„Tausendmal berührt“ oder Bancassurance in den 2020ern
Feiert die alte Idee der Allfinanz ihre digitale Auferstehung? Lesen Sie heute Teil 7 der Serie „Der Traum vom Monopol“, die als Teil der Kolumne „Aus dem Alltag eines digitalen Versicherungsmaklers“ von Dr. Philipp Kanschik (Policen Direkt) erscheint.
- „Tausendmal berührt“ oder Bancassurance in den 2020ern
- Was dafür und was dagegen spricht
Externe Angreifer wie Ping An haben mit Datenschutzproblemen und kulturellen Vorbehalten zu kämpfen oder müssen wie im Fall von Amazon eine legendäre Flopliste überwinden. Der Traum vom Monopol ist damit längst kein Selbstläufer, das haben wir bereits gezeigt. Erfolgreiche Angriffe von innen durch Megaplattformen kommen wohl erst gegen Ende des Jahrzehnts und selbst für eine vor Kraft strotzende Allianz scheint der exklusive Marktzugang nicht realistisch. Die Nähe zum Kunden bringt für Großmakler letztendlich viel Marktmacht, aber letztlich kein Monopol. Werden stattdessen die Banken die Versicherungsbranche kapern, indem sie die Idee der Bancassurance wiederbeleben?
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Philipp Kanschik
Philipp Kanschik
Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.
Das Szenario
Der Traum von der Allfinanz wird schon lange geträumt und geht ungefähr so: für Bank- und Versicherungsdienstleistungen gehen Kunden heute zu verschiedenen Anbietern. Inhaltlich ist das eigentlich nur begrenzt sinnvoll, denn für beide Bereiche ist die integrierte Betrachtung der finanziellen Situation eines Haushalts entscheidend. Was liegt also näher als beide Bereiche zusammenzuführen und aus einer Hand anzubieten?
Entsprechend nehmen immer mehr Banken und Insurtechs die Sache in die Hand und verschmelzen ihre Plattformen. Auch der aktuelle InsurTech-Radar sieht hier die Banken durchaus in bester Ausgangsposition. Für die Institute hat das den schönen Effekt, dass so Verluste aus dem Kerngeschäft kompensiert werden können, nach dem Motto: Bestandscourtagen statt Kontoführungsgebühren.
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Für die Kunden ist es sowieso bequemer, ihre Versicherungsverträge über die eigene Bank zu verwalten. Die Makler werden in diesem Szenario dadurch überflüssig, die Versicherer werden zu austauschbaren Zulieferern der Banken.
Was dafür und was dagegen spricht
Was dafür spricht
Durch die heutigen technischen Möglichkeiten sind „Finanz-Megaplattformen“ technisch möglich, auf denen ein Kunde sämtliche finanzielle Aspekte seines Lebens steuert: Konto, Depot, Kredit – und eben auch Versicherungen. Statt von Maklern und Versicherern eigene Online-Zugänge zur Verfügung gestellt zu bekommen, findet der Kunde alle Informationen zu seinen Versicherungen in seinem Banking-Portal.
Dies ermöglicht einige „magische“ Features: Man stelle sich vor, dass der Vertragsoptimierer des Versicherers in den Kontoauszügen eine vor 10 Jahren abgeschlossene Alt-Police des Kunden identifiziert und (automatisiert) einen Optimierungsvorschlag macht, der per Klick direkt in der Banking-App angenommen werden kann. Dort loggt sich der Kunde sowieso täglich ein, um sein Konto im Blick zu behalten. Für den Kunden ist das ohne Zweifel der bequemste Weg. Genauso könnte der im Auszug erkannte Kauf einer Waschmaschine oder sonstiger Elektronik direkt mit einem Absicherungsangebot verbunden werden. Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt, auch der Eingang von Kindergeld könnte beispielsweise als Anlass dafür genommen werden, Versicherungspolicen automatisiert auf Familientauglichkeit zu überprüfen.
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Auch auf Anbieterseite liegen die Synergien zwischen den verschiedenen Finanzdienstleistungsangeboten damit auf der Hand. Vor allem in Vertrieb und IT, aber auch im Kundenservice lassen sich durch den Bancassurance-Ansatz Kosten sparen, da Banking und Versicherungsgeschäft auf dieselben Prozesse und Systeme zurückgreifen könnten.
Was dagegen spricht
Die Regulierung besteht weiter darauf, dass Bank und Versicherer zwar zu einem Konzern gehören dürfen, rechtlich aber voneinander unabhängige Unternehmen bleiben müssen. Dies erschwert den Aufbau einer Allfinanz-Plattform erheblich und zwingt die Anbieter von Bancassurance-Ansätzen in mühevolle Kooperationen, deren Umsetzung länger dauert als sich alle Akteure wünschen. Deswegen steht am Ende häufig eher eine „Blumenstrauß“-Plattform, deren Features nicht integriert sind und damit die Stärken des Bancassurance-Ansatzes nicht ausspielen kann. Oft ist es nicht einmal möglich, mit nur einem Login auf verschiedene Dienstleistungen zuzugreifen.
Zudem gilt es zu bedenken: wenn es wie bereits gezeigt schon innerhalb der Versicherungswelt große Schwierigkeiten gibt, eine gemeinsame Dateninfrastruktur durchzusetzen, wie groß sind dann erst die Herausforderungen für die Bancassurance? Und könnte es nicht am Ende auch sein, dass es statt Bancassurance zur Insurbank kommt? Nicht die Banken, sondern die Versicherer wie Ping An oder die Allianz würden in diesem Fall die führenden Allfinanz-Plattformen entwickeln. Auch Startups haben hier bereits einen Fuß in der Tür.
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Das sagt der Kolumnist
In der Theorie überzeugt der Bancassurance-Ansatz, in der Praxis hat er weiterhin seine Tücken. Der Traum seiner Anhänger wird wahrscheinlich auch in den 2020er-Jahren nicht wahr werden, zumindest nicht in Deutschland. Aber vielleicht ab 2030?
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- Was dafür und was dagegen spricht