Betriebsrente: Ruheständler warten weiter auf Entlastung durch Krankenkassen-Freibetrag
Millionen gesetzlich versicherte Betriebsrentner im Ruhestand sollen bei den Krankenkassen-Beiträgen entlastet werden: Seit Jahresanfang 2020 gibt es einen entsprechenden Freibetrag. Doch bisher werden Betroffene immer noch voll zur Kasse gebeten. Es hapert bei der Umsetzung der Reform: Zu viel gezahlte Beiträge sollen nachträglich zurückerstattet werden.
- Betriebsrente: Ruheständler warten weiter auf Entlastung durch Krankenkassen-Freibetrag
- Freibetrag statt Freigrenze
Seit dem Jahresanfang 2020 sollen Betriebsrentner bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung entlastet werden. Mussten sie zuvor den vollen Beitragssatz zur Krankenkasse von 14,6 Prozent plus Zusatzbeitrag entrichten, soll nun ein Freibetrag von aktuell 159,25 Euro im Monat gelten. Wer weniger Rente hat, für den entfallen die Krankenkassen-Beiträge komplett.
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Erste Umstellungen ab Oktober 2020
So zumindest in der Theorie, denn in der Praxis hat sich bisher nichts geändert. Nach wie vor werden die Ruheständler mit den vollen Krankenkassen-Beiträgen belastet, wie der GKV-Spitzenverband aktuell informiert. Der Grund: Die notwendige Technik konnte noch nicht umgestellt werden, der Freibetrag noch nicht berücksichtigt.
Die rund 46.000 Zahlstellen seien mit der Umsetzung dieser Reform überfordert, da zu wenig Zeit blieb, heißt es. Die Umsetzung „erfolgt aber so schnell wie möglich, beginnend in den nächsten Monaten. Der Anspruch auf die Entlastung bleibt in jedem Fall bestehen“, berichtet der GKV-Verband.
Doch auch das kann noch eine Weile dauern. Für Personen, die mehrere Betriebsrenten beziehen, soll ab dem 1. Oktober 2020 der neue Freibetrag umgesetzt werden, heißt es weiter. Ihnen wird trotz mehrerer Renten nur einmal dieser Schonbetrag angerechnet, wie der GKV-Verband berichtet.
Wann die Reform für Betriebsrentner mit nur einer betrieblichen Rente umgesetzt werden soll, konnte der Verband hingegen nicht benennen. "In den nächsten Monaten" erfolge die Anrechnung, heißt es: eine sehr vage Aussage. Von dem Freibetrag sollen zusätzlich Betriebsrentner mit Kapital-Ausschüttungen profitieren, deren Kapitalauszahlung weniger als zehn Jahre zurückliegt. Auch wann sie genau den neuen Freibetrag angerechnet bekommen, ist noch nicht raus.
Extra Antrag nicht erforderlich
Rentnerinnen und Rentnern werde das zu viel berechnete Geld entweder rückwirkend erstattet oder mit zukünftigen Beitrags-Zahlungen verrechnet, informiert der GKV-Spitzenverband weiter. Dabei sei es nicht notwendig einen extra Antrag zu stellen: Das zu viel gezahlte Geld werde automatisch zurückgezahlt, „sobald die Technik es zulässt“, so der Verband.
Tatsächlich hatte die Politik allen Beteiligten wenig Zeit gelassen, um den Freibetrag umzusetzen. Erst kurz vor Weihnachten 2019 war das sogenannte GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz vom Bundestag beschlossen worden. Dass es unrealistisch ist, die notwendigen Neuerungen innerhalb weniger Wochen und über die Weihnachtsferien anzuschieben, hatte auch das Bundesgesundheitsministerium einräumen müssen - und eine rückwirkende Erstattung der zu viel gezahlten Beiträge ermöglicht.
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Vor allem Ruheständler mit kleinen Betriebsrenten sollen deutlich profitieren. Rund 60 Prozent der Betriebsrentner bekommen weniger als 318 Euro im Monat, sie zahlen künftig -verglichen mit dem vorherigen System- höchstens den halben Beitrag auf ihre betriebliche Altersvorsorge, so rechnet das Bundesgesundheitsministerium vor. Die Bundesregierung kalkuliert mit Mindereinnahmen für die Kassen von 1,2 Milliarden Euro. Die Kosten sollen zunächst aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden.
Freibetrag statt Freigrenze
Das GKV-Freibetragsgesetz trägt dazu bei, dass künftig weit mehr Betriebsrentner bei den Kassenbeiträgen entlastet werden. Zwar galt bereits vor der Gesetzesreform zum Jahreswechsel 2020 ein Schonbetrag: eine sogenannte Freigrenze von 155,75 Euro im Monat. Aber Freigrenze heißt eben nicht Freibetrag. Der Unterschied: Wenn die Betriebsrente über dieser Grenze lag, und sei es nur um einen Cent, mussten die Ruheständler den vollen Krankenkassen-Beitrag auf die Betriebsrente zahlen. Das umfasste neben dem Arbeitnehmeranteil auch den Anteil des Arbeitgebers.
Mit einem Freibetrag ist das nun anders. Künftig muss der Kassenbeitrag nur noch auf jenen Anteil der Betriebsrente gezahlt werden, der tatsächlich diesen Freibetrag übersteigt. Wer im kommenden Jahr 169 Euro im Monat Betriebsrente bekommt, zahlt folglich auf weniger als 10 Euro Kassenbeiträge. Es profitieren also alle, die entsprechende Anwartschaften erworben haben: auch jene Betriebsrentner mit sehr hohen Bezügen.
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Ärgerlich ist die neue Regel für Rentner, die freiwillig bei gesetzlichen Krankenkassen versichert sind. Für sie soll die Entlastung nämlich nicht gelten. Weiterhin müssen sie den vollen Kassenbeitrag zahlen, wenn die "alte" Freigrenze überschritten ist.
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- Freibetrag statt Freigrenze