Eigentlich sollte auf Vermittler mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) ein baldiger Wechsel der Aufsicht zukommen. Sie sollten ab dem 1. Januar 2021 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt werden. Aktuell werden die Vermittler in neun Bundesländern von den Gewerbebehörden überwacht. In sieben Bundesländern sind die Industrie- und Handelskammern zuständig.

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Auf den Wechsel in Richtung BaFin hatte sich die Große Koalition im vergangenen Jahr geeinigt. Inzwischen war der Plan des Bundesfinanzministeriums in einen Referentenentwurf gegossen worden. Mit dem Entwurf sollte sich das Bundeskabinett bereits am 19. Februar befassen. Eine Entscheidung war aber immer wieder aufgeschoben worden.

Zweifel an den Plänen hatte es von Beginn an gegeben. So hatten zuletzt unter anderem Verbände und IHKen ihren Unmut geäußert. „Es würde mit diesem Gesetz eine zusätzliche Kostenbelastung aber insbesondere eine extreme bürokratische Belastung für den Mittelstand ohne adäquaten Nutzen geben.“, erklärte Rechtsanwalt Norman Wirth, Geschäftsführender AfW-Vorstand. In die gleiche Kerbe hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein geschlagen. „Aus unserer Sicht besteht für eine Änderung der Aufsicht keine Notwendigkeit, dies wäre sogar kontraproduktiv“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführers Jürgen Steinmetz. Nach Ansicht des Handelskammer-Funktionärs gibt es aktuell keine Defizite bei der Aufsicht. „Weder gab es in der Vergangenheit hierüber Beschwerden noch sonstige Anhaltspunkte“, betont Steinmetz.

Fürsprecher waren insbesondere die Sozialdemokraten. Deshalb hatte das SPD-geführte Bundesministerium für Finanzen auf einen schnellen Abschluss des Gesetzes gedrängt. Schließlich müssten dringend die Standards der Finanzaufsicht vereinheitlicht werden. Nicht ganz unberechtigt, denn mit Blick auf die Ausbildung, den notwendigen Sachkunde-Nachweis und die Erlaubnis besteht aktuell ein Flickenteppich zwischen den IHKen: Es kann passieren, dass in einem Bundesland höhere qualitative Anforderungen an die Vermittler gestellt werden als in einem anderen. Teils unterscheiden sich die Standards schon von Handelskammer zu Handelskammer.

Wie sehr auch die Große Koalition an der Übertragung der Aufsicht zweifelt, legt eine Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Carsten Brodesser aus dem Februar Nahe. "Bei einer schrittweisen Übertragung dieser Aufsicht auf die Bafin muss man tatsächlich die Frage nach dem Mehrwert und der damit verbundenen Bürokratie sowie der zusätzlichen Kosten stellen", sagte Brodesser am 12. Februar 2020 im Deutschen Bundestag. So solle sich die Übertragung auf die Einhaltung des Prüfungskataloges der dezentralen Aufsichtsbehörden beschränken. Die operative Beaufsichtigung der Vermittlungsaktivitäten könne damit "in den bewährten Händen" der Industrie- und Handelskammern (IHKen) sowie der Gewerbeämter verbleiben, schreibt das Fachportal.

Überdies würden die aktuellen Aufsichtsbehörden um die Gewerbeämter sowie die IHKen bereits die fachliche und persönliche Befähigung der Vermittler prüfen und jährliche Prüfungsberichte abfordern. "Dies geschieht dezentral, kostengünstig und lückenlos", so Brodesser.

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Am vergangenen Freitag (20.11.2020) kam die Aufsichtsübertragung erneut auf die Agenda des Bundestags. Offenbar ist das Thema nun endgültig vom Tisch. Zwar benötige die BaFin im Zuge des Wirecard-Skandals dringend einen Neuanfang. Zusätzlichen Ballast könne diese aber in dem Kontext nicht gebrauchen. Das berichtet das Fachportal "Versicherungsjournal". Demnach sei die Übertragung für CDU/CSU kein Thema mehr. CDU-Politiker Matthias Hauer nannte die angedachte Übertragung einen Irrweg. „Die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler muss bleiben wo sie ist.“, unterstrich CSU-Abgeordneter Alexander Radwan. Auch aus den Reihen der SPD wurde der Aufsichtswechsel nicht mehr thematisiert. Vielmehr schossen sich alle Parteien auf eine grundlegende Neuausrichtung der Finanzbehörde ein.