Allianz-Chef warnt vor Pleite von Lebensversicherern
Allianz-Chef Oliver Bäte warnt aktuell vor der Pleite deutscher Lebensversicherer. Einige Mitbewerber könnten ausscheiden - auch aufgrund von Problemen, die die Europäische Zentralbank mit ihrer Niedrigzinspolitik verschärft hat.
Oliver Bäte, Chef der Allianz Gruppe, prognostiziert, dass einige deutsche Lebensversicherer nicht dauerhaft überlebensfähig sind. "Ich rechne gerade angesichts der massiven Verwerfungen damit, dass ein paar Wettbewerber, die nicht gut gewirtschaftet haben, ausscheiden“, sagte der 55jährige kurz vor Weihnachten dem „Handelsblatt“. Der Manager wertet das aber indirekt als einen notwendigen Selektionsprozess. Zu einer Marktwirtschaft gehöre das Ausscheiden von Unternehmen, die im Markt nicht konkurrenzfähig sind - eine solche Entwicklung müsse es auch bei Finanzdienstleistern geben.
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Gleichwohl macht der Allianz-Chef auch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Probleme der Branche mitverantwortlich. „Die Geldpolitik ist dabei, die Sparer zu enteignen“, so Bäte. Eine Folge sei, dass die Allianz Produkte, die 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren, künftig nicht mehr anbiete, weil der Versicherer nicht mehr ausreichend Rendite aus risikofreien Staatsanleihen erwirtschaften könne. "Wenn Sie bei einer Staatsanleihe, die negative Renditen abwirft, 106 Euro beim Kauf zahlen und nach zehn Jahren am Ende 100 Euro zurückbekommen - wie sollen wir dann 106 Euro garantieren können?“, begründet der Manager den Schritt. Die Lebensversicherer sind gesetzlich verpflichtet, Garantien mehrheitlich mit festverzinslichen Papieren abzusichern.
Auffanggesellschaft Protektor: Dünnes Sicherheitsnetz
Gleichwohl müssten die Gelder der Kundinnen und Kunden bei einer Pleite von Lebensversicherern sicher sein, fordert Bäte: "Man muss nur sicherstellen, dass man die betroffenen Kunden in einem solchen Fall so gut wie möglich schützt", sagt er in dem Interview. Hier kommt die Auffanggesellschaft Protektor ins Spiel. Von der Versicherungswirtschaft wurde diese Gesellschaft 2002 gemeinsam gegründet, um Verträge von Lebensversicherern aufzufangen, die in die Insolvenz schlitterten. Anlass war die damalige Pleite der Mannheimer Leben.
Umstritten ist jedoch, ob Protektor auch die Pleite eines größeren Lebensversicherers auffangen könnte - bzw. die Situation, wenn mehrere Anbieter gleichzeitig Probleme bekommen. Das bilanzielle Nettovermögen des Sicherungsfonds belief sich Ende 2019 auf 996,8 Millionen Euro, wie aus dem Geschäftsbericht von Protektor hervor geht. Der Marktwert des Sicherungsvermögens lag bei circa 1,032 Milliarden Euro: ganze 155.000 Verträge betreut die Gesellschaft. Das entspricht knapp 0,19 Prozent des Gesamtbestandes: Zum Jahresende 2019 hielt die Branche laut BaFin rund 82,2 Millionen Leben-Verträge.
Die Auffanggesellschaft speist sich aus den Mitgliedsbeiträgen der beteiligten Lebensversicherer und geht auf eine -zunächst- freiwillige Initiative der Branche zurück. Und obwohl die AG die Gelder der Kundinnen und Kunden sichern soll, geriet sie selbst schon in Geldnot. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen von 2019 konnte Protektor allein zwischen 2010 und 2013 viermal die geforderte Mindestzuführung zu den gesetzlich vorgeschriebenen Rückstellungen nicht erfüllen: also stark vereinfacht zu jenem Kapitalpuffer, der Ansprüche der Kunden langfristig sichern soll.
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In den letzten Jahren zeigt sich eine zunehmende Marktkonzentration im Leben-Geschäft. Die Allianz Leben ist hierbei unangefochtener Marktführer: Fast jeder dritte verdiente Euro an Bruttobeitrag, der mit Lebensversicherungen verdient wird, geht mittlerweile an die Stuttgarter Allianz-Tochter, so verrät die BaFin-Statistik.