Unfallversicherung: Gutes Geschäft mit Wachstumssorgen
Die private Unfallversicherung zählt zu einem der profitabelsten Zweige im Kompositgeschäft. Frei von Problemen aber ist auch das Unfallgeschäft nicht. Der Versicherungsbote stellt aktuelle Kennzahlen des wichtigen Geschäftszweigs vor.
- Unfallversicherung: Gutes Geschäft mit Wachstumssorgen
- Das gute Geschäft kämpft mit abnehmender Nachfrage
Wichtig, weil profitabel
Die Unfallversicherung ist eine Branche, die auch 2019 gute Gewinne ermöglichte. Das zeigt der aktuelle „Branchenmonitor Unfallversicherung 2014-2019“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH (in Zusammenarbeit mit Sirius Campus). Zwar gehen nur neun Prozent der 73.205 Mio. Euro Bruttoprämien, die das Kompositgeschäft in der Summe einbringt, auf das Konto des Zweigs Unfall – Rang vier bei den Prämieneinnahmen hinter den Zweigen Kfz Gesamt, Verbundene Gebäudeversicherung und Haftpflicht. Dennoch aber: Aufgrund ihrer Profitabilität steht die Unfallversicherung „an der Spitze der Kompositzweige“, wie Clemens Wilde als Autor des aktuellen Branchenmonitors herausstellt.
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Quoten zum Prahlen
Diese Profitabilität wird anschaulich an wichtigen Kennzahlen: So sanken die durchschnittlichen Schadenaufwendungen von 69,81 Mio. Euro in 2018 auf 69,14 Mio. Euro in 2019. Diese Zahlen bedeuten gute Schadenquoten: schon in 2018 lag die Quote bei guten 48,01 Prozent, verringerte sich in 2019 aber nochmal auf bessere 46,50 Prozent.
Zwar verschlechterte sich die Betriebskostenquote, allerdings minimal: von 34,64 Prozent in 2018 auf 34,79 Prozent in 2019. Da aber die gebuchten Bruttobeiträge, die jeder Versicherer im Schnitt einnahm, um 2,05 Prozent wuchsen – von 117,90 Mio. Euro in 2018 auf 124,69 Mio. Euro in 2019, verbesserte sich trotzdem die Schaden-Kosten-Bilanz des Geschäftszweigs.
Bei guten 81,29 Prozent lag die durchschnittliche Combined Ratio (CR) des Marktes in 2019 – eine nochmalige Verbesserung gegenüber 2018 um 1,36 Prozentpunkte. Verglichen mit anderen Zweigen des Kompositgeschäfts zeigt demnach die private Unfallversicherung ein relativ stabiles Bild, wird im Monitor dargelegt.
Und auch beim versicherungstechnischen Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) kommt Freude auf: 19,49 Mio. Euro stehen hier im Schnitt für jeden Versicherer auf der Haben-Seite.
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Zuverlässig wird Geld verdient
Die versicherungstechnische Ergebnisquote verbesserte sich von 19,31 Prozent in 2018 auf 22,03 Prozent in 2019. Derartige Kennzahlen zeigen laut Branchenmonitor: in kaum einem anderen Zweig verdienen Versicherer so viel und so solide Geld wie in der Unfallversicherung. Allerdings gibt es auch branchenspezifische Probleme.
Das gute Geschäft kämpft mit abnehmender Nachfrage
Denn zum einen ist es dem Markt nicht gelungen, die Unfallversicherung als notwendiges Produkt für jüngere Kunden zu platzieren. So wächst das Prämienvolumen aller Versicherer in der Summe mit 1,8 Prozent weit weniger deutlich als in anderen Kompositzweigen. Beträgt doch das Prämienwachstum für das gesamte Kompositgeschäft 3,5 Prozent – und damit 1,7 Prozentpunkte mehr.
Und auch das Wachstum bei der Anzahl der Versicherungsverträge fällt moderat aus – dieses bringt es sogar nur auf 0,69 Prozent.
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Fast der halbe Markt verliert Verträge
Von allen 50 im Monitor analysierten Versicherern müssen insgesamt 23 Versicherer in 2019 einen Rückgang bei den Vertragszahlen gegenüber 2018 hinnehmen – fast die Hälfte der Branche. 588.360 Verträge hält in 2019 jeder Versicherer im Schnitt.
Demographischer Wandel erhöht Schadenwahrscheinlichkeit
Hinzu kommt: Mit dem Altern der Bestände altern auch die Versicherungsnehmer. Der demographische Trend kann zum Problem der Unfallversicherung werden. So wuchs und wächst laut der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts (Destatis) die Gruppe der Menschen ab 80 Jahren zwischen 2018 und 2022 bereits von 5,4 Millionen auf 6,2 Millionen an. Im Jahr 2050 können aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung dann sogar 8,9 Millionen bis 10,5 Millionen Menschen über 80 Jahre alt sein.
Die Krux bei der Sache: Im hohen Alter werden Unfälle und Stürze der Versicherungsnehmer wahrscheinlicher. Zumal ältere Versicherungsnehmer heutzutage auch wesentlich aktiver sind als in der Vergangenheit. Auch deswegen ist ihnen, so betont Monitorautor Clemens Wilde, eine statistisch höhere Schadenwahrscheinlichkeit zu unterstellen. Wie die Branche auf diese Herausforderungen regieren wird, ist noch nicht abzusehen.
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Hintergrund: Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Unfallversicherung 2014-2019“ BaFin-Berichte sowie das Statistische Jahrbuch des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 94 Prozent des Unfallmarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.
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