Warum eine individuelle Nachfolge-Strategie sinnvoll ist
Die Unternehmensnachfolge will für Makler gut und professionell vorbereitet sein. Mit Blick auf den Ruhestand beschäftigt Versicherungsmakler häufig vor allem die Frage, wie sie einen geeigneten Nachfolger für den eigenen Bestand finden. Karsten Allesch weiß: Hierbei geht es für viele Makler um mehr als die bloße Verkaufssumme, die der Altersvorsorge dient. Der Geschäftsführer vom Deutschen Maklerverbund eröffnet deshalb in seinem Kommentar andere Perspektiven auf das Thema.
- Warum eine individuelle Nachfolge-Strategie sinnvoll ist
- Welches Modell ist das richtige?
- Was sollte vertraglich abgedeckt sein?
Der Traum von der Sonne Portugals hat mich vor einigen Wochen mit einem langjährigen Partner unseres Verbunds auf eine Tasse Tee zusammengeführt. Er ist seit über 40 Jahren Makler im Großraum Hamburg und möchte nun mit seiner Frau zusammen mehr Zeit im Ruhestand genießen. Saisonal gern in Portugal, um dem manchmal so tristen Hamburger Wetter während Herbst und Winter zu entfliehen.
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Stellvertretend für eine Vielzahl von Maklern, mit denen ich ähnliche Gespräche seit einigen Monaten vermehrt führe, nenne ich ihn Wolf-Dieter. In den vergangenen 25 Jahren hat er als selbstständiger Makler einen ansehnlichen Kundenbestand in den Bereichen Sach und Vorsorge aufgebaut. Er wollte sich mit mir darüber unterhalten, wie wir ihn bei seinen Plänen für den Ruhestand unterstützen können.
Das Gespräch hat mir erneut vor Augen geführt, dass Technik nicht immer ein derart dominanter Faktor im Versicherungsgeschäft war. Ein wirklich guter Bestand, der heute zum Verkauf steht, hat seine Qualität vor allem deshalb, weil er oft seit mehr als 20 Jahren mit viel analogem Einsatz gepflegt wurde. Dank hoher Beratungskompetenz und zwischenmenschlicher Fähigkeiten sind im persönlichen Miteinander vertrauensvolle und starke Kundenbeziehungen aufgebaut worden.
Die richtige Vorbereitung ist Gold wert
Vielen Maklern und Vermittlern, die sich aktuell mit dem Thema der Nachfolge beschäftigen, geht es deshalb darum, das eigene Lebenswerk in kompetente Hände zu übergeben. Das Gespräch mit Wolf-Dieter, rund um sonnige Nachmittage in Faro, hat aber auch deutlich gemacht, dass jeder Fall anders zu betrachten ist. Es müssen viele Klippen bei der Unternehmensnachfolge umschifft werden.
Idealerweise startet die Planung mehrere Jahre vor dem anstehenden Verkauf. Klar ist: Je größer der Zeitdruck, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Makler keinen Nachfolger nach Ihrem Geschmack finden. Oder sie verkaufen den Bestand unter Wert. Wie aber geht man eine solche Planung sinnvollerweise an?
Maklerverwaltungsprogramme (MVP) sind der Schlüssel zur erfolgreichen Vorbereitung in der Nachfolgersuche. Insbesondere umfassende 360-Grad Maklerplattformen bieten die Chance, den kompletten Versicherungsbestand zu digitalisieren und zu verwalten. Dabei ist es egal, ob Verträge über Direktvereinbarungen oder Maklerpools laufen.
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Sind in der digitalen Kundenakte alle Verträge und Dokumente, wie Anträge und Beratungsdokumentationen, hinterlegt, ist die schrittweise oder sofortige Einarbeitung des Nachfolgers problemlos möglich. Auch bieten fortschrittliche Softwarelösungen die Möglichkeit, den Wert des Bestands transparent zu machen.
Welches Modell ist das richtige?
Makler sollten sich genug Zeit nehmen, um herauszufinden was ihnen wichtig ist: Hoher Verkaufspreis oder Verrentung? Oder Run-off, sprich: das Auslaufen-lassen der Verträge bei kalkuliertem Bestandsabrieb? Im Gespräch mit Wolf-Dieter haben wir die drei gängigen Modelle ausführlich auf Vor- und Nachteile für ihn geprüft. Er kann sich durchaus vorstellen, Teilzeit weiter am Bestand zu arbeiten. Grundsätzlich war er jedoch an einem kompletten Verkauf interessiert.
