Rückblende: Im Sommer 2016 startet Generali das Fitness-Programm Vitality und dehnt das Angebot auch auf den Maklerversicherer Dialog und Direktversicherer Cosmos Direkt aus. Der Fitness-Tarif wird in Deutschland in Verbindung mit einer BU-Absicherung verkauft. Mit dem anreizbasierten Programm zur Gesundheitsförderung sollen Kunden mit Gutscheinen und Rabatten belohnt werden, wenn sie sich gesundheitsbewusst verhalten. Wer etwa regelmäßig ins Fitnessstudio geht oder gesunde Lebensmittel kauft, sammelt Punkte und kann Nachlässe auf seine Versicherungsprämien erhalten. Der Versicherer leistet damit aus eigener Sicht „einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag“. Immerhin würde „das Programm in Deutschland bereits Tausende zufriedene Kunden zu einem gesundheitsbewussten und gesünderen Leben motivieren“, ließ Generali verlauten, als die Klage der Verbraucherschützer gegen die Bedingungen bekannt wurde.

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Kleinlein: Klare Bedingungen statt Nebelkerzen

Nun berichtet der Bund der Versicherten (BdV), dass seine Klage vor dem Landgericht München (AZ: 12 O 8721/20; Urteil nicht rechtskräftig; liegt Versicherungsbote vor) erfolgreich war. Die Richter seien der Auffassung der Verbraucherschützer vollständig gefolgt und hätten dem Versicherer verboten, die beanstandeten Klauseln zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. „Wir freuen uns über diesen Erfolg für den Verbraucherschutz. Das Urteil zeigt, dass Versicherer ihre Bedingungen verständlich formulieren müssen, statt mit intransparenten Marketingversprechen Nebelkerzen zu werfen“, so BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

Um diese Klauseln geht es

Doch welches konkrete Verhalten führt tatsächlich zu welchen Vergünstigungen? Das würden Verbraucher*innen nicht erfahren, argumentierte der BdV. Auch ein Hinweis darauf, dass Rabatte bei fehlenden Überschüssen gänzlich ausbleiben können, würde dem Bedingungswerk des Versicherers fehlen. Das sahen auch die Münchener Richter so. Für durchschnittliche Versicherungsnehmer*innen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, nach denen sie nachvollziehen können, wie sich ihr Verhalten bei Programmteilnahme auswirkt und wie es die Überschussanteile beeinflusst; die beanstandete Klausel zur Berücksichtigung „sonstigen gesundheitsbewussten Verhaltens“ im Rahmen der Überschussbeteiligung verstößt deshalb gegen das Transparenzgebot.

Die andere beanstandete Klausel besagt, dass sofern der Versicherer „keine termingerechte Information über das sonstige gesundheitsbewusste Verhalten“ erhält, der Vertrag so behandelt wird, als hätte sich die versicherte Person nicht „sonstig gesundheitsbewusst verhalten“. Auch hier teilt das Gericht die Ansicht des BdV, dass die Klausel die Versicherungsnehmer*innen unangemessen benachteiligt, da sie das Übermittlungsrisiko generell auf sie überträgt – auch dann, wenn der Versicherer die Nichtübermittlung selbst zu vertreten hat.

Konsequenzen aus dem Urteil

Nun müsse der Versicherer darauf verzichten, Prämien bei sich unterschiedlich gesundheitsbewusst verhaltenden Versicherten in der geplanten Form zu differenzieren, schlussfolgert der BdV. Die Verbraucherschützer hätten damit verhindert, dass die Risikokollektive in der Berufsunfähigkeitsversicherung weiter verbraucherschädlich verkleinert werden. „Wir hoffen, dass die Versicherungswirtschaft dieses Urteil als Signal erkennt und es künftig unterlässt, in Personenversicherungen das individuelle Verhalten einzelner Versicherter bei der Prämienkalkulation in irgendeiner Weise zu berücksichtigen“, sagt Kleinlein.

Das Vitality-Programm ist sowohl bei Datenschützern als auch in der Versicherungswirtschaft selbst umstritten. So wandte sich die Allianz gegen die Einführung solcher Bonus-Programme.

Update: Generali legt Berufung ein

Auf Anfrage von Versicherungsbote äußerte sich auch Generali zu dem Urteil aus München. Von „Lahmlegen“, wie der BdV schrieb, könne keine Rede sein. „Wir haben das Urteil eingehend analysiert und Berufung beim OLG München eingereicht“, so Generali. Zudem stellte der Versicherer heraus, dass das Gericht gegen das Versicherungsprodukt an sich und das Prinzip der Berücksichtigung gesundheitsbewussten Verhaltens keine Bedenken formuliert hat. Das Gericht erachte lediglich zwei Teilklauseln innerhalb der Regelung zur Überschussbeteiligung für unwirksam. „Im Zuge unseres Ziels, Lifetimepartner unser Kunden zu werden, arbeiten wir ständig an der Verbesserung und der Transparenz unserer Produkte. Dabei werden wir auch die Bedenken des Gerichts in unsere Überlegung einbeziehen.“

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Hinweis: Der Abschnitt „Update“ lag in der ursprünglichen Version dieses Beitrags nicht vor und wurde umgehend nach Vorliegen der Generali-Stellungnahme ergänzt.