Angesichts von einem Milliardendefizit bei den gesetzlichen Krankenklassen forderte Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, „dauerhaft höhere Zuschüsse des Bundes“. Diese Forderung bleibt nicht ungehört. Es ist allerdings nicht das politische Berlin, sondern eine Analyse aus Köln, die sich als Antwort auf die Forderung Pfeiffers lesen lässt. In Köln ist nämlich das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) beheimatet und das legte zu Wochenbeginn eine Kurzanalyse mit dem Namen: „Die zukünftige Entwicklung der GKV-Finanzen – Ein Beitrag zur Diskussion um erhöhte Steuerzuschüsse“ vor.

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Dieser ‚Diskussions-Beitrag‘ warnt ganz entschieden vor vor höheren Bundeszuschüssen. Denn durch die Mischfinanzierung aus Steuern und Beiträgen würde eine „Fiskalillusion über die Kosten der Absicherung des Krankheitsrisikos“ geschaffen, die im Endeffekt zu überhöhten Ausgaben führt, so die Kölner. Die massiven Steuermittel würden zudem den Preiswettbewerb zwischen GKV und PKV verzerren. Dabei seien die „PKV-Versicherten als Steuerzahler bereits jetzt überproportional an der Finanzierung der GKV beteiligt“, moniert das WIP. Stattdessen sollte der Grundsatz gelten, dass die Empfänger von GKV-Leistungen auch für die Finanzierung ebendieser verantwortlich sein sollten.

Ein Steuerzuschuss könne die strukturellen Defizite der GKV zwar kaschieren, aber nicht lösen, so das WIP. Die Kölner haben berechnet, dass allein durch die Alterung der Bevölkerung im Jahr 2030 bereits ein Zuschuss von 30 Milliarden Euro notwendig wäre. Nehmen Ausgaben und Einnahmen der GKV weiter in gleichem zu, wie in den letzten 20 Jahren, müsste der Steuerzuschuss bis 2030 sogar auf 83 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Denn die Ausgaben pro Jahr und Kopf sind deutlich stärker gestiegen sind als die beitragspflichtigen Einnahmen: So wuchsen die beitragspflichtigen Einnahmen von 1999 bis 2019 je Mitglied um fast 1,8 Prozent p.a., während die Ausgaben je Versichertem im Durchschnitt um 3,2 Prozent p.a. zunahmen.

Als ‚Ausgaben-Treiber‘ seien u.a. zu nennen:

  • Krankenhausstrukturgesetz (KHSG): Mehrausgaben von über 5 Mrd. Euro (2016-2020)
  • Hospiz- und Palliativgesetz (HPG)
  • Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG): über 5 Mrd. Mehrausgaben 2020
  • Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG): über 5 Mrd. Mehrausgaben 2020

Dem AOK-Bundesverband zufolge verursacht die Spahn’sche Gesetzgebung zwischen 2019 und 2022 Mehrausgaben von 32,6 Mrd. Euro.

Das WIP hat nun in verschiedenen Szenarien durchgerechnet, wie sich Beiträge und Steuerzuschüsse entwickeln würden. In der optimistischen Variante, in der sich Einnahmen und Ausgaben der GKV im Gleichschritt entwickeln, sind Beitragssätze von 15,5 Prozent in 2030 und 16,7 Prozent in 2040 erwartbar, schreibt das WIP. Unterstellt man hingegen, dass sich die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der letzten zwanzig Jahre fortsetzt, sind je nach ‚Kostendruck‘ wesentlich deutlichere Beitragsanstiege möglich: zwischen 18,6 und 20,6 Prozent für 2030 und bis zu 28 Prozent 2040. Je nach Rechenmodell könnten die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung um 40 Prozent und mehr steigen. Will man den allgemeinen Beitragssatz bei 14,6 Prozent und den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz bei 1,3 Prozent halten, wären dann - je nach Szenario - 70 Mrd. bis 128 Mrd. Euro Steuerzuschuss nötig. Der Anteil der Steuerfinanzierung in der GKV läge dann je nach Szenario zwischen 10 Prozent und 29 Prozent.

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Das WIP legte bereits in der Vergangenheit Prognosen zu Pflegeversicherungen vor und berechnete, wie sich die Beiträge im Systemvergleich entwickelt haben.