Es hätte alles so schön sein können. Der Jungmakler B.*, wohnhaft in einer eher ländlichen Gegend, bekommt von einem renommierten Makler in der Großstadt H. das Angebot, als Gesellschafter in seine Firma einzutreten und später einmal sein Nachfolger zu werden.

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Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Keine Frage, dass so ein Vorschlag für einen jungen Mann am Anfang seiner Karriere verlockend ist. Schlagartig auf ein neues Level von einem kleinen Kundenbestand zu einer Firma mit tausenden Kunden zu kommen, hat seinen Reiz. Dazu der Wechsel von der Kleinstadt in eine Großstadt mit mannigfaltig kulturellem und sportlichem Angebot – einfach toll.

Komplexe Herausforderungen als Unternehmer

Natürlich kann so eine Konstellation des Einstiegs in eine bestehende Maklerfirma für den bisherigen Inhaber eine gute Nachfolgelösung sein. Aber für den potentiellen Nachfolger, der als Minderheitsgesellschafter ins Unternehmen kommt, gibt es mehr als eine Herausforderung, die nicht sofort zu überblicken ist. Gehen wir auf einige Aspekte mit dem Ziel ein, dass Jungmakler, denen sich so eine Chance bietet, fundierter entscheiden können, ob dieser Weg ihr Weg wird.

Als Geschäftsführer einer Maklerfirma übernimmt man Teile oder die ganze Verantwortung für alle strategischen Themen der Firma von der Ausrichtung auf Kundenzielgruppen, Spezialsierungen, Beratungsleitlinien bis hin zur technischen Aufstellung und Weiterentwicklung des Unternehmens. Dazu kommt die fachliche und organisatorische Führung der Mitarbeiter. Tagungen der Geschäftsleitung oder Teamsitzungen mit Mitarbeitern verändert den bisherigen Alltag als Kundenberater und Vermittler.

Der Schritt vom Einzelunternehmer zum Gesellschafter/Geschäftsführer einer größeren Maklerfirma bringt weitere neue Aufgaben mit sich. Allein das Thema Personalführung ist ein Komplex für sich. Der arbeitsrechtlich solide Umgang mit Themen wir Homeoffice, Urlaub, Schwangerschaft und Krankheit von Mitarbeitern braucht Basics vom Makler. Noch schwieriger wird es bei Konfliktthemen, Abmahnungen, Kündigungen oder arbeits-rechtlichen Auseinandersetzungen.

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Damit ist dieses Themenfeld der neuen Herausforderungen noch nicht erschöpft. Geschäftsführer von größeren Maklerfirmen sind oft auch im regionalen Netzwerk aktiv. VIP-Kunden wollen mit dem Geschäftsführer auf Augenhöhe verhandeln und oft ausschließlich von diesem betreut werden. Das persönliche Zeitmanagement wird gefordert und der Alltag ist neu zu strukturieren. Und wenn man dann, wie Jungmakler B., noch in eine neue Region und in den Kreis von neuen Mitarbeitern kommt, dann kann es kompliziert werden.

Die schwierige Rolle als Minderheitsgesellschafter

Der Name sagt es schon: Als Minderheitsgesellschafter hat man ein großes Problem. Er oder sie trägt Verantwortung und Haftung für das Unternehmen mit, kann aber grundlegende Dinge nicht allein entscheiden. Selbst wenn der Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführer eingesetzt ist, bedarf es vieler Abstimmungen, Überzeugung und Geduld, mit den Meinungen der anderen Gesellschafter, oder wie bei Makler S., mit den Eigenheiten des Mehrheitsgesellschafters umgehen zu können.

Erst die sogenannte magische Grenze von 25,1 Prozent der Gesellschaftsanteile setzt eine Sperrminorität gegen die Dreiviertelmehrheit. Was bedeutet das genau? Für eine sogenannte qualifizierte Mehrheit ist ein Gesellschafterbeschluss von 75 Prozent nötig. Besitzt der oder die Minderheitsgesellschafter 25,1 Prozent der Anteile, dann können sie zumindest bestimmte Beschlüsse verhindern.

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Unser Jungmakler B. wurde mit 24,9 Prozent eingekauft und damit bewusst von Beginn an aufs Abstellgleis geschoben. Wir haben mehrfach Fälle in der Praxis erlebt, dass man so junge Makler in Unternehmen gelockt hat und ihr Einsatz und ihre Arbeitskraft ausgenutzt wurden. Zu einer in Aussicht gestellten Nachfolge kann es mangels eines konkreten Vertrages und Fahrplan zur Umsetzung der Nachfolge nie.

Nicht umsonst wollen Investoren wie aus der TV-Show „Höhle der Löwen“ die benannten 25 Prozent plus eine Stimme, wenn es um den Einstieg in gewinnversprechende Start-ups geht. Für Beschlüsse, für die es die qualifizierte Mehrheit braucht, kommt die beschriebene Sperrminorität ins Spiel. Unbesehen davon ist der Teil der Entscheidungen, die ein Mehrheitsgesellschafter treffen kann, der mit mehr als 50 Prozent der Anteile besitzt.

Risiken für Haftung und Schadenersatzansprüche

Hier soll nicht zu stark in die juristischen Aspekte möglicher Haftungs- und sogar Schadenersatzansprüche eingegangen werden. Dafür sind Juristen und Gerichte da. Dennoch will ich als Unternehmensberater und Nachfolgeexperte darauf verweisen, dass in bestimmten Konstellationen der Mehrheitsgesellschafter Haftungs- und Schadenersatzansprüche gegen einen Minderheitsgesellschafter geltend machen kann.

