Herr Allesch, das neue Coronavirus hat Deutschland fest im Griff, viele Deutsche arbeiten im Home Office. Wie stark sind Sie von der Pandemie und den Einschränkungen des öffentlichen Lebens betroffen - und wie halten Sie den Geschäftsbetrieb aufrecht?

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Unsere Büros sind nahezu leer, da unser komplettes Innendienstteam, unser Außendienst und die IT seit dem 17.3. aus dem Homeoffice arbeiten. Aus den Abteilungen Marketing und Produktmanagement sitzt jeweils eine Person im Büro, weil diese mit dem Fahrrad anreisen und im Büro konzentrierter arbeiten können. Glücklicherweise sind wir ein digitales Unternehmen und sind schon seit langem Homeoffice-fähig. Somit waren wir sofort handlungsfähig, um unsere Mitarbeiter und Teile der Gesellschaft zu schützen.

Dennoch war der Start ein echter Stresstest für uns. Denn, ob zehn bis 20 oder über 40 Personen von zuhause arbeiten, das ist schon ein echter Unterschied. Wir haben deshalb bestimmte Regeln und Zielsetzungen entworfen. Das Feedback der Versicherungsmakler zeigt, dass uns diese Umstellung geglückt ist. Unsere Teams organisieren sich inzwischen komplett digital. Sie halten tägliche Meetings per Videochat ab, tauschen sich im Messenger über themenbasierte Kanäle aus und begrüßen sich morgen digital im Kanal „dit & dat“. So, als würden sie eine Begrüßungs-Tour durch unsere Büros drehen!

Karsten Allesch ist geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Maklerverbunds (DEMV).DEMV

Was sind häufige Fragen, mit denen Makler und Geschäftspartner nun an Sie herantreten?

Wir ermöglichen Maklern schon lange ortsunabhängig zu arbeiten und haben über die vergangenen Jahre diverse Features und Werkzeuge in unsere Maklerplattform integriert. Demnach erreichen uns derzeit vor allem Anfragen, wie Makler diese Tools, z.B. unsere Digitale Verkaufsmappe, in der Onlineberatung einsetzen können. Dieses Tool unterstützt Makler in der Beratung zu komplexen Themen wie Altersvorsorge oder privater Krankenversicherung mit interaktiven Grafiken, Fallbeispielen oder einer personalisierten Finanzanalyse, die Kunden jederzeit online aufrufen können.

Aber auch eine fachliche Frage kocht immer wieder hoch: Welche Versicherung zeichnet noch Betriebsschließungsversicherungen? Wir geben unseren Maklern inzwischen fast täglich Updates, denn es gibt immer noch Versicherer, die das tun. Auch wenn Medien oder Pools anderes verbreiten! Den größten Informationsbedarf haben eigentlich neu hinzukommende Mitglieder. Die möchten Antworten und Lösungen, wie sie ihr Maklerhaus jetzt schnellstmöglich digital aufstellen können.

Die Bundesregierung plant nach aktuellen Berichten ein Hilfspaket für Soloselbstständige und Kleinunternehmer: 10 Milliarden sollen als direkte Zuschüsse fließen, 30 Milliarden als Darlehen. Wie können Makler die finanzielle Durststrecke überbrücken? 


Zuallererst: Die Zusagen der Regierung sind gut und richtig. Dennoch sollten Makler die aktuelle Situation aktiv angehen und sich nicht auf staatliche Hilfe verlassen, egal wie groß diese ausfallen. Wir werden mit einer bewusst herbeigeführten Reduzierung der Nachfrage konfrontiert, weil soziale Kontakte eingeschränkt werden sollen, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen. Unsere Branche verkauft letztlich digitale Produkte, oder anders formuliert: Wir verkaufen Sicherheit in unsicheren Zeiten. Wer möchte beispielsweise nicht seine Wartezeit beim Arzt verringern, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren? Ich habe gestern mit unseren Maklerbetreuern ein Onlinemeeting gehabt und nachgefragt, wie sorgenvoll unsere Mitglieder in die Zukunft blicken. Nahezu alle Makler sind sich sicher, die Krise zu überstehen. Viele haben sogar deutlich mehr Kundenanfragen als üblich.

Welche Makler sind aus Ihrer Sicht nun besonders bedroht? Und welche könnten die Krise gut meistern?

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Alle Makler müssen sich jetzt das eigene Geschäftsmodell sehr genau anschauen. Die aktuelle Diskussion um alle Bereiche der Wirtschaft zeigt bereits jetzt, dass es wie in jeder Krise leider zuerst die Kleinen treffen wird. Diese haben häufig kaum finanzielle Rücklagen. Zudem sind Makler, die das reine Personen-Versicherungsgeschäft betreiben, ebenfalls stärker betroffen. Hier sollte man sich Gedanken machen, wie es kurzfristig möglich ist, sich breiter aufzustellen. Da können auch Weiterbildungen helfen, die vielfach online möglich sind, etwa über unsere Weiterbildungsplattform. Makler mit großen Sachbeständen und kontinuierlichen Einnahmen können zweifelsohne etwas gelassener in die Zukunft blicken.

