Warum Bildschirmstreaming noch längst keine Online-Beratung ist
Spätestens mit dem zweiten Lockdown wurde vielen Vermittlern klar: Eine Beratung nahe am Kunden kann und muss in die digitale Welt verlagert werden. Denn nur so ist sichergestellt, dass die Mandanten auch zu Zeiten eines Kontaktverbots umfassend und kompetent betreut werden. Mangels Alternativen oder auch Know-hows greifen nicht wenige dafür auf Bildschirmstreaming zurück. Doch das ist nicht einmal die halbe Miete, wenn es um gelungene Online-Beratung geht, findet Jan Helmut Hönle und erklärt im Gastbeitrag warum.
- Warum Bildschirmstreaming noch längst keine Online-Beratung ist
- Der Kunde ist am Ruder
Das Bildschirmstreaming kann bestenfalls als Einstieg in die Online-Beratung dienen. Denn die Möglichkeiten, die die Übertragung des eigenen Display-Inhalts bietet, sind stark limitiert. Kern einer erfolgreichen Online-Beratung sind Interaktivität und Haptik. Beides gestattet das Bildschirmstreaming nicht. Der Vorteil dieses Verfahrens: Es ist möglich, dem Kunden begleitend zur Tonspur am Telefon Beitragsrechner, Produktinformationen oder Beispiellösungen für bestimmte Sachverhalte zu zeigen. Das allein wird ihn aber noch nicht dazu bewegen, einen Vertrag abzuschließen.
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Aktivität garantiert Aufmerksamkeit
Die goldene Regel für jedes Online-Beratungsgespräch lautet: Nur ein aktivierter Kunde ist auch ein dauerhaft aufmerksamer Kunde. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich zum einen eines Beratungs-Tools zu bedienen, das den Kunden mit einbindet. Zum anderen muss der Gesprächspartner von Beginn an aktiv an der Unterhaltung teilnehmen. Denn wer das Gefühl hat, wesentliche Inhalte zum Gespräch beizutragen, bleibt auch bei der Stange.
Wie also sichert man sich die Aufmerksamkeit des Kunden am besten? – Ganz einfach: durch Mitmach-Elemente. Das kann das Zeichnen oder Schreiben auf Folien sein – beispielsweise, wenn der Kunde den Unfallhergang bei einer Schadensmeldung selbstständig aufmalt. Oder aber der Vermittler lässt seinen Klienten die Kerndaten eines Formulars am Bildschirm ausfüllen. Vorstellbar ist auch, ein Tool mit animierten Folien zu nutzen, in die der Kunde hineinklicken kann.
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Die Emotionen nicht vergessen
Wer die Aufmerksamkeit des Kunden auf seiner Seite hat, sollte nun die Emotionen in Angriff nehmen. Denn je emotionalisierter ein Interessent ist, desto eher entscheidet er sich für den Kauf eines Produktes. Die Online-Beratung bietet fantastische Möglichkeiten, um einen Kunden gefühlsmäßig zu bewegen.
Der Kunde ist am Ruder
Angenommen, es steht ein Beratungsgespräch zur Altersvorsorge an. Natürlich lassen sich zu dem Thema beklemmende Statistiken über Altersarmut und die davon bedrohten Bevölkerungsgruppen anführen. Doch mit einem Video gelingt der Einstieg ins Thema viel eindrücklicher. Selbstverständlich erlaubt auch das Bildschirmstreaming die Übertragung von Videos. Aber: In der interaktiven Online-Beratung kann der Kunde nach dem Clip zum Beispiel auf einer produktbezogenen Folie selbst anmerken, welche Aspekte ihm bei einer Altersvorsorge am wichtigsten sind. Das geht beim Bildschirmstreaming nicht.
Der Kunde ist am Ruder
Das ist vermutlich beraterseitig der schwierigste Part in einem Online-Kundengespräch: dem Kunden das Heft in die Hand zu geben. In einer gelungenen Online-Beratung rückt der Experte in den Hintergrund. Vielmehr gestaltet er den Gesprächsablauf so, dass sich der Kunde das zu verkaufende Produkt mit jeder Folie, jedem Klick und jeder Zeichenbewegung selbst erschließt. Denn mit dieser Strategie findet viel eher ein Sichtweisenwechsel bei ihm statt, als wenn der Berater ausführlich und detailliert jede einzelne Produkteigenschaft erklärt.
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Auf der Tonspur kommen in einer Online-Beratung lediglich die unterfütternden Informationen. Die Kernaussagen sind auf den Folien zu finden, das Drumherum wird dazugeschrieben oder gezeichnet – wie im klassischen analogen Pencil-Selling auch. Je mehr das Auge mit dem Geschehen auf dem Bildschirm beschäftigt ist, je mehr Anteil der Kunde am Gespräch hat, desto mehr Interesse hat er an dem Beratungsgespräch. Und desto eher wird er sich für einen Abschluss entscheiden.
Bildschirmstreaming ist also bestenfalls der Einstieg in die Welt der Online-Beratung. Doch um dauerhaft online erfolgreich zu sein und seine Kunden zu begeistern, braucht es mehr: Interaktivität, Haptik, visuelle Ansprache und Emotionen. Der Kunde muss während des Online-Gesprächs in das Produkt eintauchen, es erleben können. Erst dann wird in ihm der Prozess zur Kaufentscheidung in Gang gesetzt.
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Vita Jan Helmut Hönle
Gründer und Geschäftsführer der HÖNLE.training GmbH – Die Deutsche Akademie für Video- und Online-Beratung. Seit 2009 Experte, Motivator, Redner und Umsetzungs-Coach für Video- und Online-Beratung. Autor des Bestsellers „Online beraten und verkaufen“, erschienen 2017 in der 2. Auflage im SpringerGabler Verlag. www.hoenle.training
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- Der Kunde ist am Ruder