Versicherungsbote: Herr Schamberger, Sie werben auf Ihrer Webseite mit „Versicherungsmakler für das Handwerk“. Wie kam es zu dieser Spezialisierung? Muss man vielleicht selbst ein wenig handwerksaffin sein, um diese spezielle Zielgruppe anzusprechen?

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Rainer Schamberger: Ganz im Gegenteil, ich habe zwei linke Hände. Bei mir hatte es etwas mit der Auswertung meiner Akquise zu tun. Ich hatte im Handwerksbereich einfach die beste Terminquote, also habe ich diese dann fokussiert. Ebenfalls wollte ich auch Kunden, die meine Hilfe wirklich benötigen und meine Arbeit auch wertschätzen. Handwerker wollen einfach mit diesem Papierkram in den seltensten Fällen zu tun haben und übergeben das ganze dann vollumfänglich und vertrauensvoll in meine Hände.

Sie wirken in Dresden. Ich vermute, dass Sie viele kleinere und mittlere Unternehmen betreuen. Was ist das Besondere an dieser Zielgruppe?


Handwerk bedeutet für mich Menschlichkeit. Ich wollte mich selbst als Mensch nicht verbiegen. Und ich fand im Handwerk die Zielgruppe, zu welcher ich als Person auch passe. Das bedeutet, ich muss keinen Anzug tragen, ich kann klare Worte finden – beide Seiten haben ein kurzweiliges Beratungserlebnis. Das Besondere im Handwerk ist der Facettenreichtum und das Herz, mit den Leute ihren kleinen Betrieb oder ihr gewachsenes Unternehmen führen. Für mich steht aber im Vordergrund, dass die meisten Kunden loyale Kunden sind und bei guter Arbeit auch gern weiterempfehlen. Dafür nehme ich gern in Kauf, dass ich bei vielen Handwerkern auch zwei oder dreimal erinnern muss bei einer Zuarbeit.

Sie sind ein recht junger Makler in einer Branche mit großen Nachwuchssorgen. Wie haben Sie den Einstieg ins Maklergeschäft gefunden?

Wie sagt man so schön: Ich habe es von Pike auf gelernt. Das bedeutet, mein Weg ging über eine Ausbildung zum Bankkaufmann in einer Sparkasse hin zu einer HGB-84-Agentur bei einer Versicherungsgesellschaft mit erneuter Qualifikation und weiter zu einem Versicherer mit dem Fokus auf das Handwerk – bis ich mich fit fühlte, Versicherungsmakler zu werden. Mein Einstieg war also jahrelange Arbeit in der Ausschließlichkeit. Dann folgte der Entschluss, mit meiner Geschäftsidee in eine echte Selbstständigkeit als Versicherungsmakler zu gehen. Mein Vorteil war, dass ich bereits mit 15 in die Ausbildung ging. So hatte ich genügend Vorbereitungszeit und zähle nun auch nach 15 Jahren in der Branche zu den „ganz Jungen“.

Anhand von welchen Kanälen finden Sie Ihre Kundinnen und Kunden? Ich kann mir vorstellen, dass neben Online-Ansprache auch andere Wege erfolgversprechend sind: lokale Werbung bzw. Vor-Ort-Termine auf Handwerksmessen, bei lokalen Festen, Mund-zu-Mund-Empfehlungen etc.?

Auch hier gilt für mich: Das eine tun ohne das andere zu lassen. Die Zugangswege zu meinen Bäckern und Schornsteinfegern sind über Jahre gewachsen – durch Vorträge in Innungen, durch ständiges Präsent-Sein bei Veranstaltungen des Handwerks, aber auch einfach durch Brief-Akquise und Telefonie. Inzwischen generiere ich aber auch viele Anfragen über Facebook-Werbung, über gute Auffindbarkeit bei Google und Bing und ebenso durch Sponsoringmaßnahmen in der Region und diverse Werbemaßnahmen.

