Datengetriebene Versicherung – daran führt kein Weg vorbei
Aktuell ist zu lesen, dass Tesla in Europa Kfz-Versicherungen verkaufen und als Rundum-Dienstleister in Erscheinung treten will. So könnte das Unternehmen seinen Informationsvorsprung gegenüber etablierten Autoversicherern nutzen und monetarisieren. Fahrzeuge ließen sich nach einem Unfall in Partner-Werkstätten steuern, zusätzliche Carsharing-Angebote per App versichern oder Garantieleistungen für das gekaufte Auto über die Versicherung abwickeln. Erkenntnisse gezielter Datenauswertungen helfen Tesla, speziell auf Fahrzeug und persönliches Fahrverhalten abgestimmte Versicherungsleistungen anzubieten und weiterzuentwickeln. So würden Fahrer letztlich besser abgesichert, Prämien optimiert und das Kundenerlebnis mithilfe maßgeschneiderter Services verbessert. Ein Gastkommentar von Sven Krüger, CEO beim Digitalisierungsdienstleister EUCON.
Aber was bedeuten Tesla´s Ambitionen für etablierte Versicherer? Laufen sie Gefahr, wichtige Marktanteile an den Elektroautobauer zu verlieren?
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Schauen wir einmal auf Deutschlands Straßen: Ob Car Finder, Fehlercode-Diagnose, elektronische Terminvereinbarung oder Unfalldienste: Fest steht, auch andere Automobilhersteller integrieren zunehmend Software-basierte Echtzeit-Dienste in ihre Fahrzeuge. Sie werden Kunden künftig immer mehr intelligente Realtime-Services im und ums Auto anbieten können. Durch Nutzung, Datenauswertung und -austausch gewinnen Unternehmen wichtige Erkenntnisse über Autofahrer und Prozesse, auf deren Basis sie das Kundenerlebnis weiter optimieren können. Das rückt auch für Versicherer damit noch stärker in den Fokus, weil sie sich zwangsläufig in diesen digitalen Ökosystemen bewegen müssen. Andernfalls würden sie einen „Bruch“ in der Customer Journey verursachen.
Um mit digitalaffinen neuen Wettbewerbern wie Tesla mithalten zu können, müssen Versicherungsunternehmen also Kooperationspartner wie Assistance-Dienstleister, Werkstätten oder Telematik-Anbieter konsequent in Prozesse einbinden. Nur so können sie über den eigenen Bestand hinaus Daten erschließen und intelligent im Netzwerk austauschen.
Gerade das Auswerten von Mobilitätsdaten eröffnet Versicherern neue Perspektiven. Dass Autos immer mehr untereinander, mit dem Fahrer und der Umwelt kommunizieren, revolutioniert nicht nur das Fahren selbst – es wird auch neue Spielregeln im Schadenfall schaffen. Wenn etwa Fahrzeugdaten und Wartungsinformationen in Echtzeit zur Verfügung stehen, müssen Kunden nicht mehr Tage auf die Bearbeitung und Regulierung eines Kfz-Schadens warten. Versicherer, die diesen Bewusstseinswandel mitgehen und Prozesse und Geschäftsmodelle anhand der durch Daten gewonnenen Erkenntnisse ausrichten, werden sich auch im härter werdenden Wettbewerb behaupten können.
Allerdings stehen viele Versicherer erst am Anfang, wenn es um den Einsatz fortgeschrittener Datenanalyse geht. Sie müssen also rasch lernen, Datenschätze besser zu nutzen und in gewinnbringende Geschäftsmodelle umzumünzen. Wie groß der monetäre Vorteil von Big Data sein wird, ist schwer zu sagen. Fest steht aber, dass Unternehmen, die die intelligente Datenanalyse nicht beherrschen, einen Nachteil haben werden, weil Daten beziehungsweise daraus abgeleitete Erkenntnisse nun mal der Schlüssel zu den Bedürfnissen der Kunden sind.
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Versicherer, die möglichst keine Umsatzpotenziale an „branchenfremde“, aber besonders digitalaffine Unternehmen wie Tesla verlieren möchten, sollte nicht auf einen Vorsprung bei Regulierungsfragen bauen. Vielmehr müssen sie die Initiative ergreifen und sich ein starkes Partnernetzwerk aufbauen, um den Hebel Big Data und Data Analytics erfolgreich umzulegen. Ich bin zuversichtlich – sie schaffen das.