PKV: Ist der Leistungsausschluss wirksam?
Eine private Krankenversicherung wollte einen Vertrag nur mit Leistungsausschluss für bestimmte Zahnbehandlungen fortführen. Der Vorwurf: Die Gesundheitsfragen seien wahrheitswidrig beantwortet worden. Vor dem Landgericht Hagen erging ein Anerkenntnisurteil (Az.: 10 O 115/29).
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Gesundheitsfragen helfen Versicherern, das Risiko einzuschätzen und daraufhin ihre Prämien zu kalkulieren. Werden bei den Gesundheitsfragen unwahre Angaben gemacht, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist laut § 19 Abs. 4 VVG aber ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte.
Ein solcher Fall lag dem Landgericht Hagen zur Entscheidung vor. Eine 1987 geborene Frau stellte einen Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Dabei verneinte sie folgende Gesundheitsfrage: „Erfolgt zur Zeit zahnärztliche oder kieferorthopädische Behandlung oder ist angeraten oder beabsichtigt? Bitte Heil- und Kostenplan - falls vorhanden - beifügen“.
Nach Zustellung des Versicherungsscheins biss die Frau auf einen Kirschkern und Zahn 26 brach dabei durch. Die Frau ließ sich zahnärztlich behandeln und reichte die Rechnungen bei ihrer privaten Krankenversicherung ein. Doch die Versicherung warf ihr nun vor, einen Zahnarzt-besuch vor Jahren verschwiegen zu haben. Damals sei es bei Zahn 25 zu einer Kronenbehandflung gekommen und an Zahn 47 sei zu einer Wurzelspitzenresektion geraten worden. Diese Behandlungen seien wahrheitswidrig verschwiegen worden, weshalb der Versicherer nun von seinem gesetzlichen Änderungsrecht Gebrauch mache. Der Vertrag würde mit einem Leistungsausschluss für Zahnersatzmaßnahmen und Behandlungen an den Zähnen 25 und 47 sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Untersuchungen und Behandlungen fortgeführt.
Die Frau setzte sich gegen diese Entscheidung zur Wehr und beauftragte den Fachanwalt für Medizinrecht Christian Koch aus Unna. Er warf der PKV im Klageverfahren vor, den Vertrag zu Unrecht mit einem Leistungsausschluss versehen zu haben. Denn die im Antrag gestellte Frage beziehe sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf „zur Zeit zahnärztliche oder kieferorthopädische Behandlungen“. Die Zahnärzte, bei denen sich die Frau zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Behandlung befand, hatten ihr zu keiner der Maßnahmen geraten.
Gesundheitsfragen: Zeitliche Beschränkung vereinbart?
Nun war also auslegungsbedürftig, ob Frage 11 eine zeitliche Beschränkung enthalte oder nicht. Zum Vergleich wurden andere Antragsfragen zu diesem Vertrag herangezogen. So enthielt Frage 7 das Wörtchen „jemals“; in anderen Fragen (6,8,9) wurde jeweils ein zeitlicher Rahmen erfragt. Aus Sicht der Kammer spreche das dafür, dass in Frage 11 kein Zeitlimit vereinbart werden sollte. Vielmehr sei nach Sinn und Zweck nur nach zur Zeit angeratenen oder beabsichtigten Behandlungen gefragt. Für eine entsprechende Auslegung dieser Frage, das nur aktuelle oder angeratene Behandlungen gemeint sein sollen, spreche auch der nachfolgende Satz. Dort werde von einem gegebenenfalls vorhandenen Heil- und Kostenplan geschrieben. Zweifel bei der Auslegung dieser Frage gingen zu Lasten der Versicherung. Die Kammer riet deshalb, den Klageantrag anzuerkennen.
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Die beklagte Versicherung willigte ein. Sie muss den Vertrag unverändert fortführen und sämtliche Prozesskosten und außergerichtlichen Gebühren tragen.