Erstversorgung eines Rohrschadens – mit Ungeschick

Wasserrohrbrüche sind eine ärgerliche Sache. Das trifft umso mehr zu, sobald die Abwasserleitung der Toilette betroffen ist – zum Wasserschaden kommen dann noch unangenehme Gerüche durch Fäkalwasser hinzu. Ein solches Malheur erlitt ein Ehepaar, das in der Eigentumswohnung der Tochter zur Miete wohnt: Aufgrund einer undichten Stelle hinter dem WC lief Abwasser in den Wandbereich und in den Boden und hinterließ zum Feuchtigkeitsschaden einen unangenehmen Geruch.

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Und wie so oft bei einem Rohrbruch musste zunächst eine Firma eine schnelle Notreparatur übernehmen. Hierbei öffneten zwei Installateure eine geflieste Abdeckung hinter dem WC. Die Handwerker legten mehrere Leitungen und Ableitungsrohre frei und tauschten eine undichte Muffenverbindung sowie einen defekten Siphon aus. Ein Provisorium der Handwerker ermöglichte sodann die Weiternutzung der Toilette.

Freilich: Ganz ohne Pannen kam diese schnelle Erstversorgung des Schadens nicht aus. Denn bei den Arbeiten wurden einzelne Fliesen beschädigt aus den siebziger Jahren. Zudem platzte von einer Duschwanne – durch ungeschicktes Handeln der Handwerker – ein Stück Emaille ab. Welche Kosten nach einem solchen Schaden sind aber durch die Wohngebäudeversicherung gedeckt?

Reparatur des Schadens: Mit großem Aufwand

Die Eigentümergemeinschaft der Immobilie, in der die Eheleute wohnten, jedenfalls war optimistisch – und überschätzte in der Folge Ansprüche aus der Wohngebäudeversicherung wesentlich, wie ein Urteil des Landgerichts (LG) Münster mit Datum vom 19.09.2019 zeigt (Az. 15 S 23/15). Denn durch die Eigentümer wurden umfängliche Arbeiten in Auftrag gegeben, die der Versicherer erstatten sollte:

Nachdem verschmutzter Estrich und Putz zunächst komplett entfernt wurde, wurde ein neues WC installiert. Die Eigentümergemeinschaft wählte hierfür aber nicht das ursprüngliche bodenstehende WC. Stattdessen wurde ein neues Wand-WC eingebaut. Auch wurde die beschädigte Duschwanne komplett ausgetauscht, weswegen neue Rohre im Boden verlegt werden mussten. Und Ableitungen wurden komplett erneuert – nicht nur für die Toilette, sondern auch Ableitungen aus der Duschwanne, dem Waschbecken und aus einer neben dem Duschbad gelegenen Küche. Ein neuer Heizkörper wurde außerdem im Bad angebracht. Und statt dass einzelne defekte Fliesen ersetzt wurden, verfliesten die Handwerker Boden und Wände des Bads komplett neu.

Versicherer bezahlte Rechnungen nur anteilig

Letztendlich führten Art und Umfang der Arbeiten zu Kosten in Höhe von über 12.000 Euro. Die Eigentümergemeinschaft wollte den Betrag nun komplett durch den Wohngebäudeversicherer ersetzt haben. Das Versicherungsunternehmen verweigerte die Übernahme der Gesamtkosten allerdings und erstattete für verschiedene Rechnungen eines Ingenieurbüros und eines Malerbetriebs pauschal die Hälfte. Auch wurde ein Ersatz geleistet für Mietminderungen aufgrund der Bauarbeiten.

Damit aber betrachtete der Versicherer den Schaden bereits als überkompensiert. Denn schadensbedingt sei nur die Reparatur des Ableitungsrohrs an der Fliesenabkastung und allenfalls der Ersatz einiger weniger Fliesen erforderlich gewesen. Für die Neuverfliesung des kompletten Bads oder den Austausch von WC und Wanne nebst Leitungen sah sich der Versicherer hingegen nicht in der Einstandspflicht.

Freilich: Die Eigentümergemeinschaft der Immobilie sah dies anders. Eine Versammlung wurde einberufen, in der beschlossen wurde: Durch Ermächtigung der Tochter als Miteigentümerin darf der Mieter gegen den Versicherer klagen. Vor Gericht sollte erstritten werden: Der Versicherer leistet nicht hälftig, sondern begleicht die Rechnungen komplett. Und auch Reinigungskosten wollte man nun geltend machen – die Reinigung der Wohnung war nach dem Schaden in Eigenleistung des Ehepaars erbracht worden.

