Mit einer Betriebsschließungsversicherung können sich Unternehmer auch für den Fall absichern, dass sie aufgrund einer behördlichen Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) dicht machen müssen. Theoretisch, denn ausgerechnet in der Coronakrise stellen sich viele Versicherer quer und wollen nicht zahlen: selbst, wenn die Betroffenen gegen meldepflichtige Krankheiten abgesichert sind. Seit Tagen ist das Thema in den Medien, nachdem auch Versicherungsmakler die Dickköpfigkeit der Assekuranzen scharf kritisiert haben: unter anderem berichtete die Süddeutsche Zeitung über diese Fälle.

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Einer der Mahner, dass es so nicht geht, war der Bund Deutscher Versicherungsmakler (BDVM). Der Verband legt nun mit einem Pressestatement nach, in dem er die Praxis der Versicherer erneut anprangert: und einen Vorschlag unterbreitet, wie den betroffenen Kundinnen und Kunden doch geholfen werden kann. Ein Solidarfonds der Branche soll es nun richten. Auch, um das Image der Versicherer wieder geradezurücken.

“Die meisten Versicherer mit ablehnender Haltung“

Zu Beginn des Statements schildert der BDVM noch einmal die Ausgangssituation. Die Gewerbeversicherer wollen für Betriebsschließungen infolge der Corona-Krise aktuell nicht zahlen. „Als klare Linie ist erkennbar, dass die meisten Versicherer hier eine ablehnende Haltung einnehmen“, berichtet der geschäftsführende Vorstand Hans-Georg Jenssen in dem Papier.

Die Gründe, weshalb sich die Versicherer quer stellen, werden nicht explizit genannt. Der Versicherungsbote hatte bereits zwei Argumentations-Taktiken vorgestellt. Zum einen argumentieren die Anbieter, dass sie für präventive Betriebsschließungen nicht aufkommen müssten: wenn also kein Krankheitsfall im Unternehmen auftritt, sondern dieser nur vorsorglich geschlossen wird. So argumentiert unter anderem die Haftpflichtkasse Darmstadt (HKD). Eine umstrittene Ansicht: Ist es doch gerade Sinn und Zweck des Infektionsschutzgesetzes, zu verhindern, dass eine ansteckende Krankheit weiter um sich greift - und zwar präventiv zu verhindern.

Zweiter Grund für die ablehnende Haltung: Die Versicherer berufen sich darauf, dass zwar auch Betriebsschließungen im Rahmen des Infektionsschutzes versichert seien: das neue Coronavirus COVID-19 aber nicht. Denn dieses ist eben neu und wurde erst im Januar 2020 vom Bundesgesundheitsministerium in die Liste meldepflichtiger Krankheiten aufgenommen, fehlt folglich in vielen Altverträgen. Hier argumentieren Versicherer wie zum Beispiel die Württembergische und die R+V, sie müssten ausschließlich bei jenen Krankheiten leisten, die namentlich im Vertrag genannt werden. Pech für die Firmen, die teils seit langer Zeit ihre Policen halten - und sich gegen Seuchen versichert wähnten.

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Einstandspflicht tatsächlich nicht gegeben?

Aus Sicht des BDVM ist es aber gar nicht so klar, ob sich die Gewerbeversicherer mit ihren Argumenten vor Gericht durchsetzen können. Mit zahlreichen Schreiben an die Gesellschaften hat der Verband bereits seinen Standpunkt vertreten, dass „nach unserer Meinung bereits die Auslegung der Bedingungen eine Einstandspflicht ergibt.“ Zudem verweist der Verband auf Paragraph 1a des Versicherungsvertragsgesetze (§ 1 a VVG), der die Versicherer gerade bei der Schadenabwicklung verpflichte, im besten Interesse der Kunden zu handeln. „Dies führt zu der Frage, ob der Maßstab „im besten Interesse“ nicht auch die Auslegung der Bedingungen bestimmt“, schreibt Vorstand Jenssen.

harte Linie führt zu Vertrauensverlust

Der BDVM gibt zu bedenken, dass sich die ablehnende Haltung der Versicherungsbranche als Bumerang entpuppen könnte. Behalten die Versicherer ihre harte Linie bei, müssten sie einerseits lange Rechtsstreite über mehrere Instanzen fürchten, bei denen letztendlich doch eine Niederlage drohe. Sogar eine Musterfestellungsklage sei denkbar: Dass sich viele Firmen unter einem Verband organisieren, um gemeinsam gegen die Versicherer zu klagen.

Noch schwerer aber wiege der drohende Vertrauensverlust bei Bürgern und Politik - Der sich in der Annahme manifestiert, Versicherer seien Neinsager und vor allem auf ihren eigenen Profit bedacht:

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„Eine Vielzahl von Kunden, die von der Leistungsablehnung betroffen sind, werden ihr Vorurteil bestätigt sehen, wenn es darauf ankommt, leisten Versicherer eben doch nicht. Gegen diese Sichtweise wird die Versicherungswirtschaft auch mit den besten Argumenten ihrer Aktuare und Versicherungsjuristen kaum gegen ankommen“, schreibt Jenssen. Bei den Bürgerinnen und Bürgern bleibe der Eindruck hängen, „in letzter Konsequenz kann man sich – wie in der Finanzkrise – nur auf den Staat verlassen“.

Ein Solidaritätsfonds - der gar nicht so gewaltig wäre

Für die Versicherungsbranche steht also viel auf dem Spiel - auch mit Blick auf andere Angebote, etwa die private Altersvorsorge. Aus Sicht des BDVM könnten die Versicherer aber ein Zeichen setzen und sich als verlässlicher Partner zeigen - mit einem Solidaritätsfonds, um daraus Kundinnen und Kunden zu entschädigen. Einen solchen Fonds über 200 Millionen Euro gibt es zum Beispiel bereits in Frankreich, berichtet Jenssen.

“Wäre es nicht für die Versicherungswirtschaft insgesamt eine Chance, jetzt zum Beispiel zu überlegen, für die Betroffenen der Betriebsschließungsversicherungen, die ja (angeblich) keinen Versicherungsschutz haben sollen, einen solchen Solidaritätsfond über zum Beispiel 200 Millionen Euro aufzulegen?“, fragt Jenssen. „Dann könnte die Versicherungswirtschaft die Auszahlungsregeln vorgeben, zum Beispiel, dass kleine Betriebe 75 Prozent der denkbaren Ansprüche eines bestimmten Zeitraums erhalten und größere Betriebe nur 50 Prozent und die maximal Entschädigung überdies gedeckelt wäre“.

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Bedingung, um Geld aus dem Fonds zu erhalten, sei freilich, dass die Firmen im Gegenzug auf Klagen gegen die Versicherer verzichten: also eine Art Vergleichsangebot. Ohnehin sei das Kostenrisiko für die Branche nicht so hoch. Im vielfach betroffenen Gastronomie- und Hotelgewerbe seien nur etwa 25 Prozent der Unternehmer mit einer Betriebsschließungs-Police abgesichert, berichtete BDVM-Präsident Thomas Haukje bereits vor wenigen Tagen dem Versicherungsmagazin. Zudem sei der Schutz oft auf wenige Tage limitiert und die vereinbarten Summen seien gedeckelt. Für die Versicherer voraussichtlich zu verschmerzende Beträge: jedenfalls leichter zu verschmerzen als ein massiver Vertrauensverlust.

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