Versicherungsbote: Sehr geehrter Herr Klapper, die Frage wird sich kaum vermeiden lassen: Wie sind Sie als Maklerversicherer mit Schwerpunkt Biometrie und Altersvorsorge bisher durch die Coronakrise gekommen?

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Klaus-Peter Klapper: Für uns stellt sich die Situation im Rückblick und Ausblick sehr differenziert dar. Das Geschäft in der betrieblichen Altersvorsorge leidet unter der Corona-Krise. Das ist naheliegend, denn die für die bAV zuständigen Personalabteilungen waren und sind damit beschäftigt, die Arbeit neu zu organisieren. Dazu zählen das Home-Office ebenso wie andere Maßnahmen zur Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Bezogen auf Leben allgemein sehen wir in der Rückschau sowohl Einbrüche als auch Zuwächse. Entscheidende Variablen sind hier die Zielgruppen und die Ausrichtung und Positionierung der Vermittler sowie das Produkt. Diejenigen Vermittler, die sich zum Beispiel auf eher jüngere Zielgruppen spezialisiert haben und/oder bereits Video-Beratung nutzen, liegen auf Vorjahresniveau oder sogar darüber. Andere wiederum verzeichnen einen spürbaren Rückgang.

Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge will fast jeder fünfte Deutsche, der infolge des teilweisen Corona-Shutdowns Einbußen erlitt, notgedrungen seine Altersvorsorge kürzen oder ganz abstoßen. Wie ist die Situation aktuell bei Ihnen? Bemerken Sie vermehrt Storno - und wie gestaltet sich das Neugeschäft?

Eine Prognose bezogen auf das Gesamtjahr 2020 halten wir für sehr schwierig. Für die weitere Entwicklung gibt es verschiedene Szenarien. Diese hängen auch davon ab, ob es eine zweite Infektionswelle geben wird oder nicht. Wenn sich die Infektionsrate stabilisiert und keine weiteren Einschränkungen auf uns zukommen, ist ein Ergebnis auf Vorjahresniveau vorstellbar. Ein Rückgang des Neuzugangs von 5 bis 10 Prozent ist realistisch.

Wir erwarten, dass die Stornoraten in diesem und im kommenden Jahr durchaus erhöht sein werden. Wie hoch die Zahlen sein werden, ist noch unklar. Wir werden im Bereich der Lebensversicherung erhöhte Storni und Beitragsfreistellungen sehen und Stundungen im Bereich der Sachversicherung. Die Frage ist, wie weit die Versicherungsnehmer danach in der Lage sein werden, die rückständigen Beiträge nachzubezahlen.

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Kundinnen und Kunden, die nun in finanziellen Problemen stecken, zu helfen?

Einige unserer Kunden hat der Shutdown im Zuge der Corona-Pandemie im beruflichen Bereich besonders hart getroffen. Auch in der Krise bleiben wir ein verlässlicher Partner. Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden bei eventuellen finanziellen Engpässen eine Vielzahl von Möglichkeiten an. Unser Ziel ist, dass unsere Kunden ihre Verträge nicht verlieren oder aufgeben müssen.

Zu den angebotenen Zahlungserleichterungen zählen in der Altersvorsorge zum Beispiel die Beitragsstundung bei klassischen und indexgebundenen Rentenversicherungen, die Beitragsunterbrechung bei fondsgebundenen Rentenversicherungen mit und ohne Garantie sowie die Beitragsfreistellung beziehungsweise Beitragsreduzierung. Alternativ ist auch eine Beitragsrückstellung möglich. In der betrieblichen Altersversorgung sind Beitragsaussetzungen, Beitragsreduzierungen sowie die Beitragsfreistellung mit und ohne Frist möglich. In der Risikoabsicherung bieten wir Möglichkeiten zur Beitragsstundung, Beitragsfreistellung oder -reduzierung sowie eine Beginnverlegung an.

Die Börsen waren zwischenzeitlich wegen Corona auf Talfahrt bzw. stürzten regelrecht ab, haben sich aber schnell erholt. Haben Sie die Geldanlage umstellen müssen? Oder ist bei solchen Krisen Geduld die bessere Lösung?

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Unsere Anlagestrategie ist auf Langfristigkeit ausgelegt. Sie zeichnet sich durch Solidität und eine breite Risikostreuung aus. Aus diesem Grund war und ist, zumindest bei uns, eine größere Umstellung der Kapitalanlagen im Zuge der Corona-Pandemie nicht notwendig.

...Makler sollten in Corona-Zeiten die Altersvorsorge ansprechen

Versicherungsbote: Sollten Versicherungsmaklerinnen und -makler aktuell Kundinnen und Kunden zum Thema Altersvorsorge ansprechen, auch mit Blick auf den Neuabschluss? Ist nun eine andere Ansprache gefragt als in Nicht-Corona-Zeiten?

