Ein bisschen Technik vorab: Als Token bezeichnet man eine digitalisierte Form von Vermögenswerten. Ihm wird eine bestimmte Funktion oder ein bestimmter Wert zugesprochen. Weitreichende Einsatz- und Erscheinungsformen sind denkbar. Bei der Tokenisierung handelt es sich um die digitalisierte Abbildung eines (Vermögens-)Wertes inklusive der in diesem Wert enthaltenen Rechte und Pflichten sowie dessen hierdurch ermöglichte Übertragbarkeit, schreibt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Letztlich handelt es sich bei der Tokenisierung einen digitalen Verbriefungsprozess von Eigentumsverhältnissen an bestimmten Gütern, physischen Gegenständen oder Rechten. Rein theoretisch kann alles tokenisiert werden, ob klassische und alternative Anlageprodukte wie Anleihen, Immobilien, Wälder oder auch Unternehmensbeteiligungen oder auch Sachwerte wie Turnschuhe oder Whisky. Anstatt einer physischen Urkunde definiert ein digitaler Token die jeweiligen Besitzverhältnisse. Zahlreiche Analysen und Studien des Weltwirtschaftsforums (WEF) gehen davon aus, dass bis 2029 etwa zehn Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) tokenisiert sein werden. Dieser Wert beläuft sich demnach auf mehr als zehn Trillionen US-Dollar.

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Beim Frankfurter Finanztechnologie-Unternehmen Cashlink heißt es dazu: „Während viele Prozesse, wie der Wertpapierhandel heute weitgehend elektronisch ablaufen, wurde der Kern des Kapitalmarkts nie digitalisiert: Wertpapiere werden heute noch in einer Globalurkunde verbrieft und an einer zentralen Stelle physisch verwahrt.“ Durch die Tokenisierung könnten sämtliche Vermögenswerte als digitales Wertpapier auf einer sogenannten Blockchain abgebildet werden. Dabei handelt es sich laut der BaFin um fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind. Mit der Blockchain-Technologie lassen sich Eigentumsverhältnisse direkter und effizienter als bislang sichern und regeln, da eine lückenlose und unveränderliche Datenaufzeichnung hierfür die Grundlage schafft. Bei einer Tokenisierung wird ein Vermögenswert rechtlich mit einer digitalen Repräsentation (also dem Token) auf einer Blockchain verknüpft.

Prinzipiell kann fast jeder Vermögenswert tokenisiert werden

Entscheidend ist in der Regel die rechtliche Situation in der Jurisdiktion der emittierenden Partei und die Strukturierung des Wertpapiers. Auch in Deutschland ist längst Bewegung in das Thema Blockchain gekommen. Der Bundestag hat am 14. November 2019 Gesetzesänderungen beschlossen, die Kryptowerte in Deutschland zu einem offiziellen Finanzinstrument mit entsprechender Regulierung machen. Mit der Entscheidung wird die vierte EU-Änderungsrichtlinie zu Geldwäsche in deutsches Recht umgesetzt, und das bestehende Geldwäschegesetz und andere den Finanzsektor betreffende Gesetze (KWG) werden geändert.

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Prinzipiell kann fast jeder Vermögenswert tokenisiert werden. Dabei stehen insbesondere großvolumige Anlagen im Fokus, etwa Unternehmensbeteiligungen und Immobilien und weitere komplexe Sachwerte. Aber auch die allgemeine Unternehmensfinanzierung wird durch die Tokenisierung erleichtert. Mit der Einführung von „digitalen“ (tokenisierten) Wertpapieren profitieren mittelständische Unternehmen von einer Entwicklung am Finanzmarkt, die sie in die bequeme Lage versetzt, ihre Finanzierungsvorhaben deutlich flexibler umzusetzen. Heute schon können kleine- und mittelständische Unternehmen (KMU) Anleihen auf Basis digitaler Wertpapiere bis zu einem Emissionsvolumen von acht Millionen Euro mit einer beschränkten Prospektpflicht emittieren. Der Emittent muss hierfür lediglich ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) veröffentlichen. Die Kosten belaufen sich auf einen Bruchteil einer klassischen Anleiheemission – und die typischen komplizierten Strukturen einer Finanzierung über die Bank entfallen auch.

