Die deutschen Lebensversicherer mussten in den vergangen Jahren viele Federn lassen, weil die Zinsen am Kapitalmarkt im Dauertief stecken - haben in Summe aber diese Krise relativ gut gemeistert. Zu diesem Fazit kommt der Zweitmarkt-Anbieter Partner in Life (PiL), der die Geschäftszahlen der Unternehmen ausgewertet hat. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie sich die Durchschnittsverzinsung der Versicherer (Garantiezins + Überschussanteil) im Vergleich zur Umlaufrendite von Bundeswertpapieren entwickelt hat.

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Die Tendenz ist deutlich. Der laufende Durchschnittszins, der an Kundinnen und Kunden mit ablaufenden Verträgen ausgeschüttet wird, hat sich bei den Leben-Anbietern von etwa 4,5 Prozent im Jahr 2008 auf circa zwei Prozent im Jahr 2019 mehr als halbiert. Kein Wunder, ist doch auch die durchschnittliche Umlaufrendite der Bundeswertpapiere in dieser Zeit regelrecht abgestürzt: von fast vier Prozent ins Minus.

Zinsentwicklung deutscher LebensversichererPartner in Life

Noch immer viele Garantie-Verträge im Bestand

Der Absturz der Bundeswertpapiere bleibt für die Lebensversicherer nicht ohne Folgen. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Gesellschaften per Gesetz gezwungen sind, die gezahlten Beiträge der Kundinnen und Kunden in -vermeintlich sichere- festverzinsliche Papiere mit langer Laufzeit zu stecken, wenn sie Garantien gewähren. Das zeigt sich auch in ihrer Anlagepolitik:

Laut einer Erhebung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vom Herbst 2019 bestehen die Kapitalanlagen der Lebensversicherer immer noch zu 83,7 Prozent aus unterschiedlichen Anleihe-Werten. Aktien hingegen spielen mit einem Anteil von 5,1 Prozent eine untergeordnete Rolle. Weitere Investments sind Beteiligungen (6,3 Prozent), Immobilien (3,5 Prozent) und Sonstiges (1,4 Prozent).

Zwar ziehen sich die Versicherer aus dem Geschäft mit „klassischen“ Garantie-Produkten zurück und bieten im Neugeschäft mittlerweile fast ausschließlich Verträge an, bei denen sie das Geld riskanter investieren können. Aber auch die PiL-Analyse zeigt, dass sie noch immer hohe Garantien erwirtschaften müssen. Im Gesamtbestand sanken die Verpflichtungen von 3,5 Prozent in 2008 auf circa drei Prozent im Jahr 2019.

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Versicherer verscherbeln Tafelsilber

Die Folge: Viele Lebensversicherer können mit ihrem erzielten Durchschnitts-Zins ihre Pflichten gegenüber Kundinnen und Kunden nicht erwirtschaften. Infolgedessen verscherbeln sie ihr Tafelsilber, oft zum eigenen Nachteil: Sie stoßen alte und hochverzinste Anleihen ab, um Reserven aus alten Positionen zu heben und damit kurzfristig ihre Finanzausstattung zu verbessern. Auch, um von der Finanzaufsicht geforderte Erträge ausweisen zu können. Oft müssen diese Papiere dann gegen neue Anleihen mit niedrigeren Zinsen eingetauscht werden.

große Unterschiede bei laufendem Durchschnitts-Zins

Mit ihrer laufenden Durchschnittsverzinsung können längst nicht alle Versicherer genug erwirtschaften, um ihre Garantien zu bedienen, geben die Studienmacher zu bedenken. Aber zwischen den einzelnen Anbietern gibt es große Unterschiede. Im Schnitt aller Verträge die Axa, Allianz Leben, DEVK und Swiss Life noch ca. vier Prozent erwirtschaften (abzüglich Vertriebs- und Verwaltungskosten), erzielen andere deutlich weniger:

So finden sich mehrere Versicherer am unteren Ende der Skale, die aktuell laut PiL nur circa zwei Prozent erzielen. Dazu zählen bekannte Versicherer wie die HUK, Provinzial Nordwest, Öffentliche Leben Oldenburg oder Helvetia.

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Leistung auch auf Kosten der Reserven und Rückstellungen

In Summe sieht Partner in Life in der Leben-Branche Licht und Schatten. "Es versteht sich, dass die Leistung auch auf Kosten der Reserven und Rückstellungen der Gesellschaften erzielt wurde. Aber zu diesem Zweck waren sie größtenteils auch aufgebaut worden", schreiben die Studienmacher.

Bei den Schlussüberschussanteilen sowie der deklarierten Sockel- bzw. Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven sehe man den "Trend der sanften Reduktion", so heißt es im Pressetext. "Aber wir sehen auch noch immer zum Teil recht hohe Stände". Ein Grund sei auch die Einführung der Zinszusatzreserve (ZZR) als zusätzlicher Garantiepuffer. Dort hatten sich laut GDV-Angaben bis zum Jahresende 2019 elf Milliarden Euro angesammelt.

Dank Coronakrise werden die Anforderungen an die ZZR auch in den Jahren 2020 bis 2022 "sehr anspruchsvoll" sein, schlussfolgern die Studienmacher. Mit anderen Worten: Um Garantien abzusichern, muss manch ein Versicherer mehr Geld seiner Reserve zuführen, als ihm lieb ist.

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Aktuell arbeite die Bundesregierung an dem Entwurf eines Risikobegrenzungsgesetzes, berichtet PiL. Der Gesetzentwurf soll klären was passiert, wenn "einige Gesellschaften nicht mehr nur schlingern, sondern in konkrete Schieflage geraten". Denn die Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie stellen für angeschlagene Versicherungsgesellschaften eine zusätzliche Herausforderung dar.

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