TK, Barmer und AOK Plus heben Zusatzbeitrag deutlich an
Die Coronakrise setzt die Krankenkassen unter Druck. Mit der TK, Barmer und AOK Plus müssen nun die größten Anbieter den Beitrag deutlich anheben, nachdem sie ihn in den Jahren zuvor stabil halten konnten. Für Millionen Krankenversicherte wird es dadurch teurer.
Millionen gesetzlich Krankenversicherte müssen im kommenden Jahr deutlich höhere Beiträge für ihre Krankenversicherung zahlen. Das geht aus aktuellen Pressemeldungen der Krankenkassen hervor. Demnach heben die Techniker Krankenkasse (TK), die Barmer und die AOK Plus ihren Zusatzbeitrag zum Jahreswechsel stark an. Seit 2015 dürfen die Kassen zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag erheben, wenn das Geld nicht ausreicht. Er wird aktuell zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen.
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TK: Zusatzbeitrag geht um 0,5 Prozentpunkte rauf
Die Techniker Krankenkasse (TK) berechnet ab dem 1. Januar 2021 einen Zusatzbeitrag von 1,2 Prozent, was ein sattes Plus um 0,5 Prozentpunkte bedeutet. Im vergangenen Jahr mussten die Versicherten noch 0,7 Prozent zahlen, was deutlich unter dem amtlich empfohlenen Zusatzbeitrag gelegen hatte. Mit knapp 10,67 Millionen Versicherten ist die TK Deutschlands größter Krankenversicherer. Für 2021 steigt damit der Beitragssatz auf 15,8 Prozent.
Aber: Auch 2021 liegt der Zusatzbeitrag des Versicherers 0,1 Beitragssatzpunkte unter dem vom Bundesministerium für Gesundheit festgelegten Durchschnitt der gesetzlichen Krankenversicherung von 1,3 Prozent, wie die TK per Pressetext hervorhebt. Dieser Durchschnitt ist für die Krankenkassen nicht bindend.
"Unser im Vergleich deutlich unterdurchschnittlicher Zusatzbeitragssatz war nicht kostendeckend. Wir sind damit der gesetzlichen Vorgabe des Abbaus von Finanzreserven nachgekommen, gleichzeitig steigen die Kosten im Gesundheitswesen weiter. Nun ist es notwendig, dass wir den Beitrag anpassen“, sagt Dominik Kruchen, alternierender Vorsitzender des TK-Verwaltungsrats und Arbeitgebervertreter.
Barmer über empfohlenem Zusatzbeitrag
Ebenfalls ein Beitragsplus steht bei der Barmer an, mit knapp 8,97 Millionen Versicherten die zweitgrößte Krankenkasse. Sie setzt den Zusatzbeitrag um 0,4 Prozentpunkte rauf, so dass die Versicherten im kommenden Jahr 1,5 Prozent zahlen müssen. In Summe zahlen Barmer-Versicherte und ihre Arbeitgeber damit 16,1 Prozent vom Bruttolohn.
AOK Plus und AOK Sachsen-Anhalt ebenfalls mit deftigen Beitragssprüngen
Einen Beitragssprung müssen auch gesetzlich Versicherte bei mitgliederstarken Ortskrankenkassen hinnehmen, sofern sie ihrem Anbieter treu bleiben wollen:
Die AOK Plus erhöht ihren Zusatzbeitrag um 0,6 Prozentpunkte auf 1,2 Prozent, landet damit aber immer noch unter dem festgelegten Zusatzbeitrag des Bundesgesundheitsministeriums. Das betrifft rund 3,4 Millionen Versicherte in Sachsen und Thüringen: In beiden Bundesländern ist die AOK Plus marktführend und versichert beinahe jeden Zweiten. In Summe muss 2021 ein monatlicher Beitragssatz von 15,8 Prozent gezahlt werden.
Die rund 670.000 Versicherten der AOK Sachsen-Anhalt sind gleichfalls von einem Anstieg des Zusatzbeitrages auf 0,6 Prozent betroffen. Allerdings lag der Zusatzbeitrag bisher bei Null, sodass die Ortskrankenkasse eine der günstigsten bleibt. Der Beitragssatz beträgt ab dem Jahreswechsel 15,2 Prozent.
Kritik an Gesundheitspolitik der Bundesregierung
Als Gründe für die Beitragssprünge machen die Krankenkassen in ihren Pressetexten nur zum Teil die Coronakrise verantwortlich. Vorstände wie AOK-Verbandschef Martin Litsch hatten bereits bemängelt, dass die Kosten der Pandemie einseitig den gesetzlich Krankenversicherten aufgebürdet würden. Unter anderem mussten zusätzliche Intensivbetten bereitgestellt und planbare Operationen verschoben werden; die Covid-19-Tests und die Infrastruktur für das Impfen verschlingen ebenfalls Geld. Die Anbieter sparten hingegen auch, weil in Corona-Zeiten viele Leistungen in Krankenhäusern, bei Vertragsärzten oder Reha-Zentren nicht in Anspruch genommen wurden.
Aber speziell die Gesundheitsreformen der letzten Jahre kommen die Kassen teuer zu stehen: zum Beispiel das Terminservicegesetz, das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz oder Reformen für eine bessere Pflege. Besonders schmerzhaft für einige Anbieter: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zwingt die Kassen dazu, ihre angesparten Rücklagen abzuschmelzen.
So schreibt die AOK Sachsen-Anhalt in ihrem Pressetext: “Um das Defizit von 16,6 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds abzubauen, greift die Bundesregierung massiv in die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen ein. Zwar beteiligt sich die Bundesregierung mit rund fünf Milliarden Euro, doch den weitaus größten Teil von insgesamt 11,6 Milliarden Euro sollen allein die Beitragszahler aufbringen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherungen wurde für 2021 um 0,2 auf 1,3 Prozentpunkte angehoben. Um den Rest des verbleibenden Defizits auszugleichen, zieht die Bundesregierung acht Milliarden Euro aus Rücklagen der Krankenkassen ein“. Traudel Gemmer, Vorsitzende des Verwaltungsrates und Vertreterin der Arbeitgeberseite, findet hierfür harte Worte: "Die Bundesregierung enteignet uns nun de facto von dieser Finanzreserve".
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