Kürzlich nahm ich an einem Video-Meeting von Finanzexperten für Firmenkäufe teil. An der Diskussionsrunde waren erfolgreiche Käufer und verschiedene Spezialisten von Banken für Darlehen beteiligt.

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Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Schwerpunktmäßig ging es um klein- und mittelständische Unternehmen in Baden-Württemberg und die entsprechende Wertermittlung. Der Kernsatz, der mich auch zu dieser Kolumne inspirierte, war: Luft in einer Firma kann man nicht verkaufen.

Was nun? Einerseits wird bei den alpenländischen Händlern wertlose Luft lukrativ verkauft. Andererseits lehnen schwäbische Banker Darlehen auf überhöhte Preise für Unternehmen ab? Versuchen wir aus Sicht des Verkaufs von Maklerbeständen und – firmen, das Thema näher zu beleuchten.

Kompliziertes Feld der Wertermittlung

Es könnte so einfach sein, wenn man mit wenigen Zahlen eine Wertermittlung durchführen könnte. Aber dem ist nicht so, auch wenn es immer wieder Versuche der Vereinfachung gibt.

Schauen wir uns nur zwei Verfahren kurz an. Vielfach wird die Bestandscourtage mit einem Faktor versehen, der sich irgendwo zwischen 1,5 und 2,5 bewegt. Vereinfacht gesagt haben wir es hier mit dem Multiplikatoren-Verfahren zu tun. Nehmen wir einen solchen Bestand von 60.000 EUR.

Wenn jetzt so eine simple Bewertung mit einem der Faktoren zum Wert 120.000 EUR führen, dann kann u.a. folgendes passieren:

  • Unklarheit zu vorhandenen Maklerverträgen führt zur Unverkäuflichkeit
  • Unklarheit zu vorhandenen Kumulrisiken erschwert die Verkäuflichkeit
  • Unklarheit zum Status der Digitalisierung führt zu Mehraufwendungen beim Käufer
  • Unklarheit zur Abtretung von Bestandsteilen erschwert den Verkauf
  • Ungeprüfte Höhe der realisierten Bestandscourtage bringt Ärger „after Sale“

Jede dieser aufgeführten Positionen kann sich also als Luft erweisen, die in einen pauschal ermittelten Wert oder einen Preis eingehen würde. Entdeckt ein Käufer solche Luftblasen erst nach dem Kauf, dann können nachträgliche Kaufpreisreduzierungen schnell zur Forderung werden.

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Ebenso kann dies bei einem weiteren Bewertungsverfahren passieren, nach dem auch Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater verfahren, dem Ertragswertverfahren. Wird bei einem steueroptimierten Geschäftsmodell beispielsweise der Ertrag vor Steuern mit 20.000 EUR p.a. ausgewiesen, dann ergäbe sich nach Ertragswertformel mit einem Gesamtzinsfuß von 9 Prozent eine Wertsumme von zirka 220.000 EUR. Erfolgt kein tieferer Blick in die Bilanzen und das Unternehmen schleppt hohe Darlehenssummen oder U-Kassenverpflichtungen mit durch die Jahre, dann kann dieser Wert als Basis für Preisverhandlungen unter Umständen zu hoch sein.

Wert ermitteln und steigern

Beiden Seiten beim Kauf oder Verkauf von Maklerfirmen und Beständen ist deshalb eine unabhängige Wertermittlung zu empfehlen. Wertermittlungen von Bestandkäufern sollte ein Verkäufer ebenso vermeiden wie umgekehrt. Dazu sind die Interessen beider Seiten zu unterschiedlich.

Eine unabhängige Wertermittlung wird auf Grundlage fundierter Wertanalyseverfahren sowie der Betrachtung umfangreicher quantitativer und qualitativer Faktoren nicht nur den Wert ermitteln. Eine gute Expertise geht auch auf Stärken und Schwächen, Risiken und Potentiale (SWOT) ein und bringt diese in aktuelle Relationen zum Markt, also zu Angebot und Nachfrage.

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Ausgehend von den ermittelten SWOT-Erkenntnissen kann man sich dann an die zielgerichtete Steigerung des Wertes der Maklerfirma oder des Bestandes machen. Nach unseren Erfahrungen bei der Nachfolgeplanung und Verkaufsbegleitung lohnt es sich aus Verkäufersicht, auch einmal die Brille des Käufers aufzusetzen. Ein Käufer will nicht nur den Kauf von Kundenbeständen und Bestandscourtagen, er hat vielfach auch mögliche Synergien im Blick.