Geht es darum, einen Nachfolger zu finden, muss einiges im Vorfeld geklärt werden. Wie soll die Übergangsphase gestaltet werden? Und ist eine zwischenzeitliche Zusammenarbeit mit dem Nachfolgemakler sinnvoll? Nur wenn Makler wissen, was ihnen wichtig ist, kann ein Bestandsverkauf auch wirklich in ihrem Sinne erfolgen.
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Es lohnt sich, grundsätzlich über Alternativen zum Verkauf nachzudenken, denn ein Run-off ist im Regelfall finanziell deutlich interessanter. Mit dem passenden Maklerverwaltungsprogramm ist der Zeitaufwand häufig deutlich niedriger als zunächst gedacht.
Wichtige Fragen für die Entscheidungsfindung
Der Bestand sollte also zwingend vollständig digitalisiert und über ein leistungsstarkes, onlinebasiertes MVP verwaltet werden, das viele Aufgaben automatisiert. Eine umfassende technische Plattform bietet beispielsweise integrierte Tools zur digitalen Kundenberatung. Möchte ein Makler im Falle eines Run-offs viel reisen oder einen zweiten Wohnort auf Faro haben, kann die Maklerverwaltungsplattform den Bedarf an persönlichen Terminen digital über Videoberatung, Screensharing und Apps lösen.
Es ist keine Seltenheit, dass ein hoch digitalisierter Kundenbestand mit ein bis zwei Stunden pro Tag verwaltet werden kann. Was aber tun, wenn es besonders beratungs- und zeitintensive Kunden gibt? Die Frage stand beim Gespräch zwischen Wolf-Dieter und mir auch im Raum.
In solch einem Fall kann es ratsam sein, diese Kunden beispielsweise an einen befreundeten Makler zu empfehlen. Der befreundete Makler hat somit die Möglichkeit, mit dem Kunden Neugeschäft zu machen und diesen als Empfehlungsgeber zu gewinnen.
Was müssen insbesondere Nachfolger beachten?
Fragen müssen sich auch Nachfolger stellen. Soll ein Bestand gekauft werden, ist auch hier elementar, wie digital der Bestand gepflegt wurde oder aufbereitet werden kann. Niemand sollte sich nach einem Bestandskauf durch dutzende analoge Aktenordner quälen müssen, um den ersten Kontakt mit einem Kunden aufzunehmen.
Stattdessen ermöglicht ein gutes 360-Grad-Maklerverwaltungsprogramm, gezielt mit Kampagnen sofort in die Kundenkommunikation einzusteigen.
Auch die Frage, wie der Kauf des Bestands finanziert werden kann, ist von grundlegender Bedeutung. Häufig kommen auf einen potenziellen Verkäufer bis zu 50 interessierte Nachfolger, wenn der Bestand ausgeschrieben wird. Davon sind aber in der Regel maximal zehn Käufer bonitätsstark genug, den Kaufpreis auf den Tisch zu legen.
Was ist ein angemessener Wert?
Ein Unternehmenskredit bei der Hausbank ist ein gängiger, aber langwieriger Weg, den viele Nachfolger zur Finanzierung eines Bestandskaufes gehen. Die Gefahr ist, dass sich der Verkäufer in der Zwischenzeit mit einem anderen Kaufinteressenten einigt.
Eine andere für beide Seiten attraktive Möglichkeit ist die Verrentung. Bei diesem Modell partizipiert der Verkäufer in den Jahren nach dem Verkauf weiterhin an der Bestandspflege (oder es werden feste, wiederkehrende Raten vereinbart), ohne dass er als Makler tätig ist. Der Käufer muss hingegen nicht finanziell in Vorleistung gehen und kann risikofrei den Bestand übernehmen. Im Durchschnitt werden bei einer Verrentung etwas höhere Kaufpreise bezahlt.
Da die Preise für Versicherungsbestände in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken sind, werden Alternativen für viele Versicherungsmakler attraktiv. Deshalb ist auch Wolf-Dieter seit unserem Austausch an anderen Modellen abseits des Verkaufs interessiert.
