Versicherungsbote: Frauen sind noch immer eine Seltenheit in deutschen Vorstandsetagen. Der Gesetzgeber ändert das mit einer Quotenregelung. Ist das aus Ihrer Sicht, Frau Gersch, eine gute Idee?

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Laura Gersch: Ich dachte lange, dass es auch ohne Quoten gehen muss. Die Hälfte der Bevölkerung sind schließlich Frauen. Es sollte allein schon deshalb selbstverständlich sein, dass Frauen mitentscheiden, wie wir als Allianz Produkte bauen oder mit unseren Kunden interagieren. Zudem zeigen Studien, dass gemischte Teams im Schnitt besser performen. Diese Erkenntnis hat sich bei Allianz schon seit Jahren durchgesetzt und es gibt seit Jahresbeginn 2021 einen noch höheren Frauenanteil im Konzernvorstand.

Wie hoch ist der?

Laura GerschLaura Gersch... verantwortet seit Jahresbeginn das Vorstandsressort 'Firmenkunden' bei Allianz Leben.Allianz SEBei der Konzernführung beträgt der Frauenanteil nun 30 Prozent. Bei Allianz-Leben sind es mit 33 Prozent sogar ein bisschen mehr. Doch über ganz Deutschland hinweg betrachtet, lässt sich sagen, dass die Selbstverpflichtung allein nicht ausreichend ist. Schaut man auf die deutschen Top-Unternehmen im Dax und MDax, liegt der Frauenanteil in Führungspositionen bei 10,1 Prozent. Bei den 30 Dax-Unternehmen ist der Frauenanteil 2020 sogar gesunken. Deshalb bin ich mittlerweile davon überzeugt, dass Quoten zumindest für eine gewisse Zeit lang erforderlich sind, um dauerhaft diverse Team in allen Entscheidungsebenen zu etablieren.
Wichtig ist aber auch, zu sagen, dass Quoten alleine nicht ausreichend sind. Die Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen sich ändern und es braucht auch mehr Vorbilder, die zeigen, dass es möglich ist.

Was genau können Sie sich dabei vorstellen?

Es ist schon viel passiert in Deutschland. Was beispielsweise Kinderbetreuung angeht, sind andere Länder - etwa Schweden - deutlich weiter als wir. Dort ist es keine Frage, ob man einen Kita-Platz bekommt oder nicht. Bei uns hingegen schließen Kinderbetreuungseinrichtungen mitunter am frühen Nachmittag - das ist mit Vollzeit-Berufstätigkeit extrem schwer zu vereinbaren.

Sie haben ja bereits darauf hingewiesen: gemischte Teams erzielen bessere Ergebnisse. Sie selbst haben mit Allianz-Chef Oliver Bäte eng zusammengearbeitet. Was konnten Sie aus dieser Zeit mitnehmen und führen Frauen anders?

In der Zeit als Büroleiterin von Oliver Bäte konnte ich sehr viel lernen. Eines ist mir besonders in Erinnerung geblieben - sein Ansatz, im Denken keine Hierarchien zuzulassen. Eine gute Idee ist eine gute Idee, gleich, von wem sie kommt. Wenn jede und jeder sich mit seinen Stärken, Erfahrungen - und eben auch als Mensch einbringt, ist die Organisation erfolgreicher.
Und ja, ich als Betriebswirtin mit Erfahrungen im In- und Ausland und als Mutter von zwei kleinen Kindern führe sicherlich anders, als ein in Asien geborener Jurist ohne Kinder oder ein Mathematiker mit drei erwachsenen Kindern, der bereits bei verschiedenen Versicherern im deutschen Markt gearbeitet hat. Wenn wir alle mit unseren unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Führungsstilen an der Zukunft der Altersvorsorge arbeiten, ist das gut für Allianz und auch positiv für unsere Kundinnen und Kunden.

Es sind also die unterschiedlichen Perspektiven, die den Erfolg diverser Teams ausmachen?

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Ja, wir haben viel über Geschlechter gesprochen. Das ist allerdings nur ein Aspekt von Diversität. Für mich gehören auch Alter, Herkunft und Erfahrungsschatz dazu. Kommen unterschiedliche Menschen mit ihren verschiedenen Hintergründen zusammen, entstehen die besseren Ideen, Bewertungen umfassender und die Ergebnisse besser.
Es geht nicht um die benachteiligten Frauen, sondern darum, dass wir unsere Gesellschaft ordentlich abbilden wollen. Und das ist im Sinn unserer Kunden und allen Stakeholdern.