Was waren die größten Hürden auf Ihrem Weg in die Selbstständigkeit - und was die Chancen?

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Versicherungen vermitteln bedeutet eben Verdrängungsmarkt. Deshalb ist die größte Hürde am Beginn die Gewinnung von Neukunden. Es musste ja ein Kundenstamm aufgebaut werden, der zumindest die laufenden Kosten deckt. Mein gesetztes Ziel war von Anfang an: „Wenn die Kunden noch nicht mich anrufen, mache ich noch etwas falsch“. Also suchte ich mir sehr schnell eine Möglichkeit, um „anders als andere Makler“ zu werden. Das bedeutete für mich nicht nur die Wahl der Zielgruppe, sondern auch eine ganz andere Art und Weise der Beratung. Ich investierte viel Zeit, meine Beratung zu einem Erlebnis für den Kunden zu gestalten.

...spezielle Anforderungen für Bäcker und Schornsteinfeger

Sie bieten unter anderem Gewerbe-Policen für Bäcker, Fleischer und Konditoren an. Welche spezielle Risiken haben diese Berufe, dass sie auch spezielle Lösungen für den Versicherungsschutz brauchen? Vielleicht anhand von Beispielen.

Nun, das ist sehr vielschichtig. Ein Schornsteinfeger hat oft ein breites zu erfragendes Arbeitsspektrum. Neben der behördlichen Arbeit und der Tätigkeit des Kehrens bedeutet das: Es kann auch gut sein, dass der Schornsteinfeger leichte Dachdeckerarbeiten durchführt oder gutachterliche Tätigkeiten, auch Energieberatung und vieles mehr. Diese unterschiedlichen Tätigkeiten schließt unser Konzept schwarz auf weiß pauschal mit ein, sodass einfach keine Deckungslücken mehr existieren. Für Bäckereien gibt es ja mehrere Sonderkonzepte am Markt, diese zielen immer auf eine All-Risk Deckung ab. Diese Konzepte haben wir aufgegriffen und in Nuancen für den Bäcker erweitert. So ist zum Beispiel das Thema Summengrenzen bei Bargeldentschädigung ein wichtiger Punkt. Bäckereien nehmen viel Bargeld ein. Und hier muss darauf geachtet werden, dass der „Weg des Geldes“ zu jedem Zeitpunkt abgesichert ist und vor allem in ausreichender Höhe. Das wären eventuell zwei einfache nachvollziehbare Deckungserweiterungen und Besonderheiten.

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Schornsteinfeger nennen Sie ebenfalls als einen Schwerpunkt auf Ihrer Webseite. Nun könnte man bei allen Sympathien als Glücksbringer etwas böse fragen: Ist das nicht ein aussterbender Beruf? Wie groß ist denn speziell hier die potentielle Zielgruppe?

Ich denke, der Schornsteinfeger-Beruf ist nach wie vor ein sehr angesehener und wichtiger Beruf. Das Thema Brandschutz wird auch in Zukunft hohe Priorität haben. Vielleicht ändert sich die Arbeit des Schornsteinfegers in ihrer Art und Weise. Aber ich bin überzeugt, dass dieser Beruf noch viele Jahrzehnte weiter existieren wird und dass sich neue Aufgabenfelder für Schornsteinfeger ergeben werden. Aktuell haben wir ca. 7.500 Inhaber in Deutschland und gut 18.000 Schornsteinfegergesellen. Das bedeutet: Die Zielgruppe ist zwar sehr klein, aber durch die durchschnittliche Haltbarkeit eines Kehrbezirks von 25 Jahren gibt es jährlich 300 neue Inhaber zu versorgen – für mich mehr als genug.

…was sind Risiken, die speziell Schornsteinfeger haben? Bzw. worauf sollten sie bei Abschluss einer Gewerbepolice achten?

