden im Rahmen einer Interviewreihe präsentiert. Heute antwortet Christian Buschkotte, Managing Director beim digitalen Gewerbeversicherer andsafe aus Münster. Die Interview-Beteiligten duzten einander.
- Bislang ist die Disruption in der Assekuranz ausgeblieben
- Start-Ups wollen sich nicht tagelang mit Versicherungen beschäftigen
Was machst du morgens als Erstes, wenn du ins Büro kommst?
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In der Regel beginnt mein Arbeitstag für andsafe mit einem kurzen Besuch im Supermarkt. Dort stocke ich unseren bürointernen Obst- und Süßwarenvorrat auf. Mit Rucksack und Einkaufskorb bepackt, stiefele ich zunächst in die Küche, schaffe kurz ein wenig Ordnung und fülle anschließend die Süßigkeiten- und Obstteller auf.
Im Anschluss suche ich mir einen Arbeitsplatz, da unser Büro nach dem Konzept des Desksharing aufgebaut ist. Sprich, ich habe keinen festen Platz, sondern schaue wo gerade etwas frei ist. Laptop auf: Mails durchgehen, lesen, die wichtigen beantworten, Blick in das Dashboard, Termine sichten und dann startet meistens schon das erste Meeting.
Einige Versicherer sind ebenfalls mit digitalen Neugründungen auf dem Markt. Diese reichen von digitalen „Vertriebsarmen“, wie z. B. Adam Riese oder Wilhelm bis hin zu Digitalversicherern, wie z. B. Friday. Was waren eure Beweggründe, einen Digitalversicherer und nicht „nur“ einen digitalen Vermittler zu gründen?
Mit Gründung eines digitalen Versicherers hat der Provinzial NordWest Konzern sein Angebot für eine hybride, voll digitale und besonders preissensitive Zielgruppe erweitert. Kunden, die auf traditionellen Wegen und mit klassischen Produkten nicht oder nur schwer zu erreichen sind. Im Frühjahr 2018 wurden bei der Provinzial NordWest verschiedene digitale Geschäftsmodelle geprüft: Wir haben uns dann für die Fokussierung auf ein Kundensegment entschieden, in dem wir Vorreiter sein können bzw. es bislang noch nicht allzu viele Markteintritte gab. Die Anforderungen sind hier zwar komplexer, da mehrere hundert unterschiedliche Gewerbearten vom Produkt bis zur IT zu berücksichtigen sind, trotzdem hat sich andsafe rasch Alleinstellungsmerkmale und den gewünschten Entwicklungsvorsprung erarbeitet.
Die Entscheidung für einen eigenen Risikoträger ermöglicht uns, die notwendige Umsetzungsgeschwindigkeit aufzunehmen, um in agilen Prozessen digitale Produkte zu konzipieren. Die Vermittlungsgesellschaft würde bedeuten, dass wir Abhängigkeiten zu den Risikoträgern aufbauen. Diese hätten uns wahrscheinlich langsamer und unflexibler gemacht. Zusätzliche Schnittstellen bedeuten zusätzlichen Abstimmungsbedarf. Als eigener Risikoträger konnten wir unsere IT-Infrastruktur so gestalten, dass sie unsere digitalen Prozesse vollumfänglich unterstützt und wir die nötige Geschwindigkeit bieten können.
In der Zwischenzeit ist eine digitale Versicherungsplattform entstanden, die in einzigartiger Weise klassische und digitale Vertriebskanäle zusammenbringt. Von den Ausschließlichkeitsvertrieben des Provinzial NordWest Konzerns über Sparkassen und Maklern bis hin zu Vergleichern wie z. B. Thinksurance sowie Aggregatoren wie Gewerbeversicherung24, FinanzChef24, Verivox oder FinanzScout24 wird alles vernetzt. Ausgehend von simplen, intuitiven Antrags- und Schadenstrecken sowie Portalen auf andsafe.de werden ebenso bequeme Einbindungen bzw. Anbindungen von Intermediären und Vertriebspartnern über BiPro-Schnittstellen und Vermittlerportale bereitgestellt. Sämtliche Oberflächen und Dokumente sind whitelabel-fähig gestaltet und bieten andsafe Produkte unter den Marken der Schwestergesellschaften sowie unter eigenem Label an.
Als aktiver Digitalversicherer besitzt andsafe eine BaFin-Lizenz. Wie bewertest du das aktuelle regulatorische Umfeld in Deutschland? Welche Änderungen würdest du begrüßen, damit auch in Deutschland ein besseres Umfeld für die Gründerszene vorherrscht? Inwiefern hat es euch geholfen, einen namhaften Versicherer im Rücken zu haben?