Schauen wir uns einmal einige mögliche Synergien an, wenn eine Makler-GmbH eine andere im Rahmen einer Nachfolgeregelung kauft und daraus zusätzliche Wertelemente schöpfen will. Dazu können beispielsweise zählen:

  • Stärkung der Marktmacht gegenüber Dienstleistern und Produktgebern
  • Differenziertere Spezialisierung nach Sparten und Zielgruppen
  • Gemeinsame Infrastruktur bei technischen Basics und der Kundenverwaltung
  • Impulse für Verbesserung des Beratungskonzeptes und der Qualitätsverbesserung
  • Potentiale zur Kosteneinsparung u.a. bei Buchführung, Personal und Management
  • Gemeinsame Vermarktung im Web, den sozialen Medien sowie im Online-Geschäft

Der Wertsteigerer kommt

Den Begriff #Wertsteigerer verwenden wir seit einiger Zeit, um in einem prägenden Begriff zu zeigen, was ein externer Spezialist bewirken kann. Die langjährige Markterfahrung können sich Verkäufer und Käufer zum Nutzen machen, um die wichtigsten Stellschrauben zu nachhaltiger Wertsteigerung zu finden. Gerne greife ich hier drei Beispiele heraus:

Praxisbeispiel vom Wertsteigerer#1

Maklerin U. arbeitet über Jahre mit verschiedenen Verwaltungsprogrammen. Sie kommt mit Maklerportalen von Versicherern ebenso gewohnheitsmäßig hin wie mit einem simplen Verwaltungsprogramm eines Versicherers sowie einem alten Shareware-Programm. Diese Zerstreuung bedeutet für einen Käufer viel Arbeit. Diese Schwachstelle wurde durch den #Wertsteigerer erkannt. Die Maklerin bekam die Empfehlung für drei geeignete Maklerverwaltungsprogramme (MVP), aus denen sie dann das individuell passende aussuchte. Im Laufe eines halben Jahres wurden alle Daten über GDV- bzw. BiPro-Schnittstelle in das neue MVP überführt. Somit wurde ein Wertzuwachs – durch Einsparungen von Aufwänden beim zukünftigen Käufer – von über 30 Prozent erreicht.

Praxisbeispiel vom Wertsteigerer#2

Makler R. hatte seit Jahren einen großen KFZ-Bestand und hatte mit dem Standard-Produktgeber grundsätzlich auch wenige Probleme. Schwachstelle in diesem Fall war nur, dass dieser Versicherer stark unterdurchschnittliche Courtagen für die Beratung und Vermittlung von Kunden für diese aufwändige Sparte zahlte. Diese Schwachstelle wurde durch den #Wertsteigerer erkannt.

Der Makler bekam die Empfehlung, zuerst mit dem benannten Versicherer zu sprechen und um eine Courtageerhöhung auf das marktübliche und auskömmliche Maß zu bitten. Da dieser ablehnte, erfolgte der nächste Schritt.

Es wurde ein neuer Produktpartner mit guten Leistungen und adäquaten Kundenbeiträgen ausgewählt und eine Wechselaktion vorbereitet. Im Ergebnis wurde ein deutlicher Ertragszuwachs von über 30.000 EUR erreicht, der sich vor dem Verkauf auch in einen deutlich gestiegenen Wert widerspiegelte.

Praxisbeispiel vom Wertsteigerer#3

Makler G. verfolgte viele Jahre eine Philosophie der Unabhängigkeit. Maklerpools kamen für ihn nicht in Frage. So sammelten sich im Laufe von 30 Jahren Maklertätigkeit 96 Direkt-Vereinbarungen mit Produktgebern an. Diese Schwachstelle wurde durch den #Wertsteigerer erkannt. Da im konkreten Fall schnelles Handeln durch einen notwendigen Verkauf notwendig wurde, sicherte der Spezialist die Unterstützung eines Maklerpools, der über 85 Prozent der Bestände aus den Direktvereinbarungen unkompliziert von den Versicherern übernahm, vollständig auf einheitliche und digitale Basis stellte und außerdem dem Makler noch zwei attraktive Angebote für einen Kauf und eine Verrentung machte. Der Makler war für diese Vereinfachung so dankbar, dass es das Kaufangebot des Maklerpools annahm, da eine Verrentung wegen schwerer Erkrankung bei ihm nicht in Frage kommen sollte. Dieses Ergebnis der Nachfolgeberatung – zumal noch staatlich mit einem Zuschuss bedacht – hatte sich für alle drei Seiten gelohnt.

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Fazit: Besonders die letzten drei Beispiele zeigen, dass bei Schwächen und Problemen im Kundenbestand, dessen Verwaltung oder im Geschäftsmodell es wenig Sinn macht, emotionale Luft in einen hohen Preis für das Lebenswerk umwandeln zu wollen. Lassen Sie als mögliche Betroffener, ob jünger oder älter, die Luft raus und gehen Sie an die Optimierung. Wer rechtzeitig diese Luftblasen in Substanz umwandelt, kann auch selbstbewusst mit Faktor 3 oder höher umgehen und verhandeln, meint Ihr AssekuranzDoc.

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