Corona: Versicherungen sehen sich nicht in der Verantwortung zu zahlen
Trotz abgeschlossener Versicherungen sorgen sich viele Betriebe aufgrund der aktuellen Situation um das Coronavirus um ihre Existenz. Die Versicherungen meinen, der Versicherungsfall trete nicht ein – Experten sehen das anders. Betriebe hoffen auf Unterstützung.
Versicherungen zeigen eine leistungsablehnende Haltung ihren Kunden gegenüber
In Zeiten der Coronakrise fallen vielen Unternehmen die Einnahmen weg. Wenn sie Glück haben, haben sie für den Schadensfall eine Betriebsunterbrechungsversicherung oder eine Praxisausfallversicherung abgeschlossen. Um den finanziellen Schaden auffangen zu können, hoffen betroffene Betriebe also auf ihre Sachversicherung.
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Doch trotz Deckungserweiterung für behördliche Schließungen nach dem Infektionsschutzgesetz weigern sich die Versicherungen zu zahlen. Ihrer Auffassung nach seien die Konsequenzen der Coronakrise nicht durch den Versicherungsschutz gedeckt. Schließlich handelt es sich um einen neuartigen Virus, der weder in verschiedenen Versicherungsbedingungen noch im Infektionsschutzgesetz vorkommt. Gegen diese Haltung erfahren die Versicherer nun Gegenwind von verschiedenen Seiten.
Solidaritätsfonds soll Lösung bieten
Um Betriebe finanziell zu unterstützen und teilweise dadurch ihre Existenz zu retten, fordert der Bund Deutscher Versicherungsmakler die Versicherungswirtschaft auf, einen Solidaritätsfonds aufzulegen. Dies verkündete der Bund über eine Pressemitteilung. Darin heißt es: „Wäre es nicht für die Versicherungswirtschaft insgesamt eine Chance, jetzt z.B. zu überlegen, für die Betroffenen der Betriebsschließungsversicherungen, die ja (angeblich) keinen Versicherungsschutz haben sollen, einen solchen Solidaritätsfond über z.B. 200 Mio. Euro aufzulegen.“ Der Vorteil sei, dass die Versicherungen selbst die Auszahlungsregelungen vorzugeben. Diese könnten zum Beispiel enthalten, dass kleine Betriebe 75 Prozent der denkbaren Ansprüche eines bestimmten Zeitraums erhalten und größere Betriebe nur 50 Prozent.
Gemäß § 1 a VVG ist der Versicherer dazu verpflichtet, bei der Schadenabwicklung im besten Interesse des Kunden zu handeln. Dieser Fall trete durch die aktuelle Situation ein. „Eine Vielzahl von Kunden, die von der Leistungsablehnung betroffen sind, werden ihr Vorurteil bestätigt sehen, wenn es darauf ankommt, leisten Versicherer eben doch nicht“, so der BDVM. Der Fonds sei dementsprechend gleichzeitig eine Chance, den Ruf der Versicherungsbranche zu verbessern. Anderenfalls drohen den Versicherungen vermehrt Klagen ihrer Kunden, vermutet der Bund.
Anwälte prüfen die Versicherungsbedingungen
Verschiedene Betriebe haben sich bereits aufgrund der Leistungsverweigerungen ihrer Versicherungen an Rechtsanwälte gewandt. „Wir haben das jetzt mehrfach geprüft und sind da zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen“, so Rechtsanwalt Markus Mingers. Seine Kanzlei betreut derzeit bereits verschiedene Betriebe, die im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus behördlich geschlossen wurden. Er ist der Ansicht, dass die Betriebe gute Chancen haben, Zahlungen der Versicherer zu erhalten. „Denn in den Versicherungsbedingungen der Sachversicherer steht, dass bei Betriebsschließungen aufgrund von infektiösen Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz genau diese Police ziehen soll. Natürlich ist das Coronavirus nicht explizit genannt, darauf bezieht sich der Versicherer, aber den kannte ja auch bis dahin keiner. Von daher gehen wir sehr fest davon aus, dass hier diese Betriebsschließung mitversichert ist und wir gehen da jetzt ran für unsere Mandanten.“
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Die meisten Versicherungen beziehen sich in ihren Bedingungen auf §6 Infektionsschutzgesetz. Noch im Januar 2020 wurde der betreffende §6 Infektionsschutzgesetz durch eine Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit erweitert und schließt neuerdings „das Auftreten einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit“ ein, worunter auch das Coronavirus fällt.