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Durch die jahrelange Erfahrung und das Know-how des Mutterkonzerns konnte andsafe überhaupt erst in dieser Geschwindigkeit entstehen. Bei bestimmten Schlüsselfunktionen steht man uns weiterhin im Konzern mit Rat und Tat zur Seite. Trotzdem es aufgrund unterschiedlicher Faktoren, wie z. B. unserer umfänglichen Cloud-Nutzung schon arbeitsintensiv war, die BaFin-Lizenz zu erhalten, und es einen guten Teil unserer Arbeit ausmacht, regulatorische Anforderungen angemessen zu erfüllen, muss man auch anerkennen, in welch kurzer Zeit die Aufsicht geliefert hat. Wir hatten in den letzten zehn Jahren mehr Neueintritte in den Markt als in den Jahrzehnten zuvor. Vor diesem Hintergrund, kann man nicht wirklich sagen, dass das regulatorische Umfeld den Marktzugang wesentlich behindert.
Start-Ups wollen sich nicht tagelang mit Versicherungen beschäftigen
Eure Zielgruppe sind digitalaffine Gewerbekunden aus dem Bereich der Kleinunternehmen. Warum glaubt ihr, gerade die Kleinunternehmer mit eurem Leistungsangebot besonders gut erreichen zu können?
Im Vorfeld haben wir uns sehr intensiv mit dem digitalen Versicherungsmarkt auf der Anbieter- und Nachfrageseite beschäftigt. Insbesondere die für Gewerbekunden relevanten Aggregatoren zeigen, dass gerade Existenzgründer, die wiederum als „Kleinunternehmer“ starten, ihren Bedarf an Versicherungsschutz zunehmend online einkaufen. Produktseitig sind wir für Kleinunternehmer/Gründer besonders attraktiv, da wir die Preisberechnung sehr vereinfacht haben – insbesondere, wenn es um sogenannte Mischbetriebe geht, d. h., dass der Kunde eine Vielzahl von unterschiedlichen Dienstleistungen anbietet, z. B. Hausmeisterservice mit Winterdienst und Grünpflege.
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So war in der Vergangenheit vielfach der Kunde damit überfordert, das Risikoprofil in der Betriebshaftpflichtversicherung objektiv zu beschreiben. Welche Betriebsart ist bei Beantragung des Versicherungsschutzes heranzuziehen? Mit andsafe haben wir diese Problematik gelöst. Wir fragen heute ausschließlich nach der umsatzstärksten Betriebsart. Alle weiteren Betriebsarten gelten auf dieser Basis mitversichert. Weiterhin ist die Festlegung der risikorelevanten Betriebsart (höchstes Risiko) eine Herausforderung, die oft nur schwer überwunden werden konnte.
In der Entwicklung, aber auch im laufenden Betrieb, werden die andsafe-Produkte permanent mit Kunden getestet, um dafür zu sorgen, dass sie den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen und sie kontinuierlich zu optimieren. Als digitaler Versicherer können wir täglich neue Features veröffentlichen und daher optimal am Kunden ausgerichtete Gewerbeprodukte platzieren. Dadurch garantieren wir dauerhaft die am Markt notwendige und von Kunden erwartbare Entwicklungsgeschwindigkeit. Wir arbeiten iterativ, immer wieder und fortlaufend mit Kundentests. Wir nehmen sowohl die Produktlösungen als auch die Antrags- und Beratungsstrecken und probieren diese mit potentiellen Kunden aus. Alles, was zu lange dauert oder zu unverständlich bzw. aus Kundensicht nicht nachvollziehbar ist oder sich zu komplex anfühlt, wird nicht weiterverfolgt. Davon profitieren insbesondere Kleinunternehmen, da auch diese in der Implementierungsgeschwindigkeit deutlich flexibler sind und schneller agieren können, als Großunternehmen. Features, die wir schnell an den Markt bringen, können kleine Unternehmen in der Regel schneller in ihre Strukturen einbinden.
Im Schadenfall kann unser Kunde die Schadenmeldung online vornehmen und die Dokumente uploaden, weitere Dokumente nachreichen und den Schadenstatus regelmäßig tracken, um den Weg der Bearbeitung nachzuvollziehen. Wir versuchen so, dem Kunden neben konventionellen Wegen alle Services auch digital zur Verfügung zu stellen. Da wir jedoch neben der Homepage von andsafe auch über zahlreiche weitere Kanäle für unsere Kunden erreichbar sind, z. B. über die Provinzial-Agenturen und die der Hamburger Feuerkasse, die Sparkassen und einschlägige Makler, wählt der Kunde seinen Weg aus. Unsere digitalen Services erhält er in jedem Fall.
