Investmentfonds: „Echter Anlegerschutz“ mit einem Jahr Verspätung
Die PRIIPs-Verordnung führte 2018 einheitliche ‚Beipackzettel‘ für unterschiedliche Finanzanlageprodukte ein. Wie diese Key Investor Information Documents (KIIDs) ausgestaltet sein sollen, sollten drei europäische Aufsichtsbehörden ausarbeiten. Das ist nun - mit knapp einem Jahr Verspätung - gelungen. Der Bundesverband Investment (BVI) feiert das als Erfolg und „echten Anlegerschutz“. Welche Mängel der Verband beseitigt sieht und was im Zentrum der Debatte stand.
Verträge bei versicherungsbasierten, „gepackten“ Anlageprodukten (PRIIPs) dürfen laut Verordnung von 2018 nur noch mit Basisinformationsblatt ausgehändigt werden. Einem ‚Beipackzettel‘ also, der Risiken und Renditechancen der Geldanlage ausweist, ebenso wie die Kosten des Anlageproduktes. Der ‚Beipackzettel‘ wird Key Investor Information Document (KIID) genannt und soll Anleger in die Lage versetzen, unterschiedliche Geldanlageprodukte objektiv zu vergleichen. Mögliche Verluste und Gebühren sollten ebenfalls transparent gemacht werden.
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Wie die KIIDs für die unterschiedlichen Produkte genau ausgestaltet werden, sollten die Aufsichtsbehörden für Banken (EBA), Finanzmärkte (ESMA) und Versicherungen (EIOPA) erarbeiten. Das hätte eigentlich vor rund einem Jahr geschehen sollen. Denn die Ausnahmeregelung für ‚Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities‘ (UCITS) - immerhin die größte Klasse von Investmentfonds - läuft Ende 2021 aus und den Anbietern sollte noch genug Zeit zur Umsetzung eingeräumt werden.
Die zuständigen europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) sahen sich allerdings außerstande, dem Willen des EU-Gesetzgebers nachzukommen und mussten erst mühevoll von EU-Finanzkommissarin McGuiness zum Erstellen eines entsprechenden Entwurfs gebracht werden.
Am 03. Februar war es dann soweit: Der Entwurf wurde verabschiedet. „Die Reformvorschläge der EU-Behörden sind ein großer Fortschritt für bessere Anlegerinformationen. Sie beseitigen in den Vorgaben zu Kosten und Wertentwicklung Mängel, die wir seit Jahren kritisieren“, so BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter.
Welche Mängel der BVI ausgeräumt sieht
In einer Meldung führt der Investmentverband aus, welche Mängel er nun beseitigt sieht:
- Die fehlerhafte Einbeziehung der Marktentwicklung in die Berechnungsmethode („arrival price“-Methode) für die Transaktionskosten.
- Die Darstellung der einzelnen Bestandteile der Fondskosten soll unabhängig von der Wertentwicklung erfolgen. Dies führt zu einer Anpassung der Angaben an die Kostendarstellung gemäß der MiFID II.
- Hinsichtlich der Wertentwicklungsszenarien habe nur ein kleiner Spielraum für Verbesserungen bestanden. „So sollen Wertentwicklungsszenarien statt durch statistische Verfahren mit teilweise irreführenden Ergebnissen künftig als Beispiele auf Grundlage der vergangenen Wertentwicklung ermittelt und dargestellt werden können. Zudem ist ein Verweis auf ein anderes Dokument mit der Darstellung der vergangenen Wertentwicklung möglich. Der Verordnungstext lässt bislang keine Darstellung der vergangenheitsbezogenen Wertentwicklung im Informationsblatt selbst zu“, schreibt der BVI.
Damit nennt der BVI den eigentlichen Kern der Debatte: Wie werden mögliche Szenarien für die Wertentwicklung von Geldanlageprodukten ermittelt? Dem EU-Parlament war es sehr wichtig, dass in den KIIDs eben nicht die historische Wertentwicklung des Produkts abgebildet wird. Warum? Sven Giegold, Finanzpolitiker und Sprecher der Grünen Europagruppe, führt dazu aus: „Studien zeigen, dass Endverbraucher dazu neigen, für die Zukunft eine ähnliche Entwicklung anzunehmen, ohne die tatsächlichen Risiken realistisch zu berücksichtigen. So werden in ruhigen Marktphasen historische Gewinne unkritisch in die Zukunft extrapoliert. Stattdessen sollen im KIID vorausschauende Performance-Szenarien die mögliche zukünftige Wertentwicklungen des Produkts angemessen abbilden.“ Es sind genau diese vorausschauenden Performance-Szenarien, die den BVI stören. Immerhin: Die Anbieter dürfen die historische Entwicklung auf ihrer Website veröffentlichen und im KIID darauf verweisen.
BVI fordert Ausnahmeverlängerung
Nun fordert der BVI „weiterhin eine angemessene Verlängerung der Ausnahme für Publikumsfonds über das Jahresende 2021“. Schließlich bräuchten die Fondssgesellschafften ausreichend Zeit um die „neuen Vorgaben sorgfältig umzusetzen“. Zudem sollten die nationalen Gesetzgeber zeitgleich mit Einführung der verbesserten PRIIPs-KIIDs die bewährten wesentlichen Anlegerinformationen“ (OGAW-KIDs) abschaffen, so der BVI. „Ein Nebeneinander von PRIIPs- und OGAW-KIDs für einen Fonds würde die Anleger aufgrund der unterschiedlichen Inhalte verwirren“, so Thomas Richter. Die stärkere Angleichung der Anlegerinformationen nach PRIIPs, MiFID II und der Versicherungsvertriebsrichtlinie, begrüßte Richter. „Das ist echter Anlegerschutz“, so der BVI-Hauptgeschäftsführer. Wie gut dieser Anlegerschutz funktioniert, kommt bald auf den Prüfstand. Denn die EU-Kommission kündigte an, die PRIIPs-Verordnung im Rahmen der Arbeit an der neuen, für Mitte 2022 geplanten „EU Retail Investment Strategy“ grundlegend zu überprüfen.
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Anmerkung: Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities (UCITS) bedeutet übersetzt: 'Organismus für gemeinsame Anlage in Wertpapieren' (OGAW).