Makler sollten vom Bauchladen ablassen
Auch kleine Maklerbetriebe stehen unter Druck. Ihnen machen die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie etwa IDD und DSGVO zu schaffen. Aber auch viel zu komplexe Arbeitsprozesse sind für viele Vermittler ein Hemmschuh. Warum sich Makler dennoch nicht weiter als nötig von Pools abhängig machen sollten, erklärt uns Hartmut Goebel, Vorstand beim Maklerpool germanBroker.net aus Hagen.
- Makler sollten vom Bauchladen ablassen
- Makler sollten sich nicht weiter als nötig vom Pool abhängig machen
Wir wollen auf das Versicherungsjahr 2020 blicken, soweit dies möglich ist. Können Sie kurz einen Ausblick geben, was Ihr Pool in diesem Jahr plant? Sind neue Projekte angedacht — welche?
Anzeige
Wie auch in den Jahren zuvor setzen wir stark auf den weiteren Ausbau unserer digitalen Angebote. Hier haben wir bereits viel erreicht, wollen den Maklern aber zukünftig noch besser Verschnittstellungen und Services bieten, die den Arbeitsalltag in allen Phasen der Kundenbetreuung erleichtern. Unser Produktangebot optimieren wir jährlich im Rahmen fester Nachverhandlungsrunden. Einen besonderen Blick richten wir zukünftig auf das Angebot nachhaltiger Produkte und arbeiten aktuell an einem besonderen Angebot in dieser Richtung.
Ein immer wichtiger werdendes Thema ist die Nachfolgeplanung in den Maklerbetrieben. Wir bieten unseren Partnern neben der Kontaktvermittlung zwischen Käufern und Verkäufern auch ein Beratungsangebot. Als Ergänzung unseres Jungmaklernetzwerkes wollen wir dieses um ein Nachwuchsförderprogramm für betriebsinterne Nachfolgen erweitern. Über ein eigenes Angebot zum Ankauf von Maklerbetrieben und Beständen denken wir ebenfalls nach.
In welchen Sparten/Versicherungsarten erwarten Sie eine besonders positive Entwicklung in diesem Jahr, vielleicht sogar überraschend?
Durch die jährlichen Nachverhandlungen für unsere ohnehin schon sehr gut aufgestellten Deckungskonzepte, erwarten wir hier auch in diesem Jahr ein überdurchschnittliches Wachstum in den privaten SachHU-Sparten. Wir sind in diesen Bereichen seit Gründung kontinuierlich gewachsen und wollen den Weg auch weiter beschreiten. Dies belegt deutlich, dass neben dem guten Preis- und Leistungsangebot unsere festen Servicestandards und kurzen Bearbeitungszeiten sowohl beim Makler, als auch beim Versicherungsnehmer punkten.
…und wo wird es aus Ihrer Sicht 2020 kriseln? Sehen Sie vielleicht sogar „tote Pferde“, auf die man im Maklervertrieb besser nicht mehr setzen sollte? Der Niedrigzins setzt besonders die Lebensversicherer unter Druck, aber auch Sparten wie die PKV. Hat das Auswirkungen auf Ihr Neugeschäft, so dass Sie zum Beispiel verstärkt auf andere Policen und Produkte setzen wie z.B. das Sach- Kompositgeschäft?
Aus der Historie bedingt ist unser Schwerpunkt immer schon im Bereich des privaten Kompositgeschäftes gewesen. Die Bereiche gewerbliches Geschäft sowie Personenversicherung sind erst im späteren verlauf hinzu gekommen. Dennoch entwickeln sich diese ebenfalls sehr positiv, vermutlich auch wegen der besonderen Leistungen, die wir für unsere Netzwerkpartner aushandeln konnten. Im schwieriger gewordenen Personenversicherungsbereich punkten wir durch besondere bAV und bKV Angebote, welche z.B. über eine eigene Arbeitgeber Benefit-Plattform abgewickelt werden können. Die angeschlossenen Makler unterstützen wir bei der Produktauswahl durch Bilanzkennzahlenanalysen und Produktnavigatoren. Besonders in Krisenzeiten ist eine gute Produkt und Versichererauswahl wichtig. Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung wird immer mehr zum komparativen Vorteil im Niedrigzinsumfeld.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen speziell für Versicherungsmakler 2020? Und wo sehen Sie die Chancen im Maklervertrieb?
Anzeige
Die größte Herausforderung für Versicherungsmakler sehen wir zum einen in der Erfüllung der gesetzlichen Rahmenbedingungen – IDD und DSGVO haben gerade kleineren Betrieben das Leben nicht unbedingt einfacher gemacht. Zum anderen müssen die Betriebe versuchen, die Komplexität in Ihren Arbeitsabläufen zu reduzieren und die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Gute digitale Angebote und die Unterstützung durch einen qualifizierten Maklerpool/Servicegesellschaft helfen hier. Grundsätzlich sehen wir die Zukunft der Beratung, insbesondere bei komplexen Produkten und im gewerblichen Geschäft, weiterhin beim Versicherungsmakler.
