Hinzuverdienst: „Kostet" ab einer bestimmten Höhe einen Teil der Rente

Verdienen sich Rentnerinnen und Rentner neben ihrer gesetzlichen Rente etwas dazu, kann dies zu Abzügen bei der gesetzlichen Rente führen – statt der vollen Rente gibt es dann nur die so genannte „Teilrente“. Das trifft zu, sobald die so genannte „Hinzuverdienstgrenze Rente “ überschritten wird. Bedingungen hierfür gibt seit 2017 das so genannte Flexirentengesetz (FlexiG) vor: Seitdem gilt eine jährliche statt einer monatlichen Grenze und ermöglicht den Rentnerinnen und Rentnern, innerhalb eines Jahres flexibel mit Bezügen aus Rente und Nebenverdienst zu kalkulieren. Schon diese Reform hatte zum Ziel, Ruheständler*innen zur Jobaufnahme in Teilzeit zu motivieren. Freilich: Dennoch wurde der Hinzuverdienst für Altersvollrentner auf 6.300 Euro pro Kalenderjahr begrenzt.

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Ab Hinzuverdienstgrenze der Rente: Abzüge von 40 Prozent

Sobald nun diese 6.300 Euro Zuverdienst überschritten werden, greifen normalerweise die Regeln des Paragraphen 34 aus dem Sechsten Sozialgesetzbuch (SGB VI): Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in der Rente setzt ein zweiteiliges Prüfverfahren in Gang. Zum einen wird der Hinzuverdienst wieder auf den monatlichen Wert herunter gerechnet. Und 40 Prozent aller Beträge, die die Hinzuverdienstgrenze überschreiten, werden von der Vollrente abgezogen – es gibt demnach nur noch die so genannte „Teilrente“ als Rentenleistung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ab Hinzuverdienstdeckel: Abzüge von 100 Prozent

Doch damit nicht genug. Denn der Gesetzgeber will zudem vermeiden, dass Altersrente plus Zuverdienst den Verdienst der letzten 15 Jahre vor Rentenbeginn überschreiten. Aus diesem Grund wird nun auch noch ein individueller Wert für den Hinzuverdienstdeckel berechnet, und zwar jeweils mit Stichtag zum 01.07. eines jeden Jahres: Die durchschnittlich gezahlte Rente des zurückliegenden Kalenderjahrs an die Rentnerin oder den Rentner wird zunächst auf den Monat heruntergerechnet (die „Monatliche Bezugsgröße“ gemäß Paragraph 18 Abs. 1 SGB IV). Danach wird dieser monatliche Wert mit den höchsten Entgeltpunkten multipliziert, die innerhalb eines Jahres in den letzten 15 Jahren vor Rentenbeginn erworben wurden – der Entgelt-Faktor dieser Multiplikation bildet demnach den höchsten Verdienst der letzten fünfzehn Jahre vor Rentenbeginn ab. Als Ergebnis erhält man den Hinzuverdienstdeckel. Und alle jene Beträge, die sowohl die Hinzuverdienstgrenze als auch diesen Deckel überschreiten, werden nicht zu 40 Prozent, sondern zu 100 Prozent von der Rente abgezogen.

„Sozialschutz-Paket“: Sonderregel mit Aussetzen des Deckels

Jedoch: Mit dem Sozialschutz-Paket hat der Bundestag nun zum 27. März 2020 ein Gesetz beschlossen, dass die Regeln zum Hinzuverdienst zeitweise außer Kraft setzt – und zwar zum Vorteil der Rentner. Denn die Hinzuverdienstgrenze der Rente wird um sagenhafte 38.290 Euro angehoben – statt 6.300 Euro im Jahr dürfen nun 44.590 Euro im Jahr hinzuverdient werden. Mehr noch: Mit der Maßnahme geht einher, dass der Hinzuverdienstdeckel keine Anwendung mehr findet. Möglich wird dies durch einen neuen Absatz an Paragraph 302 SGB VI.

Demnach können nun jährlich bis zu 44.590 Euro abzugsfrei hinzuverdient werden. Alle Beträge, die diese hohe Grenze übersteigen, werden zudem zu 40 Prozent, nicht aber zu 100 Prozent von der Vollrente abgezogen. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit neben der Rente wird demnach wesentlich attraktiver.

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Freilich: Die Regelung gilt als Ausnahme und „Sonderfall“ während der Corona-Krise – Anwendung findet sie (auch rückwirkend) vom 01. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020. Demnach ist zu erwarten, dass ab 2021 die alten Regeln wieder in Kraft treten.

Gefährdete ältere Menschen: Wichtige Nebenberufler während der Corona-Krise?

Wie aber ist der Widerspruch zu erklären, dass ältere Menschen zum einen die Öffentlichkeit meiden sollen, um eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu vermeiden - dass nun aber zum anderen die Bundesregierung just diese Menschen zur Aufnahme von Nebentätigkeiten neben der Rente ermutigen will? Dass Personalmangel in vielen Bereichen u.a. der Gesundheitsversorgung und Pflege, aber auch in Bereichen wie der Erntehilfe droht, ist offensichtlich. So sah sich Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) mit gestrigem Datum sogar gezwungen, Bürger zur freiwilligen Hilfe bei der Ernte aufzurufen, wie das ZDF berichtete. Würden doch noch hunderttausende Helfer für die Ernte fehlen – zu erwarten sind nicht nur verheerende wirtschaftliche Folgen für die Landwirte, sondern fehlende Ernten schaffen auch ein Versorgungsproblem für die Bevölkerung.

Bei ähnlichen Verorgungsproblemen könnten nun auch ältere Menschen in Nebentätigkeiten eine wichtige Rolle spielen – vielleicht nicht bei der Erntehilfe, aber zum Beispiel bei der Versorgung und Pflege anderer älterer Menschen, die während der Krise auf Hilfe angewiesen sind. Und vielleicht spielen Senioren mit Nebenjob hier sogar eine Schlüsselrolle, sobald es darum geht, den Kontakt zu jüngeren Menschen und damit die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. In einem solchen Kontext könnten Nebentätigkeiten Älterer tatsächlich helfen, die Versorgung der Bevölkerung in Zeiten der Corona-Krise aufrechtzuerhalten.

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