Klaus-Peter Klapper: Ja, Makler sollten bei ihren Kunden das Thema Altersvorsorge unbedingt ansprechen. Altersvorsorge ist und bleibt weiter wichtig. Wir sehen, dass sich im Zuge der Corona-Pandemie die Sensibilität für die finanzielle Absicherung der eigenen Zukunft durchaus erhöht hat. Auch die Absicherung des Einkommens ist wichtiger denn je. Das nehmen Kunden gerade in der Krise verstärkt wahr. Somit treffen wir zum Beispiel ganz aktuell mit unserem neuen ganzheitlichen Konzept zur Einkommensabsicherung easi auf den Bedarf des Marktes.

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Grundsätzlich sind ein guter Kundenservice, schnelle Auskünfte und eine individuelle, bedarfsgerechte Beratung gerade jetzt die Basis für eine gute Zusammenarbeit. Das war schon vor Corona essenziell und ist aufgrund der aktuellen Situation wichtiger denn je. Bei der Ansprache ist gerade in der jetzigen Zeit der Blick auf die individuelle Lebens- und Bedarfssituation besonders wichtig. So kann die Maklerstellung jetzt entscheidend gestärkt werden. Und es kommt auch wieder eine Zeit nach der Krise.

Haben Sie Tipps für Maklerinnen und Makler, die nun selbst in Schwierigkeiten geraten, vielleicht, weil ihnen aufgrund unverschuldeter Kündigungen Courtage wegbricht?

Die Corona-Pandemie hat jeden einzelnen weitgehend unvorbereitet getroffen. Das gilt auch für die Maklerinnen und Makler. Shutdown, Social-Distancing, Kurzarbeit haben unseren Markt erschüttert. Aber in dieser Erschütterung des Gewohnten liegen auch Chancen. Für diejenigen, die bereit sind, sie zu ergreifen, eröffnen sich neue Wege. Und wer, wenn nicht der Vertrieb, ist in der Lage schnell umzuschalten, die neuen Chancen zu sehen und diese auch schnell umzusetzen? Diese hohe Flexibilität und unternehmerische Gestaltungskraft des Vertriebs konnten und können wir in der Corona-Krise sehen.

Vor lauter Krise darf man nicht die wichtigen Mega-Trends aus dem Auge verlieren, wie zum Beispiel der Trend zur nachhaltigen Altersvorsorge – die Stuttgarter bietet hier zum Beispiel mit der GrüneRente ein passendes Produkt. Deshalb ist die Krise auch die Zeit, sich zu fokussieren und sich entsprechend weiterzubilden, genauso wie man sich auch bei den digitalen Hilfsmitteln weiterbilden kann, damit die tägliche Arbeit einfacher wird. Jetzt ist die Zeit dafür, Neues auszuprobieren. Ja, die Pandemie erschüttert unseren Alltag, privat und geschäftlich, keine Frage. Doch darin steckt auch die eigentlich große Chance: die Chance zum Innehalten, Nachdenken, Neudenken und Umsetzen.

Sie haben mit Lebens- und Biometrie-Produkten sehr beratungsintensive Produkte, die nicht mal eben per Mausklick abzuschließen sind. Haben Sie bereits Rückmeldungen von Maklerinnen und Maklern, wie diese in Zeiten von Kontaktbeschränkungen beraten? Welche Kanäle nutzen sie - und wo sind hier die Herausforderungen?

Corona beeinflusst die Beratungssituation insofern, als die Informations- und Kommunikationswege, wie bereits erwähnt, in höherem Maße als zuvor digital ablaufen. Das berichten uns unsere Geschäftspartner immer wieder. Wir haben die digitale Antragsübermittlung per elektronischem Antrag und elektronischer Signatur weiter ausgebaut und wir unterstützen unsere Geschäftspartner beim Thema digitale Beratung. Das kommt sehr gut an. Zum Beispiel waren unsere Online-Seminare in der ersten Phase des Shutdowns unter dem Titel „Digital beraten. So geht‘s“ mit Bastian Kunkel ein großer Erfolg. In Summe haben wir rund 5.000 Teilnehmer mit spannenden Themen rund um die digitale Beratung erreicht.

Die Herausforderungen liegen aus meiner Sicht darin, das richtige Mischungsverhältnis zwischen persönlicher Präsenz und digitaler Beratung zu finden. Das muss jeder für sich herausfinden. Grundsätzlich kann man nach den bisherigen Erfahrungen, die wir zum Beispiel mit Video-Beratung gemacht haben, sagen, dass die Vermittlung von Vorsorgeprodukten auch digital funktioniert. Die Krise hat hier beschleunigend gewirkt. Wir mussten in den Zeiten der Kontaktbeschränkungen alle sehr schnell flexibler werden. Unsere Gesprächspartner sind, wie übrigens auch deren Kunden, aufgrund der Ereignisse jetzt viel aufgeschlossener als vorher. Insofern eröffnet diese besondere Situation dem Vertrieb auch große Chancen.