Spannende Investmentstories viel leichter positionieren

Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass Anleger sich über ein digitales Token auch an Vermögenswerten beteiligen können, die ihnen sonst nicht offenstehen, weil sie viel zu teuer im Einstieg sind. Denn die Tokenisierung lässt auch kleinste Stückelungen zu. Das ist nicht mehr und nicht weniger als die Demokratisierung der Geldanlage! Durch die Tokenisierung ist die Teilhabe je nach Angebot schon mit wenigen 100 oder 1000 Euro möglich, also auch an Großprojekten, die sonst nur vermögenden Anlegern zugänglich sind. Das eröffnet Emittenten, Unternehmen und Anlegern gleichermaßen große Chancen: Anbieter von Vermögenswerten erreichen eine viel größere Anzahl an potenziellen Investoren und können ihre Investmentstory viel leichter positionieren. Insgesamt erwarten Experten, dass die Marktgröße der Europäischen Union für tokenisierte Vermögenswerte im Jahr 2024 1,4 Billionen Euro erreichen wird.

Und Anleger können genau an diesen Stories teilhaben und breit streuen - leichter kann Diversifikation kaum funktionieren. Je mehr Vermögenswerte tokenisiert werden, desto besser diversifizierte Portfolios können aufgebaut werden. Diese können bereits heute aus Beteiligungen in so gut wie allen Assetklassen bestehen, die für Privatanleger sonst kaum machbar erscheinen. Denn gerade in Assetklassen wie Kunst, Oldtimern oder auch Luxus-Nahrungsmitteln bestehen nicht nur finanzielle Zugangsschwellen. Auch fehlt es bisweilen an echter Marktkompetenz, um die richtige Werte zu finden. Die Tokenisierung ermöglicht es Anlegern, sich auszuprobieren und ohne hohe Kompetenz und schlechtes Gewissen für sie interessante Anlagen auszuwählen.

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Finanzanlagenvermittler können nachhaltige Geldanlagen leichter vermarkten

Besonderen Wert erfährt die Tokenisierung im Bereich der Nachhaltigkeit. Im Zuge des Pariser Nachhaltigkeitsabkommen und dem Ziel, bis 2050 CO2-Neutralität herzustellen, ist eine Initiative für Nachhaltigkeit in der Europäischen Union geschaffen worden. Diese will unter anderem so viel privates Kapital wie möglich in nachhaltige Investments führen. Der Hintergrund: Es sind laut der EU-Kommission bis zu 270 Milliarden Euro jährlich an Investitionen notwendig, um diese nachhaltigen Ziele zu erreichen. Das ist eine gigantische Zahl, die sich nur durch die Einbindung so vieler Menschen wie möglich erreichen lässt. Das Interesse für, die Neigung zu nachhaltigen Investments ist da. Das zeigen aktuellen Daten des Forums nachhaltige Geldanlage (FNG). Allein die Privatanleger in Deutschland haben ihre Investments in Nachhaltige Geldanlagen in 2019 von 9,4 Milliarden Euro auf 18,3 Milliarden Euro gesteigert. Stand Ende 2019 waren insgesamt 269,3 Milliarden Euro in nachhaltige Anlageprodukte investiert.

Besonders das Interesse an der Beteiligung an konkreten Projekten, die Nachhaltigkeit fördern, steigt – mit dem bereits formulierten Problem, dass viele Anleger keine größeren Engagements eingehen können oder wollen. Die Tokenisierung durchbricht diese Barriere und fördert damit die nachhaltige Entwicklung, weil sich jedermann mit seinen Mitteln und in seiner gewünschten Größenordnung beteiligen kann.

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Für Finanzanlagenvermittler lohnt sich die Beschäftigung mit diesen digitalen Assets. Mit einem Partner, der ihnen Tokens verschiedenster Art zur Verfügung stellt, können sie ihre Kunden in die Welt der digitalen Vermögensanlage überführen und ihnen neue Kompetenzen und Handlungsfelder eröffnen. Finanzanlagenvermittler können dadurch zum Katalysator der Demokratisierung der Geldanlage werden und sich durch innovative Lösungen noch enger an ihre Kunden binden.

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