• so genannten „Key Life Events“, die auf dem Konto identifiziert werden können. Wenn beispielsweise die Zahlung von Kindergeld einsetzt, kann man die Geburt eines Kindes vermuten. Wenn in Brautläden eingekauft wird, steht womöglich eine Hochzeit an. Ein Arbeitgeberwechsel bildet sich ebenfalls auf dem Konto ab, genau wie plötzliche Arbeitslosigkeit oder der Übergang in die Rente. Key Life Events können vertrieblich genutzt werden, um den Kunden auf seinen Versicherungsbedarf anzusprechen.
  • der (Vor-)Qualifizierung von Leads. In der Kreditwirtschaft ist es mittlerweile üblich, den Kunden über einen Kontologin zu bitten, einen elektronischen Gehaltscheck durchzuführen und/oder die Antragsstrecke vorzubefüllen. Steht ein Kontoauszug zur Verfügung, lässt sich dieser mit Zustimmung des Verbrauchers auch dafür nutzen, ihn oder sie vertrieblich besser einschätzen zu können. Wie konsumorientiert ist der Verbraucher? Lebt er in einer Familie oder alleine? Ist er markenbewusst oder preissensitiv? Ist er in finanziellen Angelegenheiten konservativ oder eher verschwenderisch? Verfügt er über ein stabiles oder ein stark schwankendes Einkommen? Einige der Informationen, die ein erfahrener Makler über seine Kunden sammelt, bilden sich selbstverständlich auch in einem Kontoauszug ab und lassen sich mit KI-Methoden erkennen und nutzen.
  • der Identifikation der Werthaltigkeit von Versicherungsnehmern. Aus dem Portfolio der erkannten Versicherungen lässt sich eine Tendenz ableiten, wie wechselwillig der Verbraucher ist. Ob er zum Beispiel bei den jeweiligen Versicherungsunternehmen statistisch überdurchschnittlich viel oder wenig Beiträge bezahlt und mit welchen Versicherungsgesellschaften er in Kontakt steht. Diese Art von Information kann mithelfen, den Aufwand zu bestimmen, den man vertrieblich in einen Kunden investiert. Entweder um ihn zu gewinnen oder zu halten (durch Maßnahmen der Churn-Prävention).
  • der Antragseffizienz. Analog zum Kreditantrag lassen sich auch im Versicherungsantrag bestimmte Tarifierungsmerkmale vorausfüllen. Damit wird der Antragsprozess einfacher und die Customer Journey verbessert. Fragen wie “haben Sie minderjährige Kinder?”, “sind Sie verheiratet?” oder “sind Sie im öffentlichen Dienst tätig?” lassen sich oftmals analytisch aus dem Kontoauszug ableiten.
  • der Identifikation von neuen Tarifierungsmerkmalen, die bislang nicht zur Verfügung standen. Beispielsweise weisen so genannte Risiko-Konten (Zahlungskonten, die viele Negativ-Ereignisse aufweisen, also z.B. Inkasso-Vorgänge und Rücklastschriften) überproportional häufig Regulierungen von Haftpflichtschäden auf. Diese Art von Information wäre künftig im Aktuariat ausgesprochen wertvoll, wenn man in den kommenden Jahren von einer hinreichenden Abdeckung dieses Datenpunkts aus Kontoinformationen ausgeht.

Fazit: Möglichkeiten sind groß – Churn-Prevention ist das nächste große Thema

Neben der Unterstützung von Vertriebs- und Antragsprozessen lassen sich Kontoinformationen also auch im Aktuariat und in gewissem Umfang in der Betrugsprävention nutzen. Banken nutzen bereits heute Kontoinformation im Inkassobereich und bei Versicherungen ist dies nur eine Frage der Zeit, denn Kontoinformationen stellen eine ideale Ausgangslage dar. Die einseitige Fokussierung auf eine Optimierung von Versicherungsverträgen schöpft das Potenzial des Einsatzes von Kontoinformationen bei weitem nicht aus. Vielmehr können über Kontoinformationen der potenzielle Kundenwert, der sich im Zahlungskonto des Kunden abbildet sowie Maßnahmen zur Churn-Prävention abgeleitet werden. Stehen beispielsweise aus einem weitgehend automatisierten Inkassoprozess Kontoinformationen zur Verfügung, können diese Informationen eingesetzt werden, um Inkassomaßnahmen zu steuern und zu entscheiden, wie man mit dem Vertragsverhältnis weiter verfährt.

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Weiterhin könnte die Kommunikation mit dem Kunden angepasst werden sowie sogar mögliche Vertragsstörungen (etwa durch Nicht-Zahlung oder Kündigung seitens des Kunden) im Vorfeld prognostiziert werden. Mit diesen Informationen können Versicherer dann proaktiv auf den Kunden zugehen. Einen Score zur Churn-Vorhersage auf Basis von Kontoinformationen gibt es heute zwar noch nicht, aber dieser ist nur die logische Weiterentwicklung der Verwendung analytischer Kennzahlen im Vertrieb. Im Inkassoverfahren kann der sinnvolle Aufwand (z.B. durch Telefoninkasso oder Kundenrückgewinnungsmaßnahmen) daran ausgerichtet werden, wie wertvoll sich die jeweilige Kundenbeziehung anhand des Kontoprofils darstellt. Dafür lassen sich durch die clevere Anwendung von KI-Methoden passgenaue Vorhersagemodelle erstellen.

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