Der Wert eines Bestandes bemisst sich aus einer Vielzahl an Faktoren: Entscheidend sind neben Kriterien wie Digitalisierungsgrad auch Gesichtspunkte wie Durchschnittsalter der Kunden, Anzahl an Verträgen pro Kunde und vor allem die Verteilung der Einnahmen auf die einzelnen Sparten. Für die Verhandlungen ist es in der Regel übrigens nahezu überflüssig, ein Wertgutachten erstellen zu lassen.
Was nützt ein teures Gutachten eines Spezialisten, das dem Bestand einen hohen Wert zuschreibt, wenn es für diesen keine Käufer gibt? Wichtig ist vor allem, dass Makler für ihren Bestand mehrere Interessenten finden und einen realistischen Preis verhandeln. Der Wert ergibt sich ganz schlicht aus Angebot und Nachfrage.
Was sollte vertraglich abgedeckt sein?
Grundsätzlich gilt: Kaufverträge sind individuell und unterliegen der Vertragsfreiheit. Es gibt allerdings einige gängige Inhalte, die sich als übliche Praxis etabliert haben. So wird der Kaufpreis in der Regel gesplittet an den Verkäufer gezahlt, weil die Übertragung des Versicherungsbestandes bis zu sechs Monate dauern kann. So könnte vertraglich beispielsweise eine Vorabzahlung von 50 Prozent und eine zweite Zahlung der restlichen 50 Prozent nach der letzten Übertragung vereinbart werden.
Wichtig: Der Kaufpreis ermittelt sich sinnvollerweise aus dem tatsächlich übertragenen Kundenbestand. Werden einzelne Verträge nicht übertragen, etwa weil die Kunden nicht zustimmen, reduziert sich der Kaufpreis entsprechend. Dieser Fall kann im Abschlagsmodell mit der Schlussrate verrechnet werden.
Der Verkäufer sollte darüber hinaus verpflichtet werden, die Kunden über den Verkauf zu informieren und ihnen ein Widerspruchsrecht einzuräumen. Der verkaufende Makler kann anschließend den Nachfolger darüber informieren, welche Kunden der Übertragung widersprochen haben. Nur mit einem solchen Vorgehen sind die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zur Bestandsübertragung und Kontaktaufnahme durch den Nachfolger erfüllt.
Courtagen, die nach dem Bestandskauf noch an den Verkäufer fließen, sollten dem Käufer vertraglich garantiert werden. Dies kommt regelmäßig vor, da viele Versicherer mehrere Monate benötigen, bis der Gesamtbestand übertragen wurde.
Wie können Dienstleister helfen?
Dienstleister wie Maklerverbünde helfen nicht nur bei der Digitalisierung des Bestands oder einer selbst pflegenden Kundenverwaltung. Vielmehr entwickeln sich die besten zu Full-Service-Plattformen, wo auch das Thema Nachfolgeregelung unterstützt wird. Dies kann durch Checklisten, persönliche Hintergrundgespräche, Musterverträge oder ähnliches geschehen.
Noch wichtiger ist allerdings die Marktplatz-Funktion, indem die Dienste Käufer und Verkäufer zusammenbringen. Das umfasst beispielsweise die anonyme Ausschreibung mit Kennzahlen zum Bestand an andere Partner in der Region, die Vermittlung und Kontaktherstellung sowie final auch die Unterstützung, sofern beide Seiten nicht vollständig selbstständig verhandeln wollen.
Einigen sich Käufer und Verkäufer und der Bestand wird übertragen, zieht dies einen größeren Verwaltungsakt nach sich. Je besser die Maklerplattform ist, umso schlanker ist anschließend auch die Abwicklung. Ob der Aufbau neuer Direktvereinbarungen, damit der Bestand überhaupt erst übertragen werden kann, ob formale Prüfung auf Richtigkeit der Bestandsübertragung oder Weiterleitung: Der Verwaltungsaufwand im Anschluss an einen Kauf darf nicht unterschätzt werden.
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Wie Wolf-Dieter sich entschieden hat? Er hat zuhause mit seiner Frau gesprochen und gefragt, ob sie es aushält, wenn er in Faro mit dem Laptop den Großteil seines ruhigen Kundenstamms weiter betreut. Und für die besonders betreuungsintensiven Kunden gibt Wolf-Dieter das Maklermandat voraussichtlich ab und empfiehlt diese Kunden einem befreundeten jüngeren Makler.
- Warum eine individuelle Nachfolge-Strategie sinnvoll ist
- Welches Modell ist das richtige?
- Was sollte vertraglich abgedeckt sein?