Deutsche sehen Amazon, Google und Co. schon bald als mächtige Versicherer
Eine neue Verbraucher-Umfrage des Branchenverbandes Bitkom lässt aufhorchen. Demnach rechnen zwei Drittel der Befragten damit, dass es bis 2030 eine große Versicherer-Plattform in Deutschland gibt, die große Marktanteile auf sich vereint. Für deutsche Assekuranzen bedeutet das nichts positives.
- Deutsche sehen Amazon, Google und Co. schon bald als mächtige Versicherer
- Abschluss-Bereitschaft bei Start-ups noch gering
Das Gros der Deutschen erwartet in den kommenden Jahren gravierende Veränderungen in der Versicherungsbranche. So gehen zwei Drittel (65 Prozent) davon aus, dass bis 2030 eine Online-Plattform für Versicherungen entsteht, die große Marktanteile auf sich vereint. Jeder Zweite (53 Prozent) erwartet, dass Digitalunternehmen aus dem Ausland wie Apple, Google oder Facebook in zehn Jahren eine bedeutende Rolle auf dem Versicherungsmarkt spielen werden. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom.
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Dass deutsche Versicherer dieses Ergebnis durchaus fürchten müssen, verdeutlichen andere Ergebnisse der Umfrage. Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) erwartet demnach, dass heimische Anbieter gegenüber der ausländischen Konkurrenz an Boden verlieren werden. Dass zahlreiche traditionelle Versicherer ganz vom Markt verschwinden werden, gibt eine ähnliche Zahl an Befragten zu Protokoll (52 Prozent).
„Versicherer tun gut daran, sich die Entwicklungen in anderen Bereichen anzusehen, wo sich durch die Digitalisierung Marktanteile stark verschoben haben. Entscheidend ist, sich auf seiner derzeitigen Position nicht auszuruhen, sondern Geschäftsprozesse und Geschäftsmodell konsequent digital zu denken“, kommentiert Bitkom-Präsident Achim Berg.
Mehrheit noch nicht bei Silicon-Valley-Giganten abschlussbereit
Gleichwohl sind die Bürger durchaus noch skeptisch, ob sie tatsächlich eine Police bei einem der großen Online-Giganten abschließen wollen. Knapp drei von 10 Personen (29 Prozent) sagen, dass sie sich vorstellen können, eine Versicherung bei einem großen internationalen Digitalunternehmen zu zeichnen. Hier zeigt sich aber eine höhere Toleranz bei jungen Menschen: Unter den 18- bis 29-Jährigen ist der Anteil mit 42 Prozent deutlich höher.
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Fragt man, was derzeit die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl einer Versicherung sind, so stehen umfangreiche Leistungen (99 Prozent), niedrige Prämien (98 Prozent) und individuell anpassbare Produkte (98 Prozent) ganz oben. Allerdings rangieren direkt dahinter bereits eine breite Auswahl an Tarifen (96 Prozent), einfache Angebote (96 Prozent) und kurze und flexible Vertragslaufzeiten (94 Prozent). Für acht von 10 Bundesbürgern spielen gute Bewertungen in Tests (82 Prozent) eine wichtige Rolle.
Abschluss-Bereitschaft bei Start-ups noch gering
Beim Blick auf neue Online-Konkurrenz durch Start-ups und Digitalversicherer genießen die traditionellen Versicherer noch einen Vertrauensvorsprung. Sieben von 10 Befragten (70 Prozent) ist beim Abschluss des Vertrages eine bekannte Marke wichtig, nur etwa jeder Elfte (neun Prozent) kann sich vorstellen, bei einem Start-up abzuschließen.
Die Möglichkeit, Anfragen komplett digital abzuwickeln und digitale Angebote wie eine App zu nutzen (je 68 Prozent), haben aber bereits einen ähnlich hohen Stellenwert wie eine bekannte Marke. Mit Blick auf den Vertrieb interessant: Eine hohe Digitalkompetenz (62 Prozent) der eigenen Versicherung wird leicht höher bewertet als ausführliche persönliche Beratung (57 Prozent) oder Hausbesuche vom Berater (56 Prozent). Niederlassungen vor Ort haben sind für 39 Prozent der Menschen in Deutschland wichtig.
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Aktuell machen Digital-Kanäle beim Neuabschluss von Versicherungen aber noch einen kleinen Anteil aus. Laut Vertriebswegestatistik des GDV wurden 2019 in der Schaden-Unfallsparte 14,1 Prozent der Verträge direkt online bei einem Versicherer oder einer Vergleichsplattform abgeschlossen, bei privaten Krankenversicherungen hingegen 7,9 Prozent und in der Lebensversicherung gar nur 3,3 Prozent (berechnet nach Beitragssumme des Neugeschäfts). Die Online-Abschlusszahlen stagnieren in Deutschland seit Jahren.
Hintergrund-Informationen: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.004 Personen in Deutschland ab 18 Jahren telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten: „Für wie wahrscheinlich halten Sie die folgenden Entwicklungen, wenn Sie an das Jahr 2030 denken?“, „Welche der folgenden Aussagen trifft auf Sie zu?“ und „Wie wichtig sind Ihnen die folgenden Aspekte bei Ihren Versicherungsangelegenheiten?“.
- Deutsche sehen Amazon, Google und Co. schon bald als mächtige Versicherer
- Abschluss-Bereitschaft bei Start-ups noch gering