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Beschluss zur Klage schien gut begründet

Dass die Eigentümer meinten, die Versicherung müsste für alle veranlassten Arbeiten aufkommen, war auch keineswegs unbegründet:

  • So stammten die einzelnen Fliesen, die beschädigt wurden, aus den siebziger Jahren. Die Eigentümer glaubten, man könne diese Sorte nicht mehr nachkaufen. Und eine uneinheitliche Optik der Fliesen sei Mietern – in diesem Falle dem Ehepaar – nicht zumutbar. Deswegen schulde der Versicherer die Wiederherstellung des Originalzustands – und damit eine komplette Neuverfliesung.
  • Zudem hielt man sich den Austausch der Abwasserleitungen regelrecht zugute. Zwar waren die neuen Sanitärgeräte hierfür der Grund. Weil die ausgetauschten Leitungen und Rohre aber bereits in einem schlechten Zustand waren, drohten weitere Rohrbrüche. Somit sah man in der Erneuerung einen Dienst am Versicherer – die Einstandspflicht für den Tausch wurde mit abgewendeten Schaden begründet.
  • Und durch die Eigenleistung der Reinigung hätte das Ehepaar ja viel Freizeit eingebüßt, die man nun entgelten müsste. Auch hätte der Versicherer wesentlich mehr zahlen müssen, wenn eine Fachfirma die Reinigung übernommen hätte. Demnach stellte man auch geschätzte Kosten der Eigenleistung in Rechnung.

Eigentümergemeinschaft: erstreitet mit Teilsieg krachende Niederlage

Trotz dieser Argumente aber: Justitia meinte es nicht gut mit der Eigentümergemeinschaft. In Erstinstanz wurde die Klage des Mieters durch das Amtsgericht Münster zurückgewiesen (Az. 28 C 2205/15). Das wollten Mieter und Eigentümergemeinschaft freilich nicht hinnehmen – die Klage ging in Berufung vor dem Landgericht (LG) Münster. Und hier errang die Eigentümergemeinschaft jenen Teilsieg, der einer krachenden Niederlage gleicht:

Statt eines Streitwerts in Höhe mehrerer tausend Euro erstritt der klagende Mieter nur einen Betrag in Höhe von 49,31 Euro. Denn der Versicherer hatte einen offenen Materialposten nicht beglichen.

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Im Übrigen aber wurde die Klage abgewiesen. Zudem muss nun die Eigentümergemeinschaft zusätzlich die Kosten des Rechtsstreits tragen. Wie aber begründet sich, dass die Wohngebäudeversicherung für die meisten Kosten nicht einstehen muss?

Wichtiger Unterschied in den VGB: "zerstörte" und "beschädigte" Sachen

Dem Urteil des Landgerichts zugrunde liegen allgemeinen Wohngebäude- Versicherungsbedingungen (VGB) in der Fassung von September 2009. Diese unterscheiden streng zwischen „zerstörten“ Gebäuden oder Sachen und „beschädigten“ Gebäuden oder Sachen:

  • Gemäß Ziffer 26.1 dieser Bedingungen wird bei „zerstörten“ Sachen „der Versicherungswert" bei Eintritt des Versicherungsfalles ersetzt.
  • Bei „beschädigten“ Sachen hingegen werden "die notwendigen Reparaturkosten“ ersetzt zuzüglich „einer durch die Reparaturkosten nicht auszugleichenden Wertminderung.“

Optische Einbußen dürfen Mietern zugemutet werden

Die Kläger-Seite freilich wollte geltend machen: Eine Neuverfliesung wäre deswegen „notwendig", weil die beschädigten Fliesen aus den siebziger Jahren stammen und nicht mehr als Standard auf dem Markt erhältlich sind. Ein Auswechseln nur weniger Fliesen mit Fliesen einer fremden Sorte hätte demnach zu optischen Einbußen geführt, die einem Mieter nicht zugemutet werden können. Das Landgericht jedoch urteilte anders.

Hierfür spielte es nicht mal eine Rolle, dass ein Gutachten zeigte: Über den Spezialhandel mit Restbeständen sind die Fliesen dennoch auch aktuell erhältlich. Wichtiger für die Urteilsgründe ist: Optische Einbußen durch eine Reparatur dürfen einem Mieter durchaus zugemutet werden.