...digitale Welt bietet mehr Optionen, als wir dachten

Versicherungsbote: Die Stuttgarter Leben startet im Juli mit überarbeiteten Konzepten zur Einkommensabsicherung, die sie mit easi beziehungsweise easilife bewerben. Was ist neu an diesen Produkten? Und was ist an den Produkten „easy“, wie es der Produktname vermuten lässt?

Klaus-Peter Klapper: Hinter easi stehen unsere Produkte zur finanziellen Absicherung des Verlusts der eigenen Arbeitskraft. Doch geht easi weit über bloße Produktoptimierung hinaus. Wir haben unsere Lösungen für die Einkommensabsicherung vielmehr in einem ganzheitlichen Konzept zusammengeführt. Um unseren Ansatz zu erläutern, müssen wir zunächst über die Rahmenbedingungen sprechen.

Das Risiko, die eigene Arbeitskraft zu verlieren, ist hoch. Doch die staatliche Absicherung über die Erwerbsminderungsrente ist unzureichend. Deshalb ist eine zusätzliche private Einkommensabsicherung elementar für alle, deren Einkommen von der eigenen Arbeitskraft abhängt. Hier bietet der Markt seit vielen Jahren unterschiedlichste Produkte. Doch die Beratung zur Einkommensabsicherung ist für Kunden wie Vermittler sehr komplex. Auch daher haben viele noch immer keine oder zumindest keine ausreichende Einkommensabsicherung. Es bedarf einfacher und zugleich flexibler Produktkonzepte, die der großen und heterogenen Zielgruppe der Erwerbstätigen gerecht werden.

Mit easi bieten wir nun genau das: ein ganzheitliches Konzept zur Einkommensabsicherung. Das macht easi zur idealen Ergänzung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente – für nahezu jeden Erwerbstätigen in Deutschland. Hinter dem Konzept stehen unsere Grundfähigkeitsversicherung GrundSchutz+ sowie die Berufsunfähigkeitsversicherung. Beides haben wir weiter optimiert – in der Leistung und bei der Berufsunfähigkeitsversicherung auch deutlich in der Preispositionierung. Beide Produkte bieten wir nun auch für Schüler bzw. Kinder an. Und mit dem Todesfallschutz des Versorgers haben wir ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

easi zeichnet sich durch eine durchlässige Gestaltung der Produkte aus, die alle ineinander übergehen und aufeinander aufbauen. Aber auch in sich sind die Produkte flexibel, unter anderem durch Nachsicherungs- und Beitragsstundungsoptionen. Unser Konzept bietet dem Kunden ein attraktives, qualitativ hochwertiges Produkt bei maximaler Flexibilität.

Sie planen eine Weiterbildungs-Offensive, auch um die Vermittler mit easi vertraut zu machen. Was ist geplant?

Ja, das ist richtig. Die Produkteinführung haben wir erfolgreich mit einer Online-Seminar-Reihe unter dem Titel „easi kommt“ begleitet. Zusätzlich haben wir das Portal easi.stuttgarter.de gelauncht. Hier kann der Makler neutrale Fachkompetenz erwerben und findet Serviceseiten, wichtige Kontakte sowie Formulare und Verkaufshilfen. Dieses Portal wollen wir die nächsten Jahre weiter ausbauen. Es ist bereits das zweite große Fachportal neben „bAVheute“, welches wir seit Jahren sehr erfolgreich betreiben.

Die Versicherungsmesse DKM wurde in diesem Jahr abgesagt, viele andere Branchentreffs und Präsenzveranstaltungen ebenfalls. Der persönliche Kontakt gilt als ein wichtiger Vorteil des Maklervertriebs. Werden die Versicherer auch neue Wege finden müssen, um Vertriebspartner anzusprechen? Wie schafft man das, ohne dass etwas verlorengeht?

Technisch gesehen haben sich die Möglichkeiten vervielfältigt. Das gilt für uns als Versicherer natürlich auch für den Kontakt mit unseren Geschäftspartnern: Online-Seminare oder Telefon- und Video-Konferenzen sind plötzlich flächendeckend auf dem Vormarsch. Die Menschen haben sich mehr und mehr mit digitalen Kommunikations-Alternativen beschäftigt. Durch den Shutdown mussten wir alle lernen, dass uns die digitale Welt mehr Optionen bietet, als wir dachten.

Fakt ist: Die digitalen Kanäle müssen nicht weniger persönlich sein. Es muss nicht unbedingt etwas verlorengehen, nur weil der Raum der Begegnung virtuell ist. Im geeigneten Umfeld sind auch digitale Events mittlerweile kein Tabu mehr. Die unternehmerische Frage ist: Was ist die optimale Mischung? Was kann man zukünftig per Video-Chat besprechen? Und wann sollte man die Zeit besser im Gespräch vor Ort einsetzen? Das wird jedes Unternehmen, jeder Vermittler, jeder Kunde individuell für sich herausfinden müssen. Die Mischung der Zukunft kann heißen: Präsenz plus X.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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