Unser Ziel ist es, Kunden eine intuitive, schnelle und bequeme Infrastruktur zu bieten. Und dieses unter der Maßgabe, dass wir unter Preis/Leistungsgesichtspunkten topplatzierter Anbieter sind. Neu gegründete Unternehmen möchten sich auf ihr eigenes Produkt, auf ihr Vorrankommen, auf ihr Wachstum fokussieren und sich nicht tagelang mit Versicherungen beschäftigen.
Im Vertrieb setzt andsafe auf eine Multikanalstrategie und nutzt die Ausschließlichkeitsvertriebe des Konzerns, Sparkassen, Makler, Vergleichsplattformen bzw. Aggregatoren. Ist es kein Widerspruch, als Digitalversicherer auf konventionelle Vertriebswege, wie z. B. die Ausschließlichkeit, zurückzugreifen? Welche Vorteile seht ihr in dieser Vertriebsstrategie?
Mit der Einbeziehung der Vertriebspartner aus dem Konzern und der Sparkassen eröffnen wir diesen Vertriebswegen erstmals einen Einstieg in digitale Vertriebsprozesse, die den klassischen stationären „Offline-Vertrieb“ ergänzen. Mit andsafe erreichen wir auch den hybriden Kunden, der sich im Internet über Versicherungsschutz informiert und dort rechnet bzw. vergleicht, den Abschluss aber mit Einbeziehung eines Beraters vornimmt. Unsere Ausschließlichkeit und unsere Sparkassen können andsafe auf ihren Homepages anbieten oder interessierten Kunden einfach einen Link zur Verfügung stellen, über den er dann einen Abschluss tätigen kann. Auch wenn alle andsafe-Kunden über ihr Kundenportal z. B. einen Schaden melden können, besteht der Bedarf, hier unterstützt zu werden. Und genau hier können sich unsere AO und unsere Sparkassen mit ihrem Beratungsangebot positionieren. So bringt andsafe in einzigartiger Weise klassische und digitale Vertriebskanäle zusammen. Alles ist vernetzt.
andsafe verfügt über virtuelle, cloudbasierte Rechenzentren, die flexible Anpassungen und hohe Entwicklungsgeschwindigkeiten erlauben. Welche weiteren wesentlichen Vorteile seht ihr in der ausschließlichen Nutzung cloudbasierter Dienste? Welche Herausforderungen ergeben sich in diesem Zusammenhang?
Für den IT-Betrieb setzen wir vollständig auf die AWS-Cloud. Ein durchgängiger Infrastructure-as-code-Ansatz sorgt dafür, dass diese sich flexibel den aktuellen Bedürfnissen anpasst und dabei stets auf dem neuesten Stand der Technik ist. So werden nur verwendete Technologien und Leistungen bezahlt und noch wichtiger, kurze Bereitstellungs- und Änderungszyklen erreicht. adesso as a service unterstützt uns bei der Cloud-Betriebsführung. So kann sich das andsafe-IT-Team auf die Dinge konzentrieren, die für den Kunden Mehrwert stiften.
Antrags- und Beratungsstrecken, Kundenportal, Vermittlerportal und BiPro-Schnittstellen werden von uns selbst entwickelt. Diese individuell gestalteten Bereiche stellen das nach außen sichtbare Alleinstellungsmerkmal von andsafe dar. Sie basieren auf einer modernen Microservice-Architektur sowie state-of-the-art Frontendtechnologien und -designs. Im Backend setzen wir auf das Kernversicherungssystem in|sure der adesso insurance solutions GmbH. Dieses liefert zusammen mit Umsystemen alle benötigten Funktionalitäten für die rasche Produktentwicklung und digitale Betriebs- und Schadenprozesse.
Und zum Schluss: Wo steht andsafe in 5 Jahren?
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Wir liefern Versicherungen in hoher individueller Qualität und das state-of-the-art in puncto Geschwindigkeit, Bequemlichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Wir erreichen damit den online-affinen sowie den hybriden Kunden. Bislang ist die Disruption in der Assekuranz ausgeblieben; wir wollen deutliche Veränderungen einleiten und den Markt in Bewegung bringen. Wenn man betrachtet, wo wir nach einem Jahr stehen, dann werden wir erfolgreich sein.
- Bislang ist die Disruption in der Assekuranz ausgeblieben
- Start-Ups wollen sich nicht tagelang mit Versicherungen beschäftigen