Gewerbeversicherung: Coronakrise dürfte Prämien verteuern
Unternehmen und Gewerbetreibende werden sich infolge der Coronakrise auf steigende Versicherungs-Prämien einstellen müssen. Zu dieser Einschätzung kommt Deutschlands größtes Maklerhaus. Mancher Schutz könnte sogar komplett vom Markt verschwinden.
In der Gewerbe- und Industrieversicherung müssen sich Unternehmen und Gewerbetreibende auf steigende Prämien einstellen. Das sagt Jan-Oliver Thofern, Deutschland-Chef des Versicherungsmaklers Aon, dem „Handelsblatt“ (Mittwoch).
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"Hinweise auf Prämiensteigerungen"
„Es gibt Hinweise darauf, dass wir Prämiensteigerungen in vielen Sparten sehen werden – auch in der Rückversicherung“, wird Thofern zitiert. Aon ist selbst auf Rückversicherungen und Gewerbe-Lösungen spezialisiert und gilt als der weltweit größte Versicherungsmakler. Die Kosten der Coronakrise für die Branche sind enorm. Laut „Handelsblatt“ schätzt der britische Versicherungsmarkt Lloyd’s of London, dass die Versicherer weltweit mit bis zu 203 Milliarden US-Dollar (rund 180,43 Milliarden Euro) für Corona-Schäden einstehen müssen.
Deutliche Teuerungen seien etwa bei Betriebsunterbrechungs-Versicherungen zu erwarten, sagt Thofern. Doch diese Policen könnten darüber hinaus weltweit hohe Folgekosten in der Rechtsschutzversicherung hervorrufen, woran die Branche nicht ganz unschuldig ist. In vielen Staaten will das Gros der Versicherer seine Gewerbe-Kundinnen und Kunden nicht voll entschädigen, wenn sie ihren Betrieb zur Verhinderung von Covid-19 vorsorglich dicht machen mussten. Hier ist eine Klagewelle zu erwarten, für die die Rechtsschutz-Anbieter selbst aufkommen müssen.
Eventuell sind bestimmte Risiken künftig gar nicht mehr versicherbar, gibt der Experte zu bedenken. „Die grundsätzliche Frage ist, ob man eine Deckung gegen Betriebsschließungen im Pandemie-Fall in Zukunft überhaupt noch kaufen kann“. Keine unbegründete Sorge: Vergangene Woche hat die Versicherungsbranche ein Positionspapier vorgelegt, in dem sie einen gemeinsamen Rettungsschirm von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand forderte. Auch der Dachverband der Versicherer GDV argumentiert, dass Pandemie-Risiken von den privaten Versicherern allein nicht abgesichert werden können (der Versicherungsbote berichtete).
Veranstaltungs- und D&O-Versicherungen vermutlich teurer
Aber auch bei der Versicherung von Großveranstaltungen und von Hypothekendarlehen seien tiefe Spuren zu erwarten, argumentiert der Makler-Experte. Kein Wunder: Laut einer Vereinbarung von Bund und Ländern bleiben Großveranstaltungen bis Ende Oktober verboten, nachdem bereits ab Mitte März bundesweit alle entsprechenden Events abgesagt werden mussten. Fraglich ist, ob sie dieses Jahr überhaupt wieder stattfinden dürfen.
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Aber auch bei Policen, die das mögliche Fehlverhalten von Managern absichern, könnten Belastungen entstehen, argumentiert der Aon-Deutschland-Chef: bei sogenannten Directors-and-Officers-Versicherungen. Konkrete Gründe hierfür nennt Thofern zwar nicht. Doch aktuell sehen sich viele große und kleine Firmen mit finanziellen und sogar existenzbedrohenden Problemen konfrontiert. Hier könnte bei der Aufarbeitung der Krise in vielen Firmen die Frage laut werden, ob sich die Manager und Vorstände angemessen und umsichtig verhalten haben.