Schornsteinfeger müssen nach aktuellen Gerichtsurteilen bis zu 30 Jahre für ihre Prüfung von Feuerstätten haften. Daher ist es enorm wichtig, dass in der Betriebshaftpflicht auch eine Nachhaftungszeit von 30 Jahren vereinbart ist. Außerdem sollten Schornsteinfeger eine ausreichend hohe Versicherungssumme für eine Betriebshaftpflichtversicherung wählen. Wir empfehlen hier 20 Millionen oder 25 Millionen Euro Deckung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Wichtig ist, dass auch alle Tätigkeiten des Schornsteinfegers in der Betriebshaftpflicht aufgenommen werden und eine Unterscheidung zwischen den hoheitlichen/ behördlichen Tätigkeiten getroffen wird und den normalen Schornsteinfeger-Tätigkeiten sowie der Energieberatung.

Auch im Gewerbebereich beginnen zunehmend Versicherer, standardisierte Tarife zu entwickeln, die online abgeschlossen werden können. Dabei gilt die Gewerbe-Versicherung als ein Bereich, der sehr individualisierte Konzepte und intensive Beratung erfordert. Können Sie sich einen Siegeszug des Direktgeschäftes auch bei Ihrer Zielgruppe vorstellen; bzw. wo sind hier die Grenzen?

Gerade mit unseren Policen kann ich mir eine Online-Abschlussstrecke und eine Beratung durch Erklärvideos durchaus in einigen einfachen Sparten wie der Elektronikversicherung und Inhaltsversicherung vorstellen. Aber im Handwerk ist die persönliche Note immer noch ein wertvolles Gut. Und wie eingangs im Interview erläutert, wollen die Handwerker gern das Thema Finanzen vertrauensvoll an einen Experten abgeben. Daraus resultiert für mich, dass ein Onlineabschluss gerade in dieser Zielgruppe schwieriger ist und mehr Erfolge eher durch eine zusätzliche Onlineberatung erzielt werden könnten.

Sie beraten auch zur betrieblichen Altersvorsorge. Gerade in kleinen Betrieben unter zehn Mitarbeitern haben laut einer Studie im Auftrag der Bundesregierung nur 28 Prozent eine Anwartschaft auf Betriebsrenten erworben. Was sind aus Ihrer Sicht Ursachen für diese Zurückhaltung?

Betriebliche Altersvorsorge ist oftmals nicht gleich verständlich und greifbar – und sie ist in kleineren Firmen auch immer mit einem Verwaltungsaufwand verbunden. Das bedeutet: Wenn zum Beispiel die Ehefrau die Buchhaltung erledigt, entsteht hier schnell Überforderung im Krankheitsfall von Mitarbeitern in der Elternzeit oder in ähnlichen Situationen. Das Konzept betriebliche Altersvorsorge bietet einfach viele Hürden und Barrieren in den Köpfen der Menschen, welche zu überwinden und zu entkräften sind, damit keine Vorurteile und Ängste den Weg zu Integration verwehren.

…und wie kann man auch in kleine Firmen überzeugen, Betriebsrenten anzubieten?

Das ist oft sehr individuell. Aber überwiegen die Vorteile und ein gutes Serviceangebot durch den Versicherungsmakler, lassen sich viele Firmen von der Betriebsrente überzeugen. Ich denke auch: Neue Wege wie flexible Formen der betrieblichen Krankenversicherung oder betriebliche Altersvorsorge in Kombination mit verschiedenen steuerfreien Lohnbestandteilen machen das Thema attraktiver für die Mitarbeiter und auch für die Arbeitgeber. Denn es entsteht dadurch ein intelligentes Lohnsystem. Mit solchen Kombinationen und Innovationen wird der Arbeitgeber auch attraktiv für neue Mitarbeiter und unterstützt die Motivation und Bindung bisheriger Mitarbeiter.

...wie Corona die Branche trifft

Da Sie nah an der Zielgruppe sind: Wie stark war und ist das Handwerk aktuell von der Coronakrise betroffen, vielleicht speziell mit Blick auf die Dresdener Region?

