Deutschland ächzt unter der Coronakrise: Viele Firmen mussten vorübergehend schließen oder ihre Arbeit deutlich reduzieren, damit sich das Virus nicht weiter ausbreitet. Wann sich die Situation wieder normalisieren wird, ist aktuell nicht absehbar: Das Robert-Koch-Institut (RKI) rechnet mit monatelangen Einschränkungen. Schon deutet sich an, dass viele Unternehmen diese Durststrecke nicht ohne Hilfe überleben werden. Die Restaurantkette Vapiano musste in den letzten Tagen Insolvenz anmelden, auch die Steakhaus-Kette Maredo. Besonders betroffen sind das Gastronomiegewerbe, Veranstalter und deren Dienstleister, die Touristikbranche.

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In dieser Zeit erhofft man sich schnelle und unbürokratische Hilfe auch von der privaten Versicherungswirtschaft. Doch viele Versicherer stellen sich nun quer, schenkt man zwei Medienberichten Glauben. Und das verärgert aktuell viele Versicherungsmakler. Sie fühlen sich und ihre Gewerbekunden in Stich gelassen.

Betriebsschließungsversicherungen - Was ist wie versichert?

Konkret geht es um Betriebsschließungs- oder All-Risk-Versicherungen. Mit ihnen können sich Betriebe unter anderem für den Fall absichern, dass sie aufgrund einer behördlichen Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) dicht machen müssen. Mit solcher einer Police können sich viele der jetzt betroffenen Branchen schützen: Hotels, Restaurantbetreiber, Catering-Services, Kitabetreiber und Ladeninhaber.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) beklagt aktuell jedoch, dass sieben Versicherer erst einmal jede Kostenübernahme für Schäden durch die Coronakrise ablehnen. Das berichtet am Mittwoch das Versicherungsmagazin. "Da bekleckern sich meines Erachtens die Unternehmen in einer solchen schwierigen historischen Situation nicht mit Ruhm. Es kann gut sein, dass sie bei solchen Ablehnungen das politische Berlin wachküssen“, wird Thomas Haukje zitiert, Präsident des BDVM.

Es ist das Kleingedruckte

Die Begründungen der Versicherer, warum sie sich nun querstellen, sind verschieden. So berufe sich die Haftpflichtkasse Darmstadt (HKD) laut dem Maklerbund darauf, dass präventive Maßnahmen von Behörden nicht mitversichert seien - obwohl Prävention ausdrücklich Kern des Infektionsschutzgesetzes ist. Geht es doch darum zu verhindern, dass sich Menschen anstecken und das Virus weiter verbreiten.

In anderen Fällen betrifft das "Nein!" die konkrete Ausgestaltung der Verträge und Klauseln. So kann es den versicherten Betrieben auf die Füße fallen, dass das neue Coronavirus erst seit wenigen Monaten bekannt ist - und folglich in Altverträgen nicht explizit genannt wird. Das Virus SARS-CoV-2/Covid-19 wurde erst am 30.01.2020 vom Bundesgesundheitsministerium in die Liste meldepflichtiger Krankheiten aufgenommen.

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So verweigern laut Versicherungsmagazin unter anderem die Württembergische und die R+V den Schutz, weil das Coronavirus in den eigenen Verträgen nicht ausdrücklich aufgeführt werde: Im Vertragstext seien die auslösenden Krankheiten für Betriebsschließung namentlich und abschließend aufgelistet. Pech für die Firmen, die teils seit langer Zeit ihre Policen halten - und sich gegen Seuchen versichert wähnten.

Nicht alle Versicherer stellen sich quer

Trotzdem gibt es auch bei jenen Versicherern, die alle versicherten Krankheiten in den Bedingungen auflisten und Corona nicht nennen, ein mögliches Hintertürchen. Sie beziehen sich häufig auf Paragraph 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Dort sei auch von "einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, die nicht bereits ... meldepflichtig ist", die Rede, so berichtet die Süddeutsche Zeitung. Ob hier doch gezahlt werden muss, könnte folglich noch die Gerichte beschäftigen.

Mehrere andere Versicherer prüfen individuell und nach Einzelfall, berichten das „Versicherungsmagazin“ und die „SZ“ weiter übereinstimmend. Zu ihnen gehören die Allianz und die Axa. Dennoch stößt die aktuelle Praxis bei vielen Versicherungsmaklern auf Unverständnis:

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Ohnehin würde nur ein Bruchteil der versicherten Betriebe Schutz bei Betriebsschließung genießen, im Gastronomie- und Hotelgewerbe etwa 25 Prozent, sagte BDVM-Chef Haukje dem Versicherungsmagazin. Zudem sei der Schutz oft auf wenige Tage limitiert und die vereinbarten Summen seien gedeckelt: für die Versicherer voraussichtlich zu verschmerzende Beträge. Nun erwarten die Firmen lange Rechtsstreite, wo schnelle Hilfe gefragt wäre. Man habe einigen Versicherern schon „unsere Bedenken, nein unseren Ärger mitgeteilt“, so der Verbandschef.

Manche Versicherer zahlen

Dass es auch anders geht, zeigen Versicherer, die für Betriebsschließungen auch im Falle der Corona-Prophylaxe zahlen. Zu ihnen gehören laut Süddeutscher Zeitung die Signal Iduna, die viele Handwerksfirmen versichert hat. Und auch die Talanx-Tochter HDI habe zeitig ihr Vertragswerk angepasst und Corona eingeschlossen. Bei der HDI betreffe dies All-Risk-Policen mit einem erweiterten Infektions- und Seuchenbaustein.

Haften im Zweifel Makler?

Mit dem fehlenden Schutz vieler Betriebe rückt auch das Haftungsrisiko für Versicherungsmakler selbst in den Blick. Können Makler von Betrieben wegen fehlender Pandemie-Versicherungen verklagt werden?

Zwar sei das Risiko gering, erklären die Fachanwälte Bernd Müller und Dieter Olejar von der Kanzlei für Versicherungs- und Sozialversicherungsrecht DVR gegenüber fondsprofessionell.de. Die Versicherer hätten derartige Policen schließlich bisher kaum angeboten, einen derartigen Ausnahmezustand habe es im Nachkriegs-Europa bisher zudem nicht gegeben, trotz der Sars-Pandemie 2002/03. Dennoch: "Eventuelle Haftungsansprüche wegen fehlender Risikoabsicherung anderer Konstellationen sind aber zu prüfen", sagt Rechtsanwalt Müller.

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Auch die beiden Anwälte haben noch einen Hinweis parat. "Im aktuellen Ausnahmezustand sind Versicherungsvertragsunterlagen dahingehend zu prüfen, ob bei Betriebsschließungspolicen 'unbenannte Gefahren' mitversichert und in diesem Fall auch einschlägig sind", erklärt Rechtsanwalt Müller gegenüber fondsprofessionell.de. Sei dies der Fall, könnten Klagen von Betrieben gegen Versicherer Erfolg haben, falls diese nicht zahlen wollen.

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