BaFin: Sparer sollen Prämiensparverträge prüfen
Langfristige Sparformen wie ein Prämiensparvertrag werden Banken und Geldinstituten in Niedrigzinszeiten zur Last. Es sei denn, die Verträge werden gekündigt oder das Kreditinstitut entscheidet selbst über die Höhe der Verzinsung. Bisher ist es der Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht gelungen, eine verbraucherfreundliche Lösung herbeizuführen. Das sollen die Betroffenen nun selbst tun, rät die Behörde und gibt ein paar Tipps an die Hand.
Dass Altersvorsorge viel gemeinsam hat mit Langfristigkeit, Planbarkeit und Verlässlichkeit, ist eigentlich eine Binsenweisheit. Doch wer einen Prämiensparvertrag bei einer Sparkasse in Deutschland abgeschlossen hat, weiß vielleicht, dass es eben keine Selbstverständlichkeit ist: Von 2015 bis Ende Juni 2020 kündigten Sparkassen mindestens 321.000 Kunden, die hochverzinste Verträge hatten. Das Finanzportal biallo, das die Zahlen ermittelte, geht von einer höheren Dunkelziffer aus, weil nicht jede Sparkasse gewillt war, Angaben dazu zu machen.
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Die einseitigen Kündigungen durch die Sparkassen sind allerdings in vielen Fällen legal. Ein Urteil des BGH (AZ: XI ZR 345/18) gestattet es, Sparer nach Erreichen der höchsten Sparstufe nach 15 Jahren rauszuwerfen. Den Verbrauchern müsse es dem Urteil zufolge möglich sein, die höchste Sparstufe wenigstens einmal auszuschöpfen. Die Kündigung ist laut Richterspruch möglich, wenn weder Laufzeit, noch abweichende Kündigungsregelung vereinbart wurde und ein „sachgerechter Kündigungsgrund“ vorliegt. Ist die Kündigung aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar - z.B. wegen niedriger Zinsen am Kapitalmarkt - kann der Vertrag also beendet werden.
Wer von einer solchen Kündigung betroffen ist, sollte also prüfen, ob die Kündigungsvoraussetzungen (keine feste Laufzeit, Erreichen der höchsten Sparstaffel) auch wirklich erfüllt sind.
Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Verbraucherschützern und Sparkassen bezüglich der Pärmiensparverträge.
Denn auch die Berechnung der Zinsen wurde zum Zankapfel. Die Verbraucherzentrale Sachsen erhob deswegen eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig (Versicherungsbote berichtetet). Im April 2020 erging auch ein Urteil vor dem OLG Dresden. Darin wurde klargestellt, dass sich die Verzinsung an einem „angemessenen, langfristigen, öffentlich zugänglichen Referenzzinssatz“ orientieren müsse. Die Dresdner Richter sahen beispielsweise die 9- bis 10-jährige Zahlenreihe der Deutschen Bundesbank WX 4260 (damalige Bezeichnung) als „angemessen“ an. Das Problem: Das Urteil ist nicht rechtskräftig; der Bundesgerichtshof wird sich mit der Frage beschäftigen müssen. Einen Termin dafür gibt es noch nicht.
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Runder Tisch mit Ecken und Kanten
Nun sollte ein von der BaFin einberufener Runder Tisch eine verbraucherfreundliche Lösung herbeiführen. Doch ganz so rund lief die Sache nicht. Das Vorhaben hatte Ecken und Kanten und endete schließlich ergebnislos. Bereits der zweite Dämpfer für die Finanzaufsicht: Anfang des Jahres forderte die BaFin via Rundschreiben, auf die betroffenen langjährigen Kunden zuzugehen und ihnen eine Lösung anzubieten. Geschehen ist nichts. Jetzt (!) wolle die BaFin prüfen, ob es konkrete verwaltungsrechtliche Optionen gibt, mit denen das Ziel ausreichender Kundeninformation erreicht werden könne.
Bis die Behörde diese Prüfung abgeschlossen hat, sind die betroffenen Sparer auf Verbraucherschützer, Rechtsanwälte und sich selbst angewiesen. Immerhin: BaFin-Vizepräsidentin Elisabeth Roegele hat Ratschläge parat: „Wichtig ist, dass betroffene Sparer jetzt selbst aktiv auf ihre Institute zugehen und sich erläutern lassen, welche Klausel ihr Vertrag ganz konkret enthält.“ Der nächste Schritt müsse dann sein, zu prüfen, ob diese rechtskonform sei. Bei Fragen zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche oder zur Unterbrechung etwaiger Verjährungsfristen rät Roegele zudem, sich bei Bedarf an eine Verbraucherzentrale oder auch einen Rechtsanwalt zu wenden. Betroffen seien insbesondere langfristig variabel verzinste Sparverträge aus 2004 und früher.