Private Altersvorsorge: Banken schlagen Vertreter und Makler im Neugeschäft
Über welche Kanäle werden die meisten privaten Altersvorsorge-Produkte vermittelt? Eine Analyse von Willis Towers Watson zeigt: Nicht die Versicherungs- oder Finanzanlagenvermittler haben die Nase vorne, sondern die Banken. Das hat aber auch mit dem Boom des Einmalbeitrags-Geschäfts zu tun.
- Private Altersvorsorge: Banken schlagen Vertreter und Makler im Neugeschäft
- Banken haben Informationsvorsprung im Einmalbeitrags-Geschäft
Banken waren auch 2019 der wichtigste Absatzkanal für die private Altersvorsorge (pAV). 36 Prozent des eingelösten Neuzugangs nach dem Annual Premium Equivalent (APE) konnten die Geldhäuser und ihre Filialen auf sich vereinen, sie verweisen damit Einfirmenvermittler (32 Prozent) und Makler/Mehrfachagenten (27) auf die Plätze. Das zeigt die Vertriebswegestudie 2019 aus dem Hause Willis Towers Watson.
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Insgesamt lösten die 86 in der Studie analysierten Lebensversicherer im Jahr 2019 ein Neugeschäft in Höhe von 6,6 Milliarden Euro nach APE ein. Stark vereinfacht ist das Annual Premium Equivalent die Summe aus laufenden Brutto-Beiträgen für ein Jahr und zehn Prozent der Einmalbeiträge.
Private Altersvorsorge wichtigste Kategorie für Lebensversicherer
Auf die Produkte der privaten Altersvorsorge entfallen immer noch die größten Anteile des Leben-Neugeschäfts: Sie steuerten 4,2 Milliarden Euro bei, nach 3,5 Milliarden Euro in 2018. Die Bedeutung der privaten Altersvorsorge für die Anbieter ist demnach wieder gestiegen. Andere Produktarten sind zum Beispiel betriebliche Altersvorsorge-Verträge, Risikolebensversicherungen oder biometrische Produkte wie Berufsunfähigkeits-Policen.
„Die anderen Produktgruppen haben zwar ebenfalls zugelegt, aber nicht in dem hohen Maße wie die pAV, deren Anteil von 62 auf 65 Prozent gestiegen ist“, sagt Henning Maaß, für die Studie verantwortlicher Berater bei Willis Towers Watson. Einmalbeiträge konnten sogar um 37 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro zunehmen. „Erfreulich ist auch die Steigerung des Neuzugangs bei den laufenden Beiträgen um acht Prozent auf 1,8 Milliarden Euro", so Maaß.
Banken dominieren beim Einmalbeitrag
Betrachtet man die Neuabschlüsse gegen Einmalbeitrag und laufenden Beitrag getrennt, so fällt auf, dass die Banken vor allem das Einmalgeschäft dominieren: 44 Prozent aller Neuabschlüsse entfielen hier 2019 auf die Geldinstitute. Sie verweisen in diesem Bereich Makler und Mehrfachagenten auf Rang zwei mit 26 Prozent des Neugeschäfts-Volumens, während Einfirmenvertreter 24 Prozent erlösten.
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Anders sieht es im Geschäft gegen laufenden Beitrag aus. Dieser wird von den Vertretern dominiert, die 43 Prozent des Neugeschäfts erzielen. Makler und Mehrfachvertreter platzieren sich auf dem zweiten Rang (29 Prozent), während Banken mit 24 Prozent drittwichtigster Absatzkanal gegen laufenden Beitrag sind.
Banken haben Informationsvorsprung im Einmalbeitrags-Geschäft
Ein Grund, weshalb Banken beim Einmalbeitrag dominieren: Sie haben einen privilegierten Zugang zu den Konto-Daten und wissen deshalb genauestens über die finanzielle Situation der Kundinnen und Kunden Bescheid. „Banken kennen die hohen liquiden Mittel ihrer Kunden und die Lebensversicherer bieten in der jetzigen Nullzinsphase dafür attraktive Produkte“, kommentiert Analyst Maaß. „Bei laufenden Beiträgen allerdings haben die Banken 2019 sogar geringfügig weniger Neuzugang in der pAV erzielen können als noch 2018. Die Einfirmenvermittler konnten 2019 bei laufenden Beiträgen hingegen 95 Millionen Euro mehr Neuzugang in der pAV einlösen als in 2018“, erklärt der Experte.
Lebensversicherungen gegen Einmalbeitrag sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass der komplette Beitrag für Rente und Versicherungsschutz durch eine einmalige Zahlung geleistet wird. Der Betrag wird dann entweder in eine lebenslange Leibrente umgerechnet oder -im Falle eines Auszahlplans- am Kapitalmarkt angelegt, sodass regelmäßige Entnahmen möglich sind. Die Rentenzahlung kann je nach gewähltem Tarif sofort oder erst zu einem festgelegten späteren Zeitpunkt erfolgen. Beliebt sind derartige Vorsorge-Lösungen bei Menschen, die bereits Geld auf dem Konto angespart haben und kurz vor dem Ruhestand stehen. Hat die Bank Einblick in die Vermögenssituation ihrer Kunden, kann das ein Vorteil beim Vertrieb von Einmalbeitrags-Lösungen sein, weil sie die Zielgruppe gezielt ansprechen kann.
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Private Altersvorsorge ist wichtigster Leben-Neugeschäftsbringer
Die Bedeutung der privaten Altersvorsorge für den Leben-Vertrieb bleibt sehr hoch, wie auch der Blick auf die pAV-Anteile der drei größten Vertriebswege (siehe Abbildung) zeigt: „Die pAV konnte 2019 bei den Einmalbeiträgen ihre überragende Bedeutung bei den Einfirmenvermittlern sowie bei den Maklern und Mehrfachagenten sogar noch auf 94 Prozent bzw. 95 Prozent ausbauen. Da Banken verhältnismäßig viel Todesfallversicherungen gegen Einmalbeitrag verkaufen, ist der pAV-Anteil dort mit 88 Prozent etwas geringer “, erläutert Maaß. „Bei laufenden Beiträgen konnten nur Einfirmenvermittlern den pAV-Anteil auf 52 Prozent steigern, während sich deren Bedeutung bei den beiden anderen Vertriebswegen auf 39 Prozent bzw. 55 Prozent verringerte.“
Hintergrundinformationen: Der privaten Altersvorsorge wurden zugerechnet: Kapital- und Rentenversicherungen sowie Kapitalisierungsprodukte der 3. Altersvorsorge-Schicht nach Alterseinkünftegesetz, Basis-Renten der Schicht 1 und private Riester-Renten der Schicht 2.
- Private Altersvorsorge: Banken schlagen Vertreter und Makler im Neugeschäft
- Banken haben Informationsvorsprung im Einmalbeitrags-Geschäft