Für Einstandspflicht gilt ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer als Maßstab

Denn die Kostenübernahme für die Reparatur einer Sache bedeutet nicht, dass deren Originalzustand wieder hergestellt werden muss – auch eine Wertminderung kann in Kauf genommen werden. Statt für den Totalersatz leistet der Versicherer dann in der Summe nur für Reparatur und Wertminderung. Bei den Reparaturkosten gilt hierbei ein „verständiger, nicht versicherter Gebäudeeigentümer“ als Maßstab für die Einstandspflicht.

Ein solcher nicht versicherter Gebäudeeigentümer aber würde bei einzelnen beschädigten Fliesen keine komplette Neuverfliesung wählen. Führt eine Erneuerung aller Fliesen doch zu überproportional hohen Reparaturkosten – das Gericht bezeichnet eine derartige Maßnahme als „Luxusaufwand“. Für einen solchen Luxusaufwand aber muss der Versicherer nicht leisten.

Anders würde es sich nur verhalten, sobald der Versicherungsnehmer einen Totalschaden beweisen kann – dann nämlich müsste der Versicherer auch für eine Neuverfliesung leisten. Das aber gelang dem Kläger vor dem Landgericht in Münster nicht.

Versicherer haftet nicht für Schäden während der Reparaturarbeiten

Aber wie verhält es sich mit dem Schaden durch die schnelle Erstreparatur des Rohrbruchs? Muss der Versicherer zum Beispiel Kosten für das Auswechseln der beschädigten Duschwanne übernehmen? Auch hierfür steht der Versicherer laut Gericht nicht in der Einstandspflicht.

Das Gericht führt aus: Die Wohngebäudeversicherung leistet nur für jene erforderlichen Reparaturkosten, die objektiv am Schadenstag die Beseitigung des Schadens betreffen. Folgeschäden durch ungeschickte Handwerker hingegen sind nicht durch die Wohngebäudeversicherung gedeckt – hierfür haftet stattdessen die Handwerkerfirma.

Verletzte Pflicht zur Instandhaltung machte Auswechslung der Leitungen nötig

Die Eigentümergemeinschaft irrte sich auch mit ihrer Annahme, sie könne dem Versicherer den Austausch der maroden Leitungen in Rechnung stellen. Zwar bestritt das Gericht nicht, dass eine Komplett-Erneuerung der Leitungen dringend geboten war. Allerdings besteht hierfür eine Instandhaltungsobliegenheit im Sinne der Wohngebäude- Versicherungsbedingungen: Die Instandhaltung ist verpflichtende Aufgabe der Eigentümer.

Gemäß den Versicherungsbedingungen hat der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen und insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen stets in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. Treten Mängel oder Schäden auf, muss der Versicherungsnehmer diese unverzüglich beseitigen lassen. Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, dass Instandhaltungspflichten im Schadenfall einfach auf ein Versicherungsunternehmen abgewälzt werden.

Wenn also durch den schlechten Zustand viel ausgewechselt werden musste, deutet dies nur darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft zuvor ihre Instandhaltungsobliegenheit verletzte.

Reinigung in Eigenleistung: Wird vom Versicherer nicht erstattet

Zu guter Letzt war auch die Forderung nach Erstattung der Reinigungskosten nach Schadensbeseitigung unberechtigt. Denn zwar: Gebäudereinigungskosten gehören grundsätzlich zu den notwendigen Aufräumkosten im Sinne der Wohngebäudeversicherung und müssen vom Versicherer erstattet werden, sobald eine Fachfirma die Reinigung übernimmt. Das trifft jedoch nicht zu, sobald die Reinigung selbst durch Mieter oder Versicherungsnehmer vorgenommen wurde.

Denn für die Reinigung in Eigenleistung entstehen dem Versicherungsnehmer keine Kosten, führt hierzu das Landgericht aus. Und eine Einbuße an Freizeit, die der Kläger geltend machen wollte, ist laut Gericht nicht vom Versicherungsschutz einer Wohngebäudeversicherung gedeckt.

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Zur Beurteilung dieser Frage spielt es laut Gericht auch keine Rolle, ob dem Versicherer durch Beauftragung einer Fachfirma höhere Kosten entstanden wären. Sobald der Versicherungsnehmer selbst reinigt oder aufräumt, muss der Wohngebäudeversicherer hierfür nicht leisten. Das Urteil des Landgerichts Münster ist auf den Seiten der Justiz Nordrhein-Westfalens verfügbar.

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