Makler sollten sich nicht weiter als nötig vom Pool abhängig machen
Auf der DKM 2019 wurde auffallend häufig die zunehmende Abhängigkeit der Versicherungsmakler von großen Pools und der Rückgriff auf standardisierte Vergleichsprogramme diskutiert. Dies könne stark vereinfacht dazu führen, dass man sich eher dem Pool als dem Kunden verpflichtet fühle, von „Pseudomaklern“ ist die Rede. Wie positionieren Sie sich dazu?
Die Entwicklungen im Markt zeigen immer mehr, dass ein wirtschaftlicher Erfolg ohne Poolanbindung sehr schwierig wird. Die verschiedenen Anbieter gehen hierbei unterschiedliche Wege. Die Makler sollten den Fokus auf die Bewahrung einer autonomen Datenhaltung legen, um sich nicht weiter als nötig vom Pool abhängig zu machen.
Anzeige
Zu viele Maklerbüros arbeiten am Rand der Existenz: eine BVK-Studie zeigte jüngst, dass sie im Schnitt weniger verdienen als Vertreter. Der Provisionsdeckel für die Lebensversicherung könnte die Situation noch verschärfen. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen hierfür?
Einer der Gründe für diesen Zustand ist sicherlich die fehlende Digitalisierung sowie viel zu komplexe Arbeitsprozesse in den Betrieben. Durch den Prämienverfall, der durch Vergleichssysteme wie Check24 ausgelöst wurde, bleiben dem Makler immer kleinere Beträge, von denen der Kunde mit dem gleichen Service versorgt werden muss. Steigende Schadenfrequenzen erhöhen den Druck weiter. Wirtschaftlich kann nur noch arbeiten, wer die Prozesse weiter automatisiert und so Raum schafft für gute Kundenberatung. Makler sollten vermehrt den Fokus auf klare Zielgruppen fokussieren anstelle eines “Bauchladens“. Viele Beispiele aus unserer Maklerschaft zeigen, dass auch ein „Einzelkämpfer“ wirtschaftlich sehr erfolgreich sein kann.
In diesem Jahr stellt die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Ergebnisse vor, wie die gesetzliche Rente über das Jahr 2025 hinaus reformiert werden soll. Das kann der Versicherungsbranche und Vermittlerschaft nicht egal sein. Welche Hoffnungen/ Erwartungen haben Sie, wenn nun die Weichen für die Zukunft der Rente gestellt werden?
Mit Einführung der Grundrente steigt der steuerfinanzierte Anteil an den Renten weiter an. Umso wichtiger ist es daher, dass privatwirtschaftliche Angebote wie die neue Extrarente mit entsprechenden Zulagen gleichermaßen gefördert werden.
Verfolgt man den Diskurs zur Reform der Rente, schält sich heimlich ein Favorit heraus: ein Staatsfonds nach dem Vorbild Schwedens oder Norwegens als quasi vierte Säule der Altersvorsorge, der auch am Aktienmarkt investieren darf. Er findet parteiübergreifend Fürsprecher, wenn auch mit verschiedenen Modellen. Wie positionieren Sie sich dazu — und müssten Sie sich mehr Sorgen um das Altersvorsorge-Neugeschäft machen?
Ein Staatsfondsmodell mit sehr niedrigen Verwaltungskosten in Kombination mit einem Obligatorium wäre ein fundamentaler Markteingriff und würde das AV-Geschäft in seiner Breite treffen. Negative Auswirkungen auf den Vermittlermarkt wären eine unmittelbare Folge.
Die Nachwuchsprobleme der Branche sind offensichtlich, der Altersschnitt liegt bei 50 Jahren. Was tun Sie, um 2020 den Nachwuchs zu fördern?
Als Vizepräsident des BDVM e.V. bemühe ich mich um die Verbesserung des Berufsbildes und engagiere mich im Rahmen des gemeinsam entwickelten Jungmaklernetzwerkes. Die germanBroker.net AG bildet jährlich zum Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzdienstleistungen aus. Im Rahmen des Projektes „Maklernachfolge“ werden wir uns in die Nachfolgesuche und Förderung weiter einbringen.
Mehrere Brancheninitiativen wie ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG e.V. wollen den Ruf des Versicherungsvertriebs aufpäppeln: auch aufgrund mitunter einseitig negativer Presse, die zu Vertrauensverlust beiträgt. Was kann und muss aus Ihrer Sicht getan werden, um das Image der Branche zu verbessern?
Anzeige
So begrüßenswert diese Initiativen sind, so wenig können sie gegen eine veröffentlichte Meinung, befeuert durch „Verbraucherschutz“ ausrichten. Regulatorik und die abnehmende Bedeutung von Abschlussprovisionen sorgt aber bereits heute dafür, dass in erster Linie qualifizierte und intrinsisch motivierte junge Leute in den Beruf gehen. Der demografische Wandel macht sie zu einer stark umworbenen Gruppe. So entsteht langfristig ein neues Selbstbewusstsein der Berufsträger. Onlineportale werden zu Massenveranstaltungen, persönliche Beratung bleibt zukünftig denjenigen „vorbehalten“, die es sich leisten können und wollen!
- Makler sollten vom Bauchladen ablassen
- Makler sollten sich nicht weiter als nötig vom Pool abhängig machen