Es lohnt sich ein Blick in das GmbH-Gesetz und in die jeweilige GmbH-Satzung, bevor man den Schritt als Anteilseigner geht. Schauen Sie sich an, wie die Einberufung der Gesellschafterversammlung und die Beschlussfassung konkret geregelt ist. Besonders interessant sind im GmbH-Gesetz die Paragrafen 49 und 50 (GmbHG). Hier geht es um die Einberufung der Gesellschafterversammlung und Beschlüsse.

Konkret heißt es da:

„(1) Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen.

(2) In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht zu verlangen, dass Gegenstände zur Beschlussfassung der Versammlung angekündigt werden.“

In dem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass in §47 (4) des GmbHG einen Gesellschafter aus der Abstimmung ausschließen kann, wenn über dessen eigene tatsächliche oder in Rede stehende Pflichtverletzung Beschlüsse oder sogar Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden sollen.

„Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei keim Stimmrecht....

Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die ... Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber dem Gesellschafter betrifft.“

4 Tipps für die Aufnahme als Minderheitsgesellschafter

Spezialisten für Gesellschaftsrecht können sicher Bücher dazu schreiben, was man als Minderheitsgesellschafter in einem Nachfolgeprojekt beachten sollte. Aus Fällen wie bei Makler B. oder auch bei Aufspaltungen von GmbHs durch Streitigkeiten von ehemals befreundeten Gesellschaftern einer Maklerfirma möchte ich vier Tipps herausgreifen und kurz schildern.

  • (A) Wie in anderen Fragen von Nachfolge und Übergabe von Maklerbeständen und Maklerfirmen sollten Entscheidungen Pro und Contra Beteiligung an einem Unternehmen, vor allem als Minderheitsgesellschafter, nicht unter Zeitdruck getroffen werden. Lassen Sie sich nicht von der „Chance des Lebens“ blenden. Erzeugter Zeitdruck hat immer Ursachen. Erkunden Sie diese Ursachen mit Sorgfalt und Unterstützung.
  • (B) Werden Sie sich über die Gesellschafterstruktur und deren Folgen bei der Entscheidungsfindung und zum Thema Gewinnausschüttung bzw. Verlustteilung klar. Schauen Sie sich die GmbH-Satzung ebenso ganz genau wie die Geschäftszahlen der letzten drei bis fünf Jahre an.
  • (C) Bevor Sie sich selbst mit Kapital in eine Gesellschaft einbringen um „Nachfolger“ zu werden, sollten Sie prüfen, ob es Alternativen zum Testen Ihrer Fähigkeiten gibt. Die Aufnahme einer Tätigkeit als angestellter Geschäftsführer ohne Gesellschafteranteile kann dafür ebenso ein Weg sein, wie eine stille Beteiligung mit klarer Vereinbarung und Fahrplan bis zum Kauf der Mehrheit am Unternehmen.
  • (D) Prüfen und besprechen Sie mit einem Experten den Gesellschaftervertrag und die Notwendigkeit der Anpassung. Viele GmbH-Satzungen aus dem Internet wurden für „sonnige“ Zeiten verfasst. Legen Sie auch Wert auf worst case – Szenarien, also wenn Gewitter aufziehen. Die Notwendigkeit für einstimmige Abstimmungsergebnisse kann ebenso gefährlich werden, wie Szenarien, in denen sie überstimmt werden können.

Ausschluss als Gesellschafter kann existenzielle Folgen haben

Unserem Makler B. ist es schlussendlich passiert: Er wurde als Gesellschafter ausgeschlossen und seine Gesellschaftsanteile wurde nach einer längeren strittigen Auseinandersetzung eingezogen. Von solchen Fällen hören wir im Alltag relativ wenig, aber diese sind möglich und finden statt. Schauen Sie sich als potentiell Betroffener die entsprechenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag an.

Neben dem Ausschluss können die Anteile eines Gesellschafters eingezogen oder für eine Zwangsabtretung verwendet werden. Entsprechende Beschlüsse können bei Vorlage entsprechender Gründe getroffen werden, ohne dass sich der Betroffene wehren kann. Dennoch gibt es auch hier Möglichkeiten der Abwendung, bei denen aber die Unterstützung eines Anwalts für Gesellschaftsrecht gefragt ist.

Makler B. konnte in unserem Fall eine Abfindungszahlung – manchmal auch Ausschlussgeld genannt – erwirken. Die Höhe der Abfindung bemisst sich nach dem Wert (Verkehrswert) des Unternehmens, der sich nach einem modifizierten Ertragswertverfahren richtet. Damit kamen wir wieder ins Spiel, denn die Wertermittlung ist Sache von spezialisierten Experten.

Fazit: In ein Unternehmen, besonders in eine Kapitalgesellschaft, als Gesellschafter einzusteigen, um in einer Nachfolgeregelung dann das Unternehmen komplett zu übernehmen, kann sehr attraktiv sein. Dennoch sollten umfangreiche Informationen vor Vertragsschluss eingeholt, gründlich in den aufgeführten Punkten geprüft und ein verlässlicher Plan zur Übernahme rechtsverbindlich erstellt werden.

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Vergewissern Sie sich über den Wert des Unternehmens, prüfen Sie die Geschäftszahlen der letzten drei Jahre und schauen Sie sich sehr intensiv die Satzung des Unternehmens an. Dann haben Sie viel getan, damit der Start in eine erfolgreiche Zukunft beginnen kann. Das wünscht Ihnen Ihr AssekuranzDoc.

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