Corona: AOK warnt vor Verdoppelung der Krankenkassen-Zusatzbeiträge
Der AOK-Bundesverband warnt angesichts der Coronakrise vor drastisch steigenden Zusatzbeiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung: Der Beitrag könnte sich demnach verdoppeln. Zugleich kritisiert Verbandschef Martin Litsch Politik und private Krankenversicherer: Die Kosten der Pandemie würden einseitig den Kassenmitgliedern aufgebürdet.
Der AOK-Bundesverband warnt aktuell vor massiv steigenden Zusatzbeiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung. „Ohne Gegensteuern“ drohe drohe ein Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrages von derzeit 1,3 Prozent auf 2,5 Prozent, sagte AOK-Chef Martin Litsch der „Augsburger Allgemeinen“. Demnach reiche der in der Pandemie versprochene höhere Bundeszuschuss von fünf Milliarden Euro bei weitem nicht aus, um die für 2021 vorhergesagte Finanzlücke von über 16 Milliarden Euro zu decken.
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Wer finanziert Corona-Impfung?
Litsch erneuerte die Kritik, dass die Zusatzkosten der Coronakrise für das Gesundheitssystem einseitig den Kassenmitgliedern aufgebürdet werden. „Die Koalition will das Milliardenloch zu mehr als zwei Dritteln mit dem Geld der Beitragszahler stopfen, indem die Krankenkassen geschröpft werden und der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz erhöht wird“, sagte der AOK-Chef dem bayrischen Regionalblatt.
Der Kassenfunktionär plädiert dafür, dass Bund und Länder die Kosten für einen Corona-Impfstoff und die hierfür nötigen Zentren tragen. Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht einseitig den Kassenpatienten aufgebürdet werden dürfe, mahnt Litsch: zumal sie nicht nur gesetzlich Krankenversicherte betreffe.
Aktuell ist das Mainzer Unternehmen Biontech bei der Entwicklung eines Impfstoffes weit fortgeschritten. Dessen Chef Uğur Şahin hat für Industrieländer einen Preis von 17 Euro je Impfdosis in Aussicht gestellt. Bei einer notwendigen Zweifach-Impfung würden -bei veranschlagten 100 Millionen Impfdosen- rund zwei Milliarden Euro Kosten entstehen, wenn man die notwendige Infrastruktur mit einrechnet.
Bereits andere Corona-Maßnahmen belasten die Kassen finanziell: unter anderem mussten zusätzliche Intensivbetten bereitgestellt werden, planbare Operationen verschoben, auch die Covid-19-Tests verschlingen zusätzliches Geld. Litsch kritisiert, „dass die private Krankenversicherung nicht ausreichend an den Kosten der Pandemie beteiligt wird“. Viele Pandemiemaßnahmen würden direkt aus der Reserve des Gesundheitsfonds entnommen. Darüber hinaus fallen den Anbietern Einnahmen aufgrund der einbrechenden Konjunktur weg.
Streit, wer Corona-Kosten trägt
Zu der Frage, ob die Pandemiekosten einseitig zulasten der gesetzlich Versicherten gehen, hatte sich bereits der PKV-Verband nach der ersten Coronawelle im Juni positioniert: und dies bestritten. Eine vom Verband beauftragte Studie das privaten RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung habe gezeigt, dass privat Versicherte überproportional Steuern ins Gesundheitssystem einzahlen.
Vom jährlichen Bundeszuschuss von zuletzt 14,5 Milliarden Euro haben demnach Privatversicherte gut drei Milliarden in den Gesundheitsfonds des GKV eingezahlt. Das entspreche rund 20 Prozent, obwohl nur gut zehn Prozent der Deutschen privat vollversichert seien. Hierbei gilt es aber zu bedenken, dass das GKV-System auch für versicherungsfremde Leistungen aufkommen muss, die ebenfalls gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind. Diese gelten als unterfinanziert:
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Laut einer im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erstellten Studie, die sich auf das Jahr 2016 bezieht, haben sich die versicherungsfremden Leistungen der GKV im Erhebungsjahr auf 42,7 Milliarden Euro belaufen. Bereits die Ausgaben für Sozialempfänger überbieten die Zuschüsse aus dem Gesundheitsfonds demnach deutlich.