Im Großen und Ganzen würde ich schätzen, die Unternehmen haben durchschnittlich 35 Prozent Umsatzeinbuße zu verzeichnen. Dabei klafft die Schere aber weit auseinander: von Unternehmen mit 90 Prozent Einbruch des Umsatzes auf der einen Seite und, auf der anderen Seite, Unternehmen, die sogar den Umsatz um 15 Prozent steigern konnten. Handwerk ist zu vielschichtig, um das zu pauschalisieren. Natürlich waren Bäcker oder Fleischer im angebundenen Biergarten oder Eiscafé wesentlich stärker betroffen als reine Bäckereien. Viele Bäcker in Dresden beliefern auch Hotels und andere Firmen. Diese hatten ebenfalls erhebliche Umsatzverluste. Dagegen waren Schornsteinfeger so gut wie gar nicht von der Krise betroffen, weil der Brandschutz weiterhin aufrecht erhalten werden musste und alle Arbeiten ganz normal durchgeführt werden mussten ohne Änderung.

Haben Sie auch bei ihrem Kundenstamm Auseinandersetzungen mit Blick auf Betriebsschließungs-Policen und Corona, etwa bei Konditorei- und Fleischereibetrieben? Wie nehmen Sie die Auseinandersetzungen zwischen Versicherern und Gewerbekunden aktuell wahr?

Nun: Ja! Es gab Auseinandersetzungen, Ängste und auch Unzufriedenheit mit der Vorgehensweise von den Versicherern. Ebenso war auch eine Klagebereitschaft zu spüren. Und in wenigen Fällen wurde die Klage auch zur Realität. Ebenso gab es aber auch auf Druck von mehreren Maklern in dieser Branche den Dialog mit den Versicherern und Lösungsansätze, die beide Seiten, Versicherte und Versicherer, zufrieden stimmten. Also wir hatten alles im Bestand. Aber auch hier ist die Masse der Kunden mit Kulanzentschädigungen von 30 Prozent bis 40 Prozent am Ende versöhnlich gestimmt worden.

Meine persönliche Meinung ist aber, dass diese Leistungen nicht ausreichen und es leider wieder eine große mediale Negativ-Presse-Welle für die Versicherer gegeben hat. Hier hätte die Branche von Anfang an direkt eine Entscheidung treffen müssen und angemessen helfen sollen, um dem Image „Versicherer zahlen, wenns drauf ankommt, eh nicht“ entgegenzuwirken. Wir konnten unsere Marke als Versicherungsmakler in dieser Zeit stärken. Viele Versicherer haben diese Gelegenheit aber leider zum Negativen genutzt.

Haben Sie Tipps für Versicherungsmakler, die auch Handwerker als Zielgruppe ansprechen wollen - und hier noch am Anfang stehen? Wie findet man den Einstieg?

Im Nachgang würde ich jedem empfehlen, nicht pauschal sich auf „das Handwerk“ zu spezialisieren, sondern die Spezialisierung noch spitzer anzugehen. Um Prozesse zu verschlanken und Konzepte zu entwicklen oder um sich überhaupt im Markt zu positionieren, braucht es eine noch klarere Zielgruppe. Deswegen sind wir inzwischen den Schritt gegangen, den Fokus auf das Lebensmittelhandwerk und das Schornsteinfegerhandwerk zu setzen… und nach und nach erst das Geschäft um eine neue Branche zu erweitern. Meine Empfehlung also ist: Sucht euch für den Anfang genau ein Gewerk aus und versucht dieses wirklich zu kennen und die beste Beratung für dieses Gewerk zu bieten durch euer Hintergrundwissen. Also positioniert euch in der Zielgruppe als der Spezialist für XY-Gewerk. Alles andere entwickelt sich durch etwas Strategie und auch einfach durch die Positionierung mit der Zeit.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin

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