Krise als Chance?

Versicherungsbote: Was können Versicherungsmakler aus der aktuellen Krise lernen? Vielleicht sogar, um gestärkt daraus hervorzugehen?

Karsten Allesch: Versicherungsmakler haben jetzt die Möglichkeit endlich die Dinge im Unternehmen anzugehen, die aus reiner Bequemlichkeit immer wieder aufgeschoben wurden. Es entsteht ein Handlungsdruck, der dazu führt, gegenüber neuen Ideen zugänglich zu sein. Die Erhöhung des Digitalisierungsgrads ist der beste Schutz für die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Daher bietet die Krise Maklerhäusern mittel- bis langfristig die Chance, dauerhaft von einer Erhöhung zu partizipieren, auch wenn aktuell vielerorts schwarz gemalt wird.

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Unprofessionelle Strukturen, wie die Nutzung von mehreren Maklerverwaltungsprogrammen, Microsoft-Office-Ordnerstrukturen, Hängeregistratur etc. bindet Maklerhäuser zeitlich und räumlich. Mit einer professionellen 360-Grad-Maklerplattform können sie einen digitalen Arbeitsplatz für alle anfallenden Tätigkeiten im Maklerbüro einführen und somit sicherstellen, dass Mitarbeiter und Unternehmer den Geschäftsbetrieb uneingeschränkt aus dem Homeoffice aufrecht erhalten können. Bisher verlieren Maklerhäuser viel Zeit durch Verwaltungsaufwand, die sinnvoller in die Kundenberatung und Kundenakquise investiert werden könnte.

Das Thema Online-Beratung ist plötzlich in aller Munde. Welche Tools brauchen Makler, um nun mit den Kundinnen und Kunden in Kontakt zu treten? 


Es ist gelernte Branchenpraxis, dass der persönliche Kontakt Ausgangspunkt für eine hohe Abschlusswahrscheinlichkeit ist. Eine qualitativ hochwertige Beratung muss nicht persönlich erfolgen. Ein entscheidendes Qualitätsmerkmal guter Beratung liegt darin, den Bedarf des Kunden zu prüfen und dies in der Vermittlung von Versicherungsprodukten zu berücksichtigen. Fragebögen zur Bedarfsermittlung gibt es als digitale Tools, sodass Kunden diese Fragen bequem am Smartphone beantworten können.

Wichtig für eine erfolgreiche Onlineberatung ist ein strukturierter Gesprächsablauf. Makler müssen sicherstellen, dass sie ihren Kunden alle relevanten Informationen vermitteln, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Professionelle Meetingsoftware bietet die Möglichkeit, den Bildschirm mit Kunden zu teilen oder Gespräche aufzuzeichnen und ermöglicht die Teilnahme mit jedem Endgerät. Wichtig ist eine hohe Benutzerfreundlichkeit der Software, um sicherzustellen, dass auch technisch weniger versierte Kunden problemlos an der Beratung teilnehmen können.

Anbieter gibt es viele, Zoom, Skype, Google Hangouts oder Go To Meeting. Eine vollumfängliche Maklerplattform muss die Möglichkeit bieten, das digital geführte Gespräch im Anschluss nachzuvollziehen, beispielsweise weil diese mit einer Kunden-App verbunden ist. Eine gute automatisierte Dokumentation erhöht Transparenz und Vertrauen. Kunden sollten im Nachgang problemlos Zugang zu allen Informationen des Gesprächs sowie der konkreten Empfehlung des Maklers haben.

Gibt es bei der Online-Beratung juristische Fallstricke zu beachten? Etwa mit Blick auf Datenschutz, Gültigkeit von Unterschriften, Geldwäschegesetz etc.?

Rechtssicherheit ist der Punkt, auf den Makler großen Wert legen sollten. Wir empfehlen unseren Maklern eine Meetingsoftware einzusetzen, bei der beispielsweise eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet ist. Wenn Kunde und Versicherungsmakler derzeit nicht mehr persönlich zueinander finden können, bietet die digitale Unterschrift eine praktische Lösung für einen digitalen Abschluss. Mit wenigen Klicks können Makler und Kunde Anträge im PDF-Format rechtssicher online unterschreiben und zurücksenden. Kunden erhalten die Unterlagen dazu über einen sicheren Kanal. Im Fokus sollte jetzt stehen, die Handlungsfähigkeit im Unternehmen zu erhöhen. Und auch wenn Juristen sich jetzt die Haare raufen: Details lassen sich häufig auch im Nachgang klären.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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  • Coronavirus: "Viele Versicherungsmakler haben sogar deutlich mehr Kundenanfragen!